Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
getan.
Stattdessen ging er auf ihr dummes Spiel ein. Warum? Aus Schwäche, oder weil ihn diese neue Seite an ihr gegen seinen Willen faszinierte? Ihre Rückkehr, ihre Verunsicherung und seine Wirkung auf sie, die sie so hartnäckig leugnete – all das ließ ihm keine Ruhe. Empfand er ihr gegenüber so etwas wie Gewissensbisse? Aber was immer es sein mochte, er wollte erst abwarten, wie sich die Dinge zwischen ihnen entwickelten.
„Du sprichst immer nur von Scheidung, Bethany. Findest du nicht, wir sollten erst einmal über unsere Ehe reden?“
Ungläubig starrte sie ihn an, dann lachte sie, aber es klang nicht froh.
Ihre Reaktion irritierte Leo mehr, als er sich eingestehen wollte. Sie führte sich auf, als wäre er der Begriffsstutzige und nicht sie. Seine Miene verfinsterte sich.
„Du willst … reden ?“, fragte sie ehrlich überrascht. „Du – Leo di Marco – willst reden? Nach all den Jahren?“
Für den Bruchteil einer Sekunde erhaschte er eine tiefe Qual in den ausdrucksvollen blauen Augen. Dann war der Moment vorbei, und alles, was er sah, war die unbeteiligte Miene, die Bethany seit Neuem zur Schau stellte.
„Es gab eine Zeit, da hätte ich alles dafür gegeben, um diese Worte von dir zu hören“, fuhr sie nach einer Weile mit einem traurigen Lächeln fort. „Aber für Gespräche ist es ein wenig spät, das siehst du doch hoffentlich ein.“
„Seit unserem letzten Beisammensein – und dabei denke ich nicht an die Gemäldegalerie in Toronto – sind drei Jahre vergangen“, erklärte er unbeirrt, während er sie nicht aus den Augen ließ. Sie wandte den Kopf und sah an ihm vorbei. Er verspürte einen Stich, sprach aber weiter. „Das sollte uns den notwendigen Abstand geben, meinst du nicht auch?“
„Abstand, um was zu tun?“ Noch immer sah sie ihn nicht an. „Alte Geschichten ausgraben? Vernarbte Wunden neu aufreißen, um zu sehen, ob sie noch bluten? Wozu? Willst du herausfinden, wer die tieferen Narben hat?“
Die Bitterkeit in ihren Worten machte ihn sprachlos. War das die Frau, von der er geglaubt hatte, dass er sie besser kannte als sich selbst?
Was ihn jedoch am meisten überraschte, war der brennende Wunsch, sie in die Arme zu schließen und zu trösten. Mit sexuellem Verlangen hatte es nicht das Geringste zu tun. Aber warum war es ihm plötzlich so wichtig, ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu sehen und den alten Glanz in den blauen Augen? Worum es hier ging, war, dass sie sich endlich ihrer Pflichten als seine Gemahlin bewusst wurde und sich an ihre Aufgaben als principessa erinnerte. Regungen wie die, die er gerade verspürte, führten in eine Richtung, die er nicht einschlagen wollte, denn früher oder später endete er damit nur in einer Sackgasse.
Ihm war, als bewege er sich auf einem Minenfeld. Ein falscher Schritt, und was von ihrer Beziehung noch übrig war, würde in die Luft fliegen. Er fühlte die Spannung zwischen ihnen und wusste, dass sie dieses Mal nicht sinnlicher Natur und gerade deshalb so gefährlich war. Schon einmal hatte er sich von Gefühlen leiten lassen. Er würde nicht zulassen, dass Bethany den Schutzwall um sein Herz ein zweites Mal zertrümmerte.
„Du warst lange fort, aber nun bist du zurückgekommen, und wir sollten …“
Sie ließ ihn nicht ausreden. „Ich bin hier, weil du darauf bestanden hast“, sagte sie ruhig. „Der Grund meiner Anwesenheit ist uns beiden bekannt, von einer Rückkehr kann also nicht die Rede sein.“ Sie schwieg, und im Kerzenlicht waren ihre Augen so dunkel und unergründlich wie das Meer. „Und bald wird es sein, als hätte es mich hier nie gegeben.“
„Nur wenn du das willst“, erwiderte er ebenso ruhig.
Stumm saßen sie sich gegenüber, so nah und doch so fern. Die Nacht war still, nichts rührte sich, nur das Zirpen von Zikaden war vernehmbar.
Leo machte den Mund auf, um das Schweigen zu beenden, sagte aber nichts.
Was immer er jetzt sagte, würde er später bereuen. Es war wie damals am Strand von Hawaii, als er jegliche Vorsicht in den Wind geschlagen und wider besseres Wissen um ihre Hand angehalten hatte. Ein einziger Moment der Schwäche, und dies war das Ergebnis. Noch einmal würde ihm das nicht passieren, auch nicht mit Bethany.
Schon gar nicht mit Bethany!
6. KAPITEL
„Ich will so vieles“, sagte Bethany sanft. Sie spürte ein sonderbares Gefühl innerer Ruhe, und für einen kleinen Moment vergaß sie ihren Kummer. Wahrscheinlich war es nichts weiter als die Ruhe vor dem Sturm.
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