Castello Christo
stand, zog die oberste Schublade auf und nahm eine Karte heraus.
Als er die Karte auf dem Tisch ausbreitete, rutschten Matthias, Bertoni und Alicia ein Stück nach vorne, um besser sehen zu können. Matthias’ Augen suchten den Rand der Karte ab, bis er rechts oben die Angabe des Maßstabs entdeckte.
»Hast du auch noch einen Zirkel für mich?«
Varotto überlegte kurz. »Tut mir leid, damit kann ich nicht dienen. Aber das geht vielleicht auch anders.«
Er verließ das Wohnzimmer und kehrte kurz darauf mit einem roten Stift und einer Nadel zurück, an die er eine dünne Schnur band. Über die Karte gebeugt, setzte er dann die Nadelspitze an den Anfang der Maßstabslinie und markierte die Schnur an der Hundert-Kilometer-Marke mit dem Stift. Dann reichte er die Konstruktion an den Deutschen weiter.
»Das sind hundert Kilometer. Wenn du den Kreis rund um Rom gezogen hast, machen wir das Gleiche noch einmal mit neunzig und mit hundertzehn Kilometern.«
Matthias nickte wortlos und pikte die Nadel ins Zentrum von Rom. Vorsichtig zog er mit dem Stift einen Kreis, der im Nordwesten Montalto di Castro und im Südosten Terracina und Sperlonga an der Mittelmeerküste streifte. Zwei Minuten später waren auch der zweite und der dritte Kreis gezogen.
»Nun müssen wir alle Burgen und Klöster in diesem Gebiet markieren und . . .«, setzte Matthias an.
». .. und sicher gibt uns dein Gott dann ein Zeichen, welches dieser Klöster das richtige ist«, ergänzte Varotto.
Matthias warf ihm einen leicht zu deutenden Blick zu, woraufhin der Commissario einmal mehr zerknirscht einlenkte.
»Okay, okay, ich hör schon auf.«
»Danke. Also: Wie gehen wir am besten vor?«
»Vielleicht ist es gar nicht so schwer, wie es auf den ersten Blick scheint«, murmelte Bertoni und sah auf seine Hände, die gefaltet in seinem Schoß lagen. Es schien fast, als redete er mit sich selbst. »Wenn Niccolò tatsächlich in einer Art Sekte lebt, kann es sich nicht um ein Kloster handeln, das von einem christlichen Orden betrieben wird. Wir sollten also nach einem Gebäude suchen, das . . .«
». .. einmal ein Kloster war!«, rief Alicia.
Als Bertoni zustimmend nickte, wandte der Commissario sich an Matthias. »Wie wäre es, wenn du mir als Erstes etwas über diesen Niccolò Gatto erzählst, damit ich endlich auch erfahre, nach wem wir eigentlich suchen?«
Bevor Matthias antworten konnte, sagte Bertoni: »Ich schlage vor, dass
ich
Ihnen von Niccolò erzähle.«
Der Commissario zuckte mit den Schultern. »Von mir aus. Hauptsache, ich erfahre endlich, wer er ist.«
»Ich könnte währenddessen mit Matthias im Internet nach allen ehemaligen Klöstern suchen«, schlug Alicia vor.
»Gute Idee. Mein Notebook steht in der Küche. Vorher könntest du uns allen aber noch einen Espresso machen. Wie es aussieht, wird es eine lange Nacht.«
»Chauvi!«, fauchte Alicia, während sie aufstand, lächelte aber dabei.
Eine Dreiviertelstunde später saßen sie wieder zusammen. Varotto hatte alles Wissenswerte über Gatto erfahren, lediglich die Verbindung zum Papst hatte Bertoni nicht erwähnt. Alicia und Matthias hatten derweil das Internet durchforstet und auch einige Klöster gefunden, doch wurden die Gebäude allesamt noch als solche benutzt.
»Die Idee mit den verlassenen Klöstern hörte sich so gut an«, sagte Alicia, die ihre Enttäuschung kaum verbergen konnte. »Leider haben wir in dem gesamten Gebiet kein einziges Gebäude gefunden, das passen könnte.«
Bertoni wiegte den Kopf hin und her. »Aber das schließt nicht aus, dass es ein solches Gebäude doch gibt. Ein alter Mann wie ich ist vielleicht nicht mehr vollkommen im Bilde, was die Möglichkeiten des Internets angeht, aber sicher lässt sich längst noch nicht alles mit dem Computer finden, denken Sie nicht auch? Vielleicht haben wir bei unseren Überlegungen aber auch einen Fehler gemacht. Oder etwas übersehen . . .«
»Was das Internet betrifft, gebe ich Ihnen vollkommen recht, Monsignore«, erwiderte Matthias. »Und das bedeutet, dass wir es von hier aus schwer haben, ein Kloster zu finden, das in Wirklichkeit keines ist. Das heißt, so schnell zu finden, wie es nötig wäre.«
Varotto hatte aufmerksam zugehört. Nun schlug er sich an die Stirn. »Monsignore, Sie haben vollkommen recht! Uns ist tatsächlich ein Denkfehler unterlaufen.«
»Was für ein Denkfehler?«, fragten Alicia und Matthias fast synchron.
Der Commissario sah in die Runde. »Monsignore, was schätzen Sie,
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