Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
Ich denke, dass Xeroi vor langer Zeit schon genug für seine Taten gestraft wurde. Wir sollten beginnen zu begreifen, dass sie den Krieg längst begonnen haben. Sie haben einen Plan. Und Ihr als Hauptmann solltet den König und das Volk umgehend in Sicherheit bringen. Hier seid ihr es dem Anschein nach keinesfalls mehr.« Dann befahl der Obscura dem Sandari, ihm zu folgen und ließ Morris ohne weiteres zurück.
Der blickte noch einmal auf die schwarze Sense, die den Brief zierte. Zitternd hielt er ihn in den Händen. Er begriff, dass nun eine Menge Verantwortung auf seinen Schultern lastete. Auf keinen Fall durfte jemand in Zitelia zurückbleiben, wenn die Orks tatsächlich planten, mit diesen Untoten einzumarschieren. Morris suchte raschen Schrittes das Hauptgebäude der Stadtwache auf. Alles musste jetzt schnell gehen. Er wollte keine Fehler machen und vor allem wollte er eine Panik vermeiden. Es musste aussehen, als sei alles unter Kontrolle. Ihm blieb keine Zeit, um in Selbstzweifel zu verfallen. Es galt, diese Gedanken so gut es ging zu verdrängen. Sicher waren die letzten Tage schwer für ihn. Sie waren ungewohnt aufregend, doch ihm war klar, dass dies erst der Anfang war. Eine viel dunklere Zeit lag vor ihm. Eine Zeit, in der er versuchen musste, stark zu bleiben. So stark wie in längst vergangenen Tagen, als die Trauer in sein Heim eingekehrt war und die Stille ihm unerträglich vorkam. Schon damals fühlte er sich so allein wie in diesem Augenblick, doch er hatte dieses Gefühl schon einmal besiegt. Er wollte es erneut schaffen. Morris musste sich auf das konzentrieren, was nun wichtig war. Und das, so wusste er, war vorerst, Zitelias Bewohner in Sicherheit zu wissen. Zuerst schickte er einige Männer zu König Carus – sie sollten ihm Bericht erstatten und ihm empfehlen, das Land schnellstmöglich mit seiner Leibgarde zu verlassen. Als Nächstes ließ er verkünden, dass die Stadttore fortan auch tagsüber verschlossen blieben. Er unterbrach somit das Wichtigste dieser Stadt: den Handel. Doch er wusste, dass er nur so Zitelia vor dem Bösen schützen konnte. Zumindest für einige Zeit. Er brauchte nun wesentlich mehr Männer, also plante er, Ausrufer von Tür zu Tür zu schicken, um Freiwillige zu finden. Eine der besten Schmieden der Stadt bekam einen kleinen Einblick in das, was kommen würde, als sie den Auftrag der Stadtwache bekam, mehr Rüstungen, Schilder und Waffen zu schmieden. Die Bewohner sollten vorerst nicht allzu viel wissen und wurden in unvollständige Kenntnisse gesetzt, bis entschieden war, in welche Stadt sie fliehen konnten. Der Bote des Königs ließ lediglich verkünden, dass die Brut Vortex’ für Reisende eine Gefahr darstellte, aufgrund dessen hätten sie den Handel unterbrochen und die Stadttore für Fremde schließen lassen. Auch die Ausgangssperre sollte daher zur Vorsicht beibehalten werden. Sie gaben den Bewohnern zu verstehen, dass es kein Grund zur Beunruhigung gab. Dass die Brut sich jedoch längst ausgebreitet hatte, verheimlichten sie. Sie sprachen auch nicht von einem bevorstehenden Krieg. Mit keinem Wort wurden alte Prophezeiungen angesprochen oder das Vorhaben die Stadt schnellstens zu verlassen. Doch es verbreiteten sich dennoch Gerüchte über die wahren Gründe. Einige sprachen tatsächlich von der Angst vor einem bevorstehenden Krieg, aber sie mussten hinnehmen, was man ihnen sagte. Was sollten sie selbst auch tun? Die Stadt glich rasch einem Gefängnis, in das man weder hinein noch heraus konnte. Ihr Leben, so wussten sie, lag in der Hand ihres Königs.
Failon hatte allem Anschein nach den Tempel längst verlassen und auch Xeroi überließ die Herberge einem seiner Freunde. Und so blieb Morris tatsächlich allein zurück mit dem ihm drohenden Schicksal. Er wollte diesem standhalten, ganz gleich, was passieren würde. Er hatte vor langer Zeit mit seinem Blut und für sein Weib geschworen, diese Stadt zu beschützen. Er wollte sich dem würdig erweisen und das bis in Tod. Diesem Versprechen verlieh er in einem letzten Gebet an Brica Gewicht: »Ich werde mein Schwert für die Hilflosen erheben und die Männer an meiner Seite unterstützen, die wie ich für das Gute kämpfen. Wir kämpfen für mehr als ein Stück Land. Wir kämpfen für Liebe, Aufrichtigkeit und Güte. Aber vor allem für die, die ihr Leben in der letzten großen Schlacht ließen, um dieser Welt Freiheit und Frieden zu schenken. Niemals werde ich den Traum loslassen, den diese damals geträumt
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