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Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)

Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)

Titel: Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Thomas
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ihm das angetan hatte. In den vielen zähen Stunden, die er in seinem Unterschlupf verbracht hatte, hatte er sich in allen Details ausgemalt, wie er Xeroi einsperren und ihm das Licht nehmen würde. Er sollte den Himmel und die Sonne ebenfalls vier Jahre lang nicht mehr sehen, hatte er beschlossen, und dann wollte er ihn in der Wüste Eriminas aussetzen. Wie würde der Sandari dann in der Wüste die Sonne verfluchen und nach Wasser brüllen! So wie Tachal nun lächelnd auf den verbrannten Tempel blickte, würde er schon bald dem sterbenden Sandari zusehen.
    »Meister?«, sprach ihn plötzlich einer seiner Wachen an.
    »Nicht jetzt! Ihr seht doch, dass ich diesen Augenblick genieße, also stört mich nicht!«, fuhr Tachal ihn zornig an.
    Der Ork brachte keinen Ton heraus. Aber er ging auch nicht, sondern blickte den Orkführer nur stumm an.
    »Was ist denn?«, gab Tachal schließlich genervt nach.
    »Es geht um …«
    »Mich«, ertönte plötzlich die Stimme Azurs aus der Dunkelheit, denn die Nacht war inzwischen über sie hereingebrochen. »Ich habe nach Euch gefragt.«
    Tachals Blick fiel kopfschüttelnd auf seinen Wachmann, dem er rau befahl, sie beide allein zu lassen. Dann blickte er zu dem schwachen Umriss, den Azur in der Dunkelheit bildete.
    »Ihr seid nicht sehr gesprächig, sondern wirkt eher nachdenklich, Tachal. Wieso habt Ihr unsere Stadt beschmutzt und den Tempel der Götter niedergebrannt?« Die Fragen verstummten in der Ferne, denn außer einem leichten Echo, das durch die Gassen der Stadt hallte, bekam der Dämon keine Antwort. Beinahe sah es so aus, als ob der Orkführer nicht zu wissen schien, was er sagen sollte.
    »Was haltet Ihr eigentlich in den Händen?«, fragte Azur neugierig.
    Ohne ein Wort zu äußern, trat Tachal an den Dämon heran. Er öffnete seine wuchtige Hand und ließ ihn einen Blick auf die Haarsträhnen werfen, die er seit dem Morgengrauen nicht mehr losgelassen hatte. Sie waren lang, schwarz und sanft gewellt. Azur erkannte sofort, wessen Haare der Ork in den Händen hielt. Er hatte ihre Haare oft im Mondlicht bewundert. Erschrocken blickte er den Orkführer an.
    »Sie gehören also ihr«, sagte dieser nickend, als würde er sich eine Frage beantworten, die er nur sich selbst gestellt hatte. »Ich habe es gewusst.«
    Azur versuchte nach den Strähnen zu greifen, doch Tachal schloss die Hand darüber wie den Deckel einer Truhe, in der ein Schatz verborgen lag. »Ich frage mich, was wohl passiert ist und wieso Ihr es getan habt.« Das siegreiche Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück und gespannt blickte er dem Dämon in die roten Augen.
    Azurs Mund fühlte sich trocken an und er brachte kein Wort heraus, das seine Tat hätte erklären können.
    »Habe ich mir schon gedacht, dass Ihr mir keine Antwort geben könnt. Den Schmerz zu erklären, den man erfahren hat, ist sinnlos, weil ihn niemand nachvollziehen kann. Deshalb habe ich auch die Kirche niedergebrannt. Wenn ich es Euch erklären würde, würdet Ihr es nicht verstehen. Jeder ist für seine Tat selbst verantwortlich, aber so absurd die Tat nach außen hin auch scheinen mag, steckt doch immer mehr dahinter als nur Wut, Dämon!«
    Mit diesen Worten warf er ihm die Haarsträhnen vor die Füße und kehrte ihm den Rücken zu. Durch die Dunkelheit donnerte der Ruf nach seinen Wachen. Mit den sich langsam entfernenden Schritten des Orkführers und seiner Untertanen zog auch der Nebel der Letifer davon. Azur hingegen stand noch lange wie versteinert vor dem Schuttplatz des Tempels.

DIE KINDER SPLENDORS
    Was war es, das sie in ihren Augen sah? Sie empfand eine gefühlvolle Tiefe, für die sie keine Worte fand. Es war nicht das Funkeln in ihnen, das sie sich zu erklären versuchte. Es schien kein Wort zu existieren, das die Seele, die ihr aus diesen Augen entgegen blickte, umschreiben konnte. Der Blick des Kindes Splendors strahlte solch tiefe Ruhe aus, wie sie es noch nie zuvor bei jemandem gesehen hatte. Immer wieder setzte sie die Feder auf das Pergament und versuchte, es zu umschreiben. Doch wie konnte man das in Worte fassen, wenn man in den Augen des Gegenübers nicht nur seine Seele sah, sondern das pure Leben? Diese Fülle, die einen glücklich machte? Das Gefühl der Schwerelosigkeit, das man plötzlich empfand? Wie hätte Königin Lordas dies umschreiben können? Aber sie wollte es unbedingt, damit sie sich für immer an diese engelsgleichen Wesen erinnerte.
    Ihr Wunsch war es auch, dies für diejenigen niederzuschreiben,

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