Castle 2: Naked Heat - In der Hitze der Nacht (German Edition)
es konnte. Oder sie schlief mit Schauspielern, weil diese sie mehr brauchten, als sie sie brauchte. Oder sie ließ Typen wie mich in aller Herrgottsfrühe zur Arbeit antanzen und schlenderte dann in die Stadt, um sich einen Bagel zu besorgen. Weißt du, was ich denke? Ich denke, sie liebte die Tatsache, dass sie in der Lage war, Toby Mills so sehr zu beeinflussen, dass er zu ihrer Wohnung kam und die Tür eintrat. Das bestätigte ihre Macht, ihre Bedeutung. Cassidy Towne genoss es, die Dinge nach ihrem Belieben geschehen zu lassen. Oder im Mittelpunkt zu stehen.“
„Sie könnte kaum mehr im Mittelpunkt stehen als jetzt.“
„Genau das will ich damit sagen.“ Als sie den Columbus Circle umrundeten, ließ er sein Fenster herunter und betrachtete die Schäfchenwolken, die sich in den Türmen des Time Warner Centers spiegelten, mit der Begeisterung eines Kindes. Sie verließen den Kreisverkehr Richtung Broadway, und er fuhr fort: „Alles in allem wäre sie sicher lieber am Leben, aber wenn man schon abtreten muss und außerdem Cassidy Towne ist, was wäre da ein besseres Vermächtnis, als die halbe Stadt nach sich suchen zu lassen, während die andere Hälfte über einen redet?“
„Das ergibt Sinn.“ Dann fügte sie hinzu. „Aber irgendwie gruselst du mich immer noch ein bisschen.“
„Jagt dir das Angst ein? … Oder bist du eher erfreut-verängstigt?“
Sie überlegte einen Moment und erwiderte schließlich: „Ich bleibe beim Gruseln.“
Die Gentrifizierung des Times Squares in den 1990ern hatte die einst gefährliche und abstoßende Gegend in ein freundliches Ausflugsziel für Familien verwandelt. Die Theater am Broadway waren renoviert worden und zeigten Kassenschlagermusicals, gute Restaurants tauchten wie aus dem Nichts auf, riesige Kaufhäuser wurden aus dem Boden gestampft, und die Leute kehrten zurück, um die Neuentstehung des Big Apple zu symbolisieren und vielleicht auch anzutreiben.
Doch das Abstoßende war nicht vollständig verschwunden. Tatsächlich wurde es nur ein paar Blocks weiter nach Westen gedrängt, und genau dorthin waren Heat und Rook unterwegs. Holly Flanders’ letzte bekannte Adresse nach einer Verhaftung wegen Prostitution war ein wöchentlich zahlbares Hotel an der Tenth Avenue und der Einundvierzigsten Straße.
Die beiden brachten den Großteil der Ninth Avenue schweigend hinter sich, doch als Heat auf die Tenth Avenue abbog und die Straßenmädchen auftauchten, fing Rook an, ein kleines Lied zu trällern. „Oh, meine Nutte hat einen Namen, er lautet H-O-L-L-Y …“
„Also gut, hör zu“, sagte Heat. „Ich kann deine Theorien ertragen. Ich kann tolerieren, dass du glaubst, für diesen Fall unfassbar wichtig zu sein. Aber wenn du darauf bestehst zu singen, muss ich dich warnen, dass ich bewaffnet bin.“
„Weißt du, du machst dich ständig über meine Bedeutung in diesem Fall lustig, aber beantworte mir Folgendes, Detective Heat: Wer hat dafür gesorgt, dass du mit Toby Mills sprechen konntest, als du vor verschlossenen Türen standst? Wer hat den Kontakt zu Fat Tommy hergestellt, sodass wir jetzt zu der Befragung einer Frau fahren können, von deren Existenz wir noch nicht einmal wussten, bis Fat Tommy uns zu Chester Ludlow geführt hat, der uns wiederum hierher führte?“
Sie dachte einen Moment lang darüber nach und sagte: „Ich hätte den Mund halten und dich einfach singen lassen sollen.“
Ein getarntes Polizeiauto ist für die meisten Straßenprostituierten alles andere als getarnt. Ein champagnerfarbener Crown Victoria könnte genauso gut „SITTE“ in leuchtenden Buchstaben auf den Türen und der Motorhaube stehen haben. Noch offensichtlicher wäre es nur noch gewesen, das Blaulicht und die Sirene einzuschalten. Da Heat sich dieser Tatsache bewusst war, parkte sie den Wagen um die Ecke, außer Sichtweite des Sophisticate Inn, damit sie und Rook sich nähern konnten, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Dass der Parkplatz hinter einem Berg aus nicht abgeholtem Müll lag, war dabei nur hilfreich.
Im Büro des Managers saß ein spindeldürrer Kerl, dem ein großes Stück seines Haars fehlte, das ihm offenbar jemand vom Kopf gerissen hatte, und las die Nachmittagsausgabe des
New York Ledgers
. Cassidy Townes Gesicht füllte die gesamte obere Hälfte der Titelseite aus. Die Schlagzeile war in riesigen Lettern gehalten, die normalerweise nur für Berichte über einen siegreich beendeten Krieg oder Mondlandungen verwendet wurden. Sie lautete:
Ruhe in
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