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Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung

Titel: Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Mama es bemerkt hatte.
    »Es freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miß Leigh«, sagte er und nickte. Es klang so lustig und so steif, derart förmlich begrüßt zu werden, aber ehe ich auch nur lächeln konnte, warf Mama mir einen erwartungsvollen Blick zu.
    »Danke, Miles«, sagte ich. »Mich freut es auch.« Er ließ sich schnell hinter das Steuer gleiten, um unseren Wagen zu parken.
    »Miles ist Mr. Tattertons Chauffeur«, erklärte Mama, als wir die Treppe hinaufstiegen. »Er ist erst seit zwei Wochen hier.«
    Ehe wir die Tür erreicht hatten, wurde sie von dem Butler geöffnet, einem sehr großen, dünnen Mann mit einem traurigen, zerfurchten Gesicht, das mich an Abraham Lincoln erinnerte. Er hatte sich das dünne dunkelbraune Haar zurückgekämmt. Es lag flach am Kopf an und war fast genau in der Mitte gescheitelt. Er bewegte sich so langsam und leise wie ein Bestattungsunternehmer.
    »Guten Tag, Curtis«, sagte Mama. »Das ist meine Tochter Leigh.«
    »Guten Tag.« Curtis nickte mit gesenktem Blick, als begrüße er Angehörige des Hochadels, und dann trat er zurück, um uns eintreten zu lassen. »Mr. Tatterton erwartet Sie im Musikzimmer.«
    »Danke«, nickte Mama, und wir liefen durch die riesige Eingangshalle. »Er ist erst Ende Zwanzig, aber er sieht wie ein Großvater aus«, flüsterte sie und kicherte dann. Mama war so aufgeregt, wie ich sie noch nie gesehen hatte, fast wie ein kleines Mädchen oder jemand in meinem Alter. Das machte mich nervös und erschreckte mich fast, aber ich wußte nicht, warum. Ich wußte nur eins: Ich wollte, daß sie damit aufhörte und sich wieder wie eine Mutter benahm.
    Ich versuchte, mein albernes Unbehagen abzuschütteln, und sah mir die Ahnengalerie an – Dutzende von riesigen Porträts, an denen wir vorbeikamen, aber auch Bilder von edlen Pferden, Bilder vom Meer, unzählige Gemälde. Dazwischen hingen hohe Draperien vor den Marmorwänden, an denen weiße und schwarze Marmortische und verzierte Steinbänke standen, die entschieden viel zu unbequem und zu kalt waren, um sich darauf zu setzen. Vor uns lag ein großer, runder Treppenaufgang, der doppelt, nein, dreimal so geräumig war wie unser Aufgang. Über uns hing ein prächtiger Kronleuchter mit so vielen Glühbirnen, daß er so hell wie die Sonne scheinen mußte, wenn er eingeschaltet wurde. Auf dem Boden der Eingangshalle lagen riesige Perserteppiche, die so neu und sauber aussahen, daß es einem als sündhaft erschien, darüber zu laufen.
    »Komm schon«, drängte Mama, und ich lief neben ihr her, als wir an einem riesigen Wohnzimmer vorbeikamen. Mein Blick fiel auf einen Konzertflügel. Wir blieben in der Tür des Musikzimmers stehen, und ich sah zu der Kuppeldecke auf, die sich über uns wölbte. Über einer hohen Leiter hingen Gerüste genau an der Stelle, an der das Gemälde noch beendet werden mußte.
    Bisher hatte Mama einen leuchtendblauen Himmel gemalt, an dem Schwalben und Tauben flogen. In der Mitte saß ein Mann auf einem fliegenden Teppich, und direkt vor ihm lag ein geheimnisvolles Luftschloß, das teils von Wolken verborgen war, doch es war erst skizziert und mußte noch gemalt werden.
    Ich sah mir die Gemälde an den Wänden an und erkannte manche Darstellungen, da es sich um Bilder handelte, mit denen sie verschiedene Kinderbücher illustriert hatte. Die gegenüberliegende Wand wurde ganz und gar von einem schattigen Wald eingenommen, in den die Sonnenstrahlen einfielen. Gewundene Pfade führten zu dunstverhangenen Bergketten, auf denen Schlösser thronten.
    »Was meinst du dazu?« fragte sie leise.
    »O Mama, es ist wunderschön, einfach wunderschön. Ich bin begeistert.«
    Ich war derart verzaubert von den Gemälden an den Wänden und an der Decke, daß ich den Mann gar nicht bemerkt hatte, der auf dem kleinen Sofa mit dem kunstvoll geschnitzten Gestell saß. Das Sofa war der Tür zugewandt, und er hatte uns beide angesehen, während ich mich langsam im Kreis gedreht und den Atem angehalten, die Augen weit aufgerissen und ehrfürchtig gestaunt hatte.
    »Oh«, sagte ich und trat einen Schritt näher zu Mama. Unwillkürlich errötete ich vor Verlegenheit.
    Der gutaussehende Mann mit den leuchtendsten blauen Augen, die ich je gesehen hatte, lachte. Er trug eine Smokingjacke aus burgunderfarbenem Samt und eine dunkle Hose und hatte schimmerndes dunkelbraunes Haar. Seine Lippen waren voll, und selbst ich konnte erkennen, daß sie mehr als nur eine Spur sinnlich waren, und sein Gesicht war so

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