Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
entgegnete Leo kurz.
Sie schwieg. Im Geist sah sie die beiden vor sich – die schöne, aber eiskalte Giovanna und den hochnäsigen Vincento. Beide hatten sie zutiefst verachtet und das auch deutlich kundgetan, wenn Leo außer Hörweite war. Mit verletzender Arroganz hatten sie ihr mehr als einmal mitgeteilt, dass ihr Cousin durch seine unbedachte Heirat den alten Namen der Familie entehrt und das blaue Blut der di Marcos auf immer verunreinigt habe.
Und Leo hatte geschwiegen. In den achtzehn Monaten, die Bethany in Felici gelebt hatte, fiel nie ein negatives Wort über Giovanna oder Vincento. Jetzt hatte er sie aus dem castello verbannt. Warum?
Wieder flackerte das hartnäckige Fünkchen in ihrer Brust auf. Vielleicht ist doch noch nicht alles verloren, wisperte die Stimme der Hoffnung. Resolut unterdrückte sie beides – zu hoffen, würde ihr nur neuen Kummer bescheren.
Während sie schweigsam nebeneinanderhergingen, fragte Bethany sich, wo sie wohl essen würden. Nicht im Bankettsaal, hoffte sie. Dort war alles so steif und überwältigend, dass sie schon bei früheren Anlässen nie einen Bissen hinunterbekommen konnte.
Sie atmete auf, als Leo sie in den blauen Salon führte. Mit seinen heiteren Fresken und den zierlichen Rokokomöbeln hatte er ihr von allen Sälen immer am besten gefallen.
Die Fenstertüren standen offen, und auf der Terrasse war ein kleiner runder Tisch gedeckt. Im Hintergrund dehnte sich das Tal mit den Lichtern von Felici. Samtweiche Nachtluft umfing sie, als sie ins Freie traten. Es duftete zart nach Zypressen und Rhododendron, Azaleen und Glyzinien. Bethany atmete tief ein – wie gut erinnerte sie sich noch an den Zauber italienischer Nächte!
Das Abendessen auf dem Tisch verbreitete einen verlockenden Duft von würzigen Kräutern und einem Hauch Knoblauch. In der Mitte stand ein knusprig gebratenes Huhn, daneben Polenta und eine Schüssel mit frischem Salat. Die Weine kamen mit Sicherheit vom Gut der di Marcos. Kerzenlicht tauchte Tisch und Terrasse in weiches Licht.
Die Wehmut, die Bethany bei all dem überkam, war noch schlimmer als der Kummer. Leos Blick ausweichend, setzte sie sich auf den Stuhl, den er ihr zurechtrückte. Als er ihr gegenüber Platz nahm, hatte sie sich wieder im Griff.
„So romantisch habe ich mir das Dinner nicht vorgestellt“, sagte sie. Warum tut er mir das an? Was bezweckt er mit dieser Charade?
Tapfer begegnete sie seinem Blick und hielt ihm stand. „Findest du nicht, dass es für den Anlass ein bisschen zu romantisch ist? Für mich ist dieser Abend der Auftakt zur Scheidung.“
Mit der Antwort ließ Leo sich Zeit. Er lehnte sich zurück und betrachtete Bethany nachdenklich. Die Art, wie sie sich aufrecht hielt – steif, fast verkrampft –, berührte etwas in ihm. Sie wirkte wehrlos und verletzlich – und fast so zerbrechlich wie feines Glas.
Verdrossen schob er den sonderbaren Vergleich beiseite. Die Bethany, die er kannte, sagte, was sie dachte. Sie nahm kein Blatt vor den Mund, sie war impulsiv, aber sie zerbrach nicht. Sie bog und drehte sich und auch ihn so lange, bis er weder sich selbst noch sie wiedererkannte. Er war nicht sicher, wie er sich dieser neuen Bethany gegenüber verhalten sollte. Und das gefiel ihm nicht – es gefiel ihm ganz und gar nicht.
Er beugte sich vor und füllte ihre Gläser mit Rotwein. „Müssen wir jetzt davon anfangen?“, fragte er. „Können wir diese Stunde nicht einfach genießen, egal, wie es mit uns steht?“
Sie errötete. In dem grünen Kleid, die Wangen rosig angehaucht, erschien sie ihm unsagbar begehrenswert. Es juckte ihn in den Fingern, die Locke, die sich aus dem damenhaften Chignon gelöst hatte, in die Hand zu nehmen. Aber er beherrschte sich. Was er versprach, das hielt er auch.
„Bei Bemerkungen wie dieser frage ich mich jedes Mal, was du im Schilde führst, Leo“, erwiderte sie ruhig, ohne seinem Blick auszuweichen, während er herauszufinden versuchte, was hinter ihrer glatten Stirn vorging.
Warum war sie so auf die Scheidung erpicht? Und warum weigerte sie sich so hartnäckig, über den wahren Grund zu sprechen? Fast kam es ihm vor, als befürchte sie, er könnte sie davon abbringen, wenn sie ihm die Gelegenheit bot. Was er selbstverständlich auch tun würde.
Wie dem auch sein mochte, zur Scheidung würde es nicht kommen. Warum teilte er ihr das nicht schlicht und einfach mit und machte dem ständigen Hin und Her ein Ende? Vor drei Jahren hätte er das ohne Zögern
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