Castello Di Felici - Schloss Des Gluecks
und fühlte sich vollkommen hilflos.
„Das ist richtig.“ Leos Miene verhärtete sich. „Was du bist, ist eine Lügnerin. Und auch in dem Punkt musst du mich vom Gegenteil überzeugen.“
Leo hielt sie für die Lügnerin in ihrer Beziehung, das hatte er bereits mehrmals angedeutet. Und Bethany bezweifelte keine Sekunde, dass er das tatsächlich glaubte. Fast könnte sie darüber lachen. Aber zum Lachen brauchte man eine Stimme, und diese versagte ihr momentan den Dienst. Sie konnte weder lachen noch sprechen, und aus irgendeinem Grund erschien es ihr wie der Abgesang all dessen, was sie einmal miteinander geteilt hatten.
„Acht Uhr“, schloss er mit einem Anflug von Genugtuung. „Zwing mich nicht, dich zu holen.“
Er drehte sich um, verließ das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Sie sah ihm nach – verstört, zitternd und ebenso verloren wie vor drei Jahren – und fragte sich, ob er das von Anfang an beabsichtigt hatte.
Als Bethany um kurz vor acht die Suite verließ, um mit Leo zu Abend zu essen, sagte sie sich voll Verzweiflung, dass ihre Suche nach einem passenden Outfit zu einer regelrechten Reise in die Vergangenheit geworden war. Kleider, Schuhe, Handtaschen, fast jeder Bestandteil ihrer ehemaligen Garderobe hatte die Erinnerung an ein halb vergessenes, halb verdrängtes Ereignis geweckt und eine verheilt geglaubte Wunde neu aufgerissen.
Da war der Abend in der Scala von Mailand, als selbst die glanzvollen Klänge von Verdis Musik neben dem Feuer in Leos Augen verblassten. Das unbeschwerte Wochenende in der Villa eines Bekannten in der Nähe von Rom, bei dem die ersten kleinen Wolken am immer noch blauen Ehehimmel aufzogen. Der kurze heftige Streit in einer Seitenstraße in Verona, als Leo seine legendäre Selbstbeherrschung verlor, und die anschließende Versöhnung im Hotel. Und jener Moment der Leidenschaft auf einer menschenleeren Brücke in Venedig, explosiv und unvermeidlich, als die Mauer aus Schweigen und Bitterkeit bereits zwischen ihnen aufragte und nur noch dieses unstillbare, gegenseitige Verlangen sie miteinander verband.
Während sie den stillen Gang entlangging, strich sie mit zitternden Fingern das knöchellange grüne Seidenkleid glatt, für das sie sich entschieden hatte. Es war das einzige Kleidungsstück ohne Vorgeschichte. So verletzlich hatte sie sich seit Jahren nicht mehr gefühlt.
Doch es waren nicht nur Erinnerungen, die ihr zu schaffen machten – mit ihnen hatte sie zu leben gelernt. Es war außerdem die Erkenntnis, dass sie in Leos Augen immer noch die Frau war, die beim geringsten Anlass nicht nur die Beherrschung verlor, sondern auch noch ihre guten Manieren vergaß, die herumschrie und mit Gegenständen um sich warf.
Aber diese Person war sie schon lange nicht mehr, das wusste sie. Allein bei dem Gedanken, dass sie es einmal gewesen war, drehte sich ihr der Magen um. Während sie zerstörten Wunschträumen nachtrauerte, erinnerte er sich lediglich an Zank und Streit und an die Furie von damals. War es ein Wunder, dass er so abfällig mit ihr sprach?
Jene letzte Nacht in seinem Haus in Rosedale ist es, die mich verändert hat, dachte Bethany, während sie die breite Steintreppe zur Eingangshalle hinunterging. Jene entsetzliche Nacht, in der sie zum ersten Mal mit den dunklen Seiten ihres Wesens konfrontiert worden war – mit ihrem Jähzorn und diesen verwerflichen Lüsten. Danach war etwas in ihr zerbrochen, und sie hatte den feurigen unbeschwerten Teil in sich verloren, den Glauben an grenzenloses Glück, den man nur hat, wenn man noch sehr jung ist. Aber auch die Zügellosigkeit war ihr abhanden gekommen. Für immer? fragte sie sich jetzt. Oder schlummert sie nur? Ist Leo der Auslöser dieser dunklen Leidenschaften? War er das schon immer?
„Ich bin beeindruckt.“
Fast wäre sie gestolpert, als seine samtweiche Stimme sie aus ihren Betrachtungen riss. Er stand am Fuß der Treppe und sah ihr mit einem sonderbaren Ausdruck in den Augen entgegen.
„Ich wollte dich gerade holen, weil ich dachte, du kommst nicht von allein“, fuhr er fort. „Offenbar habe ich dich unterschätzt.“
Bethany zwang sich zu einem knappen Lächeln. „Du kennst mich nicht mehr, das habe ich dir schon mehrmals mitzuteilen versucht.“
„Damit könntest du recht haben“, bemerkte er langsam.
Unwillkürlich fragte sie sich, was er verschwieg. Warum muss er sein, wer er ist? dachte sie deprimiert. Alles wäre viel einfacher, wenn er kein Prinz wäre.
Sie drehte den
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