Casteel-Saga 04 - Nacht über Eden
vielleicht hätte dann dieses ganze Elend vermieden werden können.
Als wir Farthy erreichten, hatten sich die Trauergäste bereits vor dem Haus versammelt. Neben Miles, Curtis und Rye Whiskey waren Dutzende von Tonys Geschäftspartnern gekommen und viele Menschen, die für die Tatterton-Spielzeugfabrik arbeiteten. Die meisten waren schwarz gekleidet und unterhielten sich leise in kleinen Gruppen.
Es war ein warmer, aber bewölkter Herbsttag; genau richtig für eine Beerdigung, fand ich. Alles sah noch trostloser aus als sonst, und die trübe Stimmung ließ deutlicher als je zuvor erkennen, wie heruntergekommen Farthinggale Manor war. Ich erinnerte mich daran, mit welchem Stolz Tony das Anwesen beschrieben hatte, als wir zum ersten Mal hier herausfuhren… das Haus seiner Vorfahren, das von jedem Tatterton, der es geerbt hatte, verbessert und vergrößert worden war! Es war eine Ironie des Schicksals, daß Tony zwar einen Erben hatte, der in seine Fußstapfen treten würde, mit dem ihn jedoch keine Blutsverwandtschaft verband. Denn Drake war der Sohn Luke Casteels, des Mannes, dem Tony seine eigene Tochter abgekauft hatte. Und jetzt hatte er, im wahrsten Sinne des Wortes, seinen Erben gekauft…
Drake spielte seine Rolle ausgezeichnet. In einem schwarzen Anzug stand er vor dem Sarg. Sein Gesicht war feierlich und düster wie das eines Leichenbestatters. Die Leute, die er für die Beerdigung engagiert hatte, standen würdevoll um ihn herum und erwarteten seine Anweisungen. Andere wiesen die ankommenden Wagen ein, verteilten kleine Gebetbücher und Liedertexte.
Luke reihte sich hinter den anderen Autos ein und blickte zu dem riesigen Haus auf. Doch jetzt waren unangenehme Erinnerungen an die Stelle all des Rätselhaften und Aufregenden getreten, das wir früher mit diesem alten, grauen Gebäude verbunden hatten. Die Fenster der Räume, die einst die meinen gewesen waren, sahen dunkel aus. Alle Vorhänge waren zugezogen; wie Spiegel reflektierten die Fensterscheiben den grauen, verhangenen Himmel.
Die Hausangestellten kamen zuerst, um mich zu begrüßen. Curtis sah ganz verstört aus, seine Lippen bebten. Miles stand da wie betäubt, seine Augen starrten ins Leere. Sogar Rye sah auf einmal sehr müde aus. Der schmerzliche Verlust hatte ihn schnell altern lassen; er und Tony Tatterton hatten so viele Jahre miteinander verbracht.
Kurz darauf kam Drake. Er ignorierte Luke und wandte sich ausschließlich an mich.
»Wie geht es dir, Annie?«
»Mir geht es gut, Drake.« Ich war entschlossen, mich so würdevoll zu verhalten, wie es sich bei einer solchen Begegnung für die Tochter meiner Mutter gehörte.
»Es fängt gleich an.« Er kam noch näher an mich heran. »Weißt du, wer hier ist? Wer doch noch am Leben ist?«
»Ja.«
Überrascht starrte er mich an.
»Du weißt es?«
»Wenn du mir ruhig zugehört hättest, dann wäre ich in der Lage gewesen, dir zu erzählen, daß ich ihn hier getroffen habe und daß er es war, der Tante Fanny am Telefon riet, mich abzuholen. Aber du hast mich ja gleich mit Vorwürfen überhäuft, wie undankbar ich sei, und Luke der schrecklichsten Dinge bezichtigt.«
»Aber warum hat er Tante Fanny angerufen?«
»Weil er sah, was hier vor sich ging, Drake. Er wußte einiges, was zu sehen du dich geweigert hast«, sagte ich, ohne meinen Ärger zu verbergen.
Drake warf einen Blick auf Luke und wandte sich dann wieder an mich.
»Nun… ich… ich habe das getan, was ich für das Beste hielt, das Beste für dich, Annie. Es tut mir leid«, sagte er zerknirscht.
»Wir sollten diese Dinge jetzt ruhen lassen, Drake. Wir sind schließlich aus einem anderen Grund hier«, sagte ich mit fester Stimme.
»Ja, natürlich.« Einer der Leichenbestatter winkte ihm, er solle kommen. »Dann bis nachher.«
Er ging zurück zum Sarg. Meine Augen suchten überall nach Troy, aber ich konnte ihn nicht entdecken. Wo war er?
Meine Frage wurde beantwortet, als die Wagenkolonne sich vom Haus entfernte, und zum Familienfriedhof fuhr. Er war bereits dort und nahm allein Abschied von Tony. Sobald wir angekommen waren, kam er zu unserem Wagen. Seine dunklen, melancholischen Augen leuchteten auf, als er mich erblickte.
Jetzt, da er einen schwarzen Anzug und Krawatte trug, konnte ich die Ähnlichkeit zwischen ihm und Tony viel deutlicher erkennen. Doch Tonys Augen waren immer strahlend und aufgeregt gewesen, voll Verwirrung und Traurigkeit. Troys Augen dagegen waren ruhig.
»Hallo, Annie. Hattest du eine gute
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