Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
Nähe ihrer Zelle zu begeben. Er hatte es schlichtweg vergessen. Die Wachmänner waren lediglich seinem Befehl gefolgt. Er konnte die Schuld nur bei sich suchen und hoffen, Splendor würde seiner Dummheit vergeben.
Nach tiefem Durchatmen machte er sich auf den Weg zum Tempel. Sein schlechtes Gewissen begleitete ihn bei jedem Schritt. Er hatte der Welt so etwas Schönes und Atemberaubendes genommen. Sie starb unter Leid und Schmerzen. Sie wurde für nichts und wieder nichts von ihm geopfert. Diese Gedanken quälten ihn am meisten. Der Obscura würde ihn sicherlich ohrfeigen für diesen Irrsinn. Verdient hatte es Morris, er wusste, dass man dies mit nichts rechtfertigen, oder wiedergutmachen konnte. Dieser Tod war sein Verschulden. Ihr Blut klebte förmlich an seinen Händen. Die erste Tote, noch bevor überhaupt ein Krieg begonnen hatte. Der Hauptmann schluckte. »Was soll ich bloß tun?«, murmelte er. Wie sollte er das seinem König sagen? Er würde seines Amtes verwiesen werden, da war er sich ganz sicher. Im schlimmsten aller Fälle würde er selbst in einer der Zellen landen. Grob genommen war dies ein Mord, ihm war schließlich bewusst gewesen, dass sie in der Dunkelheit sterben würde. Wie hatte er so etwas Wichtiges nur vergessen können? Wie konnte er es überhaupt wagen, ein Wesen, das Hoffnung brachte, einzusperren? Er konnte kaum davon ablassen, sich selbst Vorwürfe zu machen. Seine Hände wurden feucht. Die Aufregung trieb ihm eine quälende Hitze durch den Leib »Wenn sie das miterleben würde«, flüsterte er, »was würde meine Frau bloß von mir denken?«
Mit hängendem Kopf entdeckte er plötzlich merkwürdige Spuren im Sand. Morris war verwundert. Es schienen die Abdrücke eines Wolfes zu sein, doch diese waren von enormer Größe und von daher war es unmöglich, dass er Recht mit seiner Vermutung hatte. So etwas hatte er zuvor niemals gesehen. Er folgte ihnen. Die Spuren führten um den gesamten Tempel herum, als ob diese Kreatur eine Beute hatte einkreisen wollen. Morris klopfte rasch einige Male an die schwere Tür des Tempels.
Einer der Obscuras öffnete. »Ihr seid hier derzeit nicht willkommen«, sprach der Obscura und wollte gerade die Tür wieder schließen, als der Hauptmann sich mit einem Arm dagegen stemmte. »Dann soll Priester Failon herauskommen«, forderte er. »Ich muss dringend mit ihm sprechen.« Kaum hatte Morris dies gesagt, tauchte der Obscura auch schon hinter dem anderen Priester auf. Ohne Begrüßung trat er aus dem Tempel und wartete, bis sein Ordensbruder die Tür schloss.
»Ist sie freigekommen?«, fragte Failon besorgt. Ihm war nicht entgangen, dass Morris ziemlich angespannt wirkte.
»Nein. Sie ist tot«, entgegnete der Hauptmann ehrlich.
»Sie ist … tot?«, wiederholte der Obscura in der Hoffnung, dass er sich verhört hatte.
Doch Morris nickte nur. Er biss sich auf die Unterlippe, weil er sich nicht traute, dies noch einmal laut auszusprechen.
»Ich müsste Euch dafür bei den Priestern und dem König melden«, sagte Failon erschrocken. »Wie konnte Euch das passieren?«
Morris erklärte ihm, dass bei seiner Rückkehr das Licht in der Zelle bereits so gut wie erloschen gewesen war. Er wiederholte die Worte seiner Männer. Sprach von der Asche zu seinen Füssen, den tiefen Kerben in der Tür und bat immer wieder um Verzeihung. Verzweifelt sah er Failon an. »Ihr hattet mich irgendwie durcheinander gebracht! Als ihr mich gedrängt hattet, die Tür zu verschließen, war ich in solcher Aufruhe, dass ich lediglich den Befehl aussprach, jeden von dieser Tür fernzuhalten. Ich habe keinen Gedanken daran gesetzt, dass das Licht erlöschen könnte!« Morris raufte sich die Haare. Die letzten Tage schienen auf ihn einzustürzen und begruben ihn förmlich. Er atmete schwer. Wusste keinen Ausweg aus dieser Lage. Sein Gesicht wurde ganz fahl vor Sorgen.
»So beruhigt Euch doch«, bat Failon, der plötzlich befürchtete, dass der Hauptmann gleich zusammenbrechen würde. Behutsam legte er ihm eine Hand auf die Schulter. Er atmete tief durch, wissend, dass er den Eid zur Ehrlichkeit brechen würde mit dem, was er dem Hauptmann gleich sagte. »Ich werde im Angesicht dessen, was zu kommen droht, keinen Ton darüber sagen«, versprach er leise. »Aber dies sollte ein Geheimnis bleiben, das Ihr und Eure Männer mit ins Grab nehmt.«
Morris nickte zustimmend. »Das schwöre ich.«
Dann herrschte einige Zeit lang Stille unter ihnen. Als würden sie ihre Gedanken sortieren,
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