Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
lachte er.
»Ein Frauenheld. Wußte ich es doch«, sagte Tony. »Dennoch müssen Sie etwas ganz Besonderes sein, Leigh. Normalerweise ist er bei Leuten, die er gerade erst kennengelernt hat, sehr schüchtern.«
Ich errötete und wandte eilig den Blick ab. Wenn überhaupt, dann bin ich hier die Schüchterne, dachte ich. Aber der kleine Troy wirkte so zart und empfindlich, daß ich nichts tun wollte, was seine Gefühle hätte verletzen können.
»Bei mir wird er schon nicht schüchtern sein. Oder, Troy?« Er schüttelte den Kopf.
»Prima«, rief Tony. »Dann wollen wir jetzt das Haus besichtigen, und hinterher gehen wir ins Freie und sehen uns den Swimmingpool und die Pferde an. Nach dem Mittagessen werden wir alle einen Spaziergang zum Strand machen. Aber Leigh kann dich nicht ständig tragen, Troy. Dazu bist du jetzt zu groß und schwer.«
»Es ist schon gut«, sagte ich. »Ich bin sicher, daß Troy sowieso nicht mehr lange auf meinem Arm bleiben will. Stimmt’s, Troy?« Er nickte und betrachtete mich genauer. Ich erkannte Furcht in seinen Augen, die Furcht, ich würde ihn fallen lassen und ihm dann keine weitere Beachtung schenken. »Vielleicht kann Troy mir auch einiges zeigen und erzählen. Kannst du das, Troy?« Er nickte. »Gut, wir sind soweit.«
Tony lachte wieder, und er und Mama gingen voraus. Vielleicht war kein anderes Zimmer im ganzen Haus so eindrucksvoll wie das Eßzimmer. Es war so groß wie ein Bankettsaal, und darin stand der längste Tisch, den ich je gesehen hatte. Während wir uns dort aufhielten, kam der Koch aus der Küche, und Tony stellte ihn uns vor. Ich konnte sehen, daß Tony sehr stolz auf ihn war. Er hatte ihn auf einer Reise nach New Orleans entdeckt und als seinen persönlichen Chefkoch mitgebracht. Er hieß Ryse Williams und war ein sehr freundlicher und fröhlicher Schwarzer, der eine Sprechweise hatte, die seine Worte wie Musik klingen ließ. Er versprach, uns ein Mittagessen zuzubereiten, »etwas ganz Besonderes, was den Magen noch tagelang erfreut«.
Ich hatte das Gefühl, daß meine Arme schon ein paar Zentimeter länger geworden waren, und deshalb setzte ich Troy ab, bevor wir die marmorne Treppe hinaufstiegen. Er wollte mir unbedingt sein Zimmer zeigen. Sämtliche Schlafzimmer im oberen Stockwerk waren in Wirklichkeit Suiten, von denen jede ein eigenes Wohnzimmer hatte. Troys Wohnzimmer war derart mit Spielzeug angefüllt, daß es wie ein Spielwarengeschäft aussah.
»Hat Ihre Mutter Ihnen denn nichts von meinem Geschäft erzählt?« fragte Tony, als er mein Erstaunen bemerkte. Ich schüttelte den Kopf. »Soll das heißen, sie hat Ihnen nicht gesagt, daß Sie den König der Spielzeughersteller kennenlernen werden?« Er und Mama sahen sich an, als sei das ein Witz, den nur sie beide verstanden. Ich schüttelte den Kopf. Sowohl das Gespräch als auch die belustigten Blicke verwirrten mich, die Mama und dieser gutaussehende junge Mann mit den durchdringenden Augen miteinander tauschten.
»Warum sollte sie Sie den König der Spielzeughersteller nennen?« fragte ich, während Troy zu einem Berg von Spielsachen lief, um etwas Besonderes herauszusuchen, was er mir zeigen wollte.
»Damit haben wir unser Vermögen zusammengetragen«, erklärte er. Er sah, daß meine Augen vor Interesse größer wurden, und lächelte ein kleines, gepreßtes Lächeln… ein amüsiertes Lächeln. »Ich sehe schon, daß Sie ein benachteiligtes Kind waren, wenn man Ihnen nie ein Tatterton-Spielzeug geschenkt hat. Jillian, Sie sollten sich schämen«, schalt er sie im Scherz.
»Bitte, es macht mir schon Mühe genug, ihren Vater dazu zu bringen, ihr die Dinge zu kaufen, die sich für ein junges Mädchen gehören«, erwiderte Mama spitzbübisch. Tony und sie starrten sich einen Moment lang an, als hätten sie darüber schon einmal gesprochen, und dann wandte er sich wieder an mich.
»Unsere Spielsachen sind etwas Besonderes, Leigh. Es ist kein gewöhnliches Spielzeug, das aus Plastik hergestellt wird. Was wir produzieren, ist eigentlich für Sammler gedacht, für wohlhabende Leute, die vergessen, daß sie keine Kinder mehr sind. Vielleicht bedauern manche auch heute noch, Erinnerungen an eine arme Kindheit zu haben, in der kaum etwas unter dem Weihnachtsbaum oder auf dem Gabentisch zum Geburtstag gelegen hat.
Sehen Sie die Burg mit dem Graben dort drüben?« fragte er und deutete in die linke hintere Ecke von Troys Schlafzimmer. »Das hat einer meiner Angestellten in Handarbeit hergestellt. Wenn
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