Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Titel: Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
viel Mühe. Rye Whiskey stellte einen Obstteller zusammen, der wie ein Elefant aussah, und brachte ihn selbst herein. Da lachte Drake das erste Mal wieder. Offensichtlich hatte er Lukes Lachen geerbt, ein Lachen, das an den Augen begann, dann über die Wangen huschte und schließlich die Mundwinkel leicht nach oben zog.
    Logan mußte gleich nach dem Frühstück aufbrechen, wenn er sein Flugzeug erreichen wollte. Zum Abschied küßte er erst mich und dann Drake, der überrascht aufschaute. Ob Luke ihn je zum Abschied oder zur Begrüßung geküßt hatte? Vielleicht hatte er ihm erzählt, daß ein Mann keine Gefühle zeigen dürfe; so war es in den Willies üblich, Gefühle waren Frauensache.
    Nach dem Frühstück machten Drake und ich unseren Rundgang. Die Bäume auf dem Grundstück und in den umliegenden Wäldern trugen zum Teil schon ihre leuchtenden Herbstfarben. Es war, als wenn Gott mit einem großen Pinsel gekommen wäre und sie mit gelben, orangenen, roten und ockerfarbenen Tupfern verziert hätte. Die Morgenluft war erfrischend, obwohl es ein bißchen zu kühl war.
    Auf dem Grundstück waren die Gärtner bei der Arbeit, und einige Männer machten den Swimmingpool winterfest. Ich merkte, daß der kleine Drake diese Aktivitäten fasziniert beobachtete. Hungrig nahm er alles auf, was er erblickte: wie Männer Bäume und Büsche beschnitten, wie die Wände des Swimmingpool angestrichen und die Risse im Bodenbelag ausgebessert wurden.
    Als wir zu dem Eingang des Labyrinths kamen, erklärte ich ihm, was ein Labyrinth ist, und warum es für ihn gefährlich war, hineinzugehen.
    »Wenn du hineingegangen bist und dich einmal hierhin und einmal dorthin wendest, dann weißt du nicht mehr, wie du hinauskommen kannst, weil alle Ecken und Wege gleich aussehen.«
    »Warum hat das jemand so gemacht?« fragte er, und seine Augen wurden ganz schmal. Er war ein nachdenklicher, ein wißbegieriger Junge. Da ich ein Jahr lang unterrichtet hatte, konnte ich diese Lust zu lernen in den Augen eines Kindes erkennen. Ganz sicher würde er viele Fragen stellen, wenn er sich erst einmal an mich und an die Umgebung gewöhnt hatte. Ob Luke und Stacie genügend Geduld mit ihm gehabt hatten, um seine Wißbegier zu befriedigen? Ich entschloß mich, einen guten Lehrer zu suchen und ihm Vorschulunterricht geben zu lassen.
    »Ich glaube, aus Spaß. Wie ein Puzzle, ein Puzzle für ältere Leute, verstehst du?«
    Er nickte.
    »Versprich mir, daß du nie allein hineingehst.«
    »Ich verspreche es«, sagte er, und ich nahm ihn in den Arm. Er schaute mir in die Augen, und zum ersten Mal konnte ich Wärme und Zuneigung darin erkennen.
    »Schaut jetzt mein Daddy herunter und lächelt?« fragte er.
    »Ja, das glaube ich, Drake. Das glaube ich wirklich.« Ich stand auf. »Komm, wir schauen mal, was die Männer am Swimmingpool machen«, sagte ich und führte ihn vom Labyrinth fort.
    Gleich nach dem Essen fuhren wir nach Boston zum Einkaufen. Ich erinnerte mich daran, wie Tony mit mir das erste Mal nach Boston gefahren war, um meine Ausstattung für die Winterhaven-Schule zu kaufen. Damals hatte er gesagt: »Ich finde es häßlich, wie sich die Mädchen heutzutage anziehen; sie verderben sich den schönsten Teil ihres Lebens mit diesen schäbigen, gewöhnlichen Sachen… Du wirst dich so kleiden wie die Mädchen damals, als ich in Yale war.« Er brachte mich zu kleinen Geschäften, wo Kleider und Schuhe ein Vermögen kosteten. Kein einziges Mal fragte er nach dem Preis der Pullover, Röcke, Kleider, Mäntel, Stiefel… Nur, es war falsch gewesen, was Tony gekauft hatte. Nicht ein Mädchen in Winterhaven trug Röcke. Sie zogen sich an wie jeder andere Teenager auch: Blue Jeans, T-Shirts, weite Hemden und Pullover, die zu groß waren.
    Ich hatte mir vorgenommen, bei Drake nicht denselben Fehler zu machen. Er sollte nette Sachen bekommen, aber nichts, worin er ausstaffiert aussah, nichts, was ihn von den anderen Kindern seines Alters unterscheiden würde. Ich wollte ihn nicht zu etwas machen, das er nicht war, so, wie Tony es mit mir gemacht hatte. Drake bekam, was ihm gefiel und was ihm stand. Die meisten Sachen waren zum Spielen – Jeans, Flanellhemden und Turnschuhe –, aber ich kaufte auch ein paar feinere Stücke.
    Miles folgte uns mit dem Auto und nahm die Pakete ab, wenn wir aus den Geschäften kamen. Schließlich waren Drake und ich so erschöpft von unserer Einkaufstour, daß wir in das Auto stiegen und schnell zurück nach Farthy fuhren. Die

Weitere Kostenlose Bücher