Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
öffnete. »Ist der Wirt noch da?«, fragte Xeroi so leise wie nur möglich, während er zum Bett hinüberschlich.
»Nein. Es ist nichts mehr zu hören«, entgegnete ihm Failon, der noch immer vor der Tür kauerte.
An Schlaf war jedoch trotzdem nicht mehr zu denken. Bei jedem Geräusch zuckten sie zusammen und spitzten die Ohren. Immer wachsam, ob nicht doch wieder irgendwo ein Wolfsgeheul zu vernehmen war. Doch sie hörten nichts dergleichen. Allmählich schien es ihnen, als hätte der Sandari nur schlecht geträumt. Als wäre seine Fantasie mit ihm durchgegangen. So ließ sich Xeroi irgendwann unter dem Fenster nieder und hoffte inbrünstig, noch einmal das Jaulen zu hören, das ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Einzig und allein aus dem Grund, dass Failon ihm Glauben schenken konnte, denn dieser schnaufte immer häufiger genervt vor sich hin, rückte von links nach rechts auf dem harten Holzboden, nicht wissend, wie er noch länger dort sitzen konnte.
»Ich hab es gehört«, beteuerte Xeroi plötzlich lauthals und durchbrach damit die Stille. Sein Freund nickte, und als hätte sie die Bestie in jenem Augenblick gehört, hallte auf einmal ein furchterregendes Geheul durch die Nacht.
HILFERUF
»Lasst uns gehen!«, flehte er. Der Mann kauerte auf Knien vor dem Orkführer. Sein dunkles Haar klebte an seiner blutverschmierten Stirn. Schweiß rann ihm übers Gesicht. In seinen Augen erkannte man die Panik, die in ihm tobte. Sein Leben würde gleich vorbei sein, so wusste er, dennoch wiederholte er immer wieder diese drei Worte. Ruhig, fast flüsternd, in der Hoffnung, verschont zu werden.
Hinter ihm standen noch mindestens ein Dutzend Männer und Frauen, ebenso wie er vom Kampf gegen den Angriff der Orks gezeichnet. Sie sahen erschöpft aus. Den Mut, sich aufzulehnen, hatten sie verloren. Ihre Augen folgten müde den Bewegungen des Mannes, der um ihr aller Leben flehte.
Seine Augen füllten sich mit Tränen. Er schniefte und schluchzte, doch die Miene Tachals blieb unbewegt. Der Führer hatte nicht vor, jemanden zu verschonen. Mit einem Kopfnicken gab er seinen Untergebenen den Befehl. Die Orks gingen brutal zu Werk. Sie töteten alle aus der Gruppe, nur wenige von ihnen starben schnell, der Großteil der Gefangenen erlitt einen qualvollen Tod. Nur der Mann, der um Gnade gefleht hatte, war noch am Leben. Tachal beschloss, sich selbst um ihn zu kümmern. Der Orkführer sprach kein Wort, nur an seinem Blick erahnte der Fremde, welch Grausamkeiten er mit ihm vorhatte. Die Klinge eines kleinen Messers glitt an den Wangen des Mannes auf und ab. Nur ganz sanft, um ihn nicht zu verletzen. Tachal wollte ihm damit Angst machen, ihn vorbereiten auf den Schmerz, der gleich kommen sollte. Erst nachdem er einige Zeit mit der Klinge gespielt hatte, griff er fest nach dem Nacken des Mannes. Dieser schrie so laut er konnte. Jeder Muskel seines Körpers war vor Angst angespannt. Er begriff, was der Orkführer vorhatte, als dieser das Messer langsam zum Mund seines Opfers führte. Noch bevor Tachal die Klinge ansetzen konnte, kniff der Mann die Augen zusammen, ballte die Fäuste und dachte an eine bessere Welt. Eine Welt wie Cataneo sie noch vor kurzer Zeit gewesen war. Friedvoll, still, so wie der Tod, der auf ihn wartete und ihm den Frieden bringen würde, den er in jenem Augenblick vermisste, als das Messer sich in seine Zunge schnitt. Schmerzen, unendliche Schmerzen erfüllten ihn, bevor sich alles verdunkelte und er spürte wie seine Beine unter ihm nachgaben.
Sie waren schneller als der Wind gewesen und hatten eine weite Reise hinter sich. Die Erschöpfung nagte an ihnen, doch als am Horizont das Heim der Königin Lordas auftauchte, fiel diese rasch von ihnen ab. Sie hatten in wenigen Tagen das geschafft, wofür andere viele Tage und Nächte brauchten. Eine Reise quer durchs ganze Land, in der sie kaum geschlafen, gegessen oder getrunken hatten. Die Nachricht, die sie der Königin überbringen sollten, verhieß nichts Gutes, doch hofften sie auf Lordas Hilfe. Sie würde die anderen Königreiche sicher unterstützen, denn sie wusste bereits, was Cataneo für ein Schicksal drohte. Die Königin würde dieselben Ängste teilen wie jeder andere, der begriffen hatte, dass die Legenden eines Götterkrieges wahr zu werden drohten. Ein Blick gen Himmel hatten weder Annoth noch Morris werfen wollen, dennoch mussten sie hin und wieder nach dem Stand von Splendors Mond schauen, um sich zu vergewissern, wie viel Zeit ihnen noch
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