Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
hatte ihn aufgenommen und zur Sicherheit Annoth geschickt, der als einziger das Ziel der Reise kannte und als Anführer in dieser Zeit alle Befehlsgewalt hatte. Den Namen ihres Zufluchtsorts sollte er laut Anweisung beider Könige auch noch einige Zeit für sich behalten, um Spitzeln der Finsternis keine Chance zu lassen, den Plan der Rettung zu vereiteln.
Morris erhob sich von seinem Schreibtisch und reichte dem Draconer fest die Hand. Dann befahl er einem seiner Männer, Annoth die Stadtmauer entlang zu führen, um ihm einen Überblick über die Lage Zitelias zu geben. Der Draconer war von nun an ebenfalls für die Sicherheit verantwortlich und wollte sich einen Einblick verschaffen. Morris selbst machte sich auf den Weg zum Tempel, um die dort verbliebenen zwölf Priester in Kenntnis über die jüngsten Ereignisse zu setzen.
Die Priester hatten sich zu jenem Moment erneut mit dem Ältesten an der langen Tafel versammelt. Lediglich Failon fehlte und dies machte auch dem Oberhaupt der Obscuras immer mehr Sorgen. Die Frage, wo er sich wohl aufhielt, endete in einer lauten Diskussion. Sie sprachen alle in einer ohrenbetäubenden Lautstärke durcheinander, bis der Älteste wütend auf den schweren Holztisch hämmerte. Sofort erstickte der Lärm im Schreck.
»Eure Vermutungen führen doch zu nichts! In dieser schweren Zeit kann so einiges passiert sein. Wir müssen nun jedoch zuerst an uns denken. Die Obscuras sind zu wichtig für diese Welt, als dass wir uns aufmachen könnten, um ihn zu suchen. Wir würden das Leben jedes einzelnen riskieren und das kann und will ich nicht verantworten müssen. Wir sollten diese Stadt verlassen. Zu viele Dämonen streifen hier des Nachts umher, und weit und breit sind keine Kinder Splendors in Sicht, die mich ruhiger machen würden.«
Der Älteste begann schwer zu husten, ihn plagte dieses Problem schon seit einiger Zeit. Japsend rang er nach Luft, als er sich einen Stuhl heranzog, um Platz zu nehmen. Im selben Augenblick platzte der Hauptmann in den Kellerraum, dem es allem Anschein nach ziemlich unheimlich wurde, als alle Augen auf ihn fielen.
»Ich wollte nicht stören«, entschuldigte er sich nervös.
»Das tut Ihr aber, wenn ihr unaufgefordert unsere Räumlichkeiten betretet, was wollt Ihr?!«, fragte der Älteste immer noch schwer atmend.
»Wir werden in zwei Tagen die Stadt verlassen und ich wurde vom König beauftragt, dies allen Bewohnern Zitelias mitzuteilen.«
»Und wieso stört Ihr ausgerechnet jetzt? Obwohl keiner der Dreizehn Euch die Tür zum Tempel öffnete? Nur weil diese nicht verschlossen sind, bedeutet das nicht, dass Ihr außerhalb der Gebetszeiten erwünscht seid.«
»Zwölf, meint Ihr«, widersprach der Hauptmann vorsichtig. Erstaunen breitete sich in dem Raum aus. Einer der Obscuras stand auf und bot seinen Platz dem Hauptmann an. Der wagte nicht, das Angebot auszuschlagen, und setzte sich. Ungläubig hakte der Älteste nach: »Ihr wisst, dass einer von uns verschwunden ist?«
Morris nickte. »Ja, zusammen mit dem Gastwirt Xeroi. Ich weiß nicht, wohin sie aufbrachen, doch ich kann Euch zumindest zeigen, weshalb sie es taten.«
Er zog den Umschlag aus der Tasche seiner Jacke und übergab ihn dem Oberhaupt. Dieser las den Brief fassungslos.
»Das ist wahrlich nicht zu glauben«, meinte er, nachdem er das Schreiben zu Ende gelesen hatte. »Er zieht mit dem verbrannten Geschöpf los und setzt uns nicht darüber in Kenntnis, dass unser Tempel in Brand gesetzt werden soll?!«
Die Gelehrten wurden erneut lauter, zornig beklagten sie sich über diese Neuigkeit. Ein Meer aus Klagen flutete den Keller. Der Älteste ging kopfschüttelnd auf und ab.
Die Stimme des Hauptmannes kämpfte gegen den Lärm an. »Deshalb bitte ich Euch, Weisester, Euren Tempel aufzugeben und mit uns zu ziehen.«
Doch der Älteste hatte bereits andere Pläne und lehnte dies ab. Sie wollten nicht in solch großer Gemeinschaft reisen, erklärte er. Dies wäre für die Obscuras zu gefährlich, denn die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs auf sie wäre dadurch sehr viel höher. Ihm war es lieber, unauffällig aufzubrechen und er beschloss deshalb, noch in derselben Nacht die Stadt mit seinen Glaubensbrüdern zu verlassen. Dies teilte er auch dem Hauptmann mit. Morris musste diese Entscheidung wohl oder übel akzeptieren, auch wenn es ihm schwer fiel. Denn das Wissen der Gelehrten hätte ihm ohne jeden Zweifel sicherlich noch nützlich sein können. Der Älteste bat den Hauptmann, den
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