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Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden

Titel: Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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mich auf die Stirn und strich über mein Haar, so wie es Mammi früher getan hatte.
    »Nun schlaf, Annie. Ich werd hier sein und dir helfen, bis du wieder allein klarkommst.«
    »Danke, Tante Fanny.«
    »Wir Frauen müssen doch zusammenhalten«, meinte sie und lächelte. Dann küßte sie mich noch einmal und ließ mich allein in der Dunkelheit zurück. Immer noch glaubte ich, das Echo von Lukes Stimme zu hören und seine Augen dicht vor meinem Gesicht zu sehen…
    »Es ist nichts Schmutziges; es kann nichts Schmutziges daran sein«, sagte ich mir immer wieder. Dann schlief ich ein.

 
    23. K APITEL
     
    D AS G EHEIMNIS DER KLEINEN H ÜTTE
     
     
     
    Die nächsten anderthalb Wochen waren schwierig für mich, in gewissem Sinne sogar härter als die Zeit, die ich in Farthy verbracht hatte. Nicht, daß auch hier irgend jemand grausam zu mir gewesen wäre; davon konnte gar keine Rede sein. Sowohl die Angestellten als auch meine Tante Fanny hätten gar nicht hilfsbereiter, liebevoller und aufmerksamer sein können. Aber jetzt, so kurz nach dem Tod meiner Eltern hatte ich auch noch Luke verloren; Luke, von dem ich gedacht hatte, er würde immer für mich da sein; Luke, für den ich bereit war, meine Schmerzen zu ertragen und zu kämpfen. Er war fort, und ich fühlte mich innerlich so tot und leer wie in den Tagen, nachdem ich meine Eltern verloren hatte.
    Mein Leben war freudlos und dunkel, mochte die Sonne draußen auch noch so hell scheinen. Ich empfand unendliche Kälte und Müdigkeit, wickelte mich in meine Decken und verbrachte Stunden damit, nur die Wände anzustarren. Wenn es dunkel wurde, verspürte ich nicht den Wunsch, das Licht anzuknipsen. Manchmal war ich wie erstarrt, und manchmal weinte ich so lange, bis meine Brust schmerzte. Niemals hatte ich mich so einsam gefühlt, nicht einmal während der schrecklichen Stunden, als ich in Farthy eingesperrt gewesen war. Dort hatte ich wenigstens noch meine Phantasien und Träume gehabt…
    Jetzt hatte ich auch sie verloren. Es gab keine Phantasien mehr, die meine trübsinnige Stimmung vertreiben konnten. Noch härter aber traf es mich, daß die Gefühle zwischen Luke und mir auf einmal so schmutzig erschienen. Die Liebe, die uns verband, war etwas Verbotenes, und alles, was in meiner Erinnerung wundervoll und schön gewesen war, schien jetzt schlecht und sündhaft. All das brach mir fast das Herz…
    Wie schrecklich war es doch, wenn man nicht nur die Menschen verlor, die man liebte, sondern gleichzeitig die Freuden der Erinnerung an sie! Das Schicksal hatte mein Herz leergeplündert; es hatte alle knospenden Blumen ausgerissen und nur mehr kahle Stengel zurückgelassen.
    Viele ehemaligen Freunde meiner Eltern besuchten mich, um mir nachträglich ihr Beileid auszusprechen, da sie mich vorher nicht hatten erreichen können. Ich freute mich über ihre Anteilnahme, aber bei jedem dieser Besuche, erlebte ich die Tragödie aufs neue, wurde schmerzlich an meinen Verlust erinnert.
    Einige Freundinnen meiner Mutter brachen in meiner Gegenwart in Tränen aus, und ihre Trauer verletzte mich wie eine scharfe Klinge, ließ Wunden wieder aufbrechen, über denen sich bereits eine dünne Haut gebildet hatte. Dennoch gelang es mir, stark zu bleiben und den anderen sogar Trost zu spenden.
    »Genau das hätt’ Heaven auch gemacht«, bemerkte Tante Fanny einmal nach einer solchen Szene. »Wenn Not am Mann war, dann war niemand stärker als deine Mutter. Ich hab gejammert und gemeckert, wenn wir nix zu beißen hatten, und sie und Tom sind losgezogen und haben was zu essen rangeschafft. Und sie war’s auch, die unsere Jane gefüttert und versorgt hat, wenn’s der mal wieder schlecht ging.«
    Diese Erzählungen über meine Mutter gaben mir die Entschlossenheit und Kraft, weiter an meiner Genesung zu arbeiten, nachdem mich Luke und Drake im Stich gelassen hatten. Tante Fanny erzählte, Luke würde häufig anrufen und sich nach mir erkundigen; wenn sie ihn jedoch fragte, ob er mit mir sprechen wollte, antwortete er nur ›ein andermal‹. Ein halbes Dutzend Male, wenn nicht sogar öfter, versuchte ich, einen Brief an ihn zu schreiben. Doch immer, wenn ich das Geschriebene noch einmal las, zerriß ich das Blatt, denn ich hatte nicht die richtigen Worte gefunden, hatte nicht das ausgedrückt, was ich wirklich fühlte.
    Dr. Williams kam häufig vorbei, um zu sehen, welche Fortschritte ich machte. Meine Beine wurden jeden Tag kräftiger, und er überwies mich an eine Krankengymnastin. Sie

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