Cataneo - Der Weg Splendors (German Edition)
dunklen Raumes. Horchte auf die Stille. Ihre Finger fuhren über die Haut ihrer bloßen Beine. Gänsehaut. Ein ihr unbekanntes Frösteln zog durch ihre Glieder. Es lag ein Geruch in der Luft. Ein Duft, der sie anwiderte. Sie versuchte, ihn zuzuordnen. Rümpfte ihre zarte Nase. Indyrah schloss die Augen. Was war es? Sie fühlte sich leer. Wie ein Gefäß, dessen ganzer Inhalt verschüttet worden war. Etwas war ihr entglitten. Die Überzeugung. Die, für die sie hierher geschickt worden war. Nun erkannte sie es. Ihre Augen öffneten sich. Sie roch das Blut der Opfer. Ein Geruch, der ihr unerträglich war. Wieder fuhr ihr ein Schauer über den Rücken. Tränen stiegen ihr in die Augen. Tränen, die sie nicht zurückhalten konnte. Ihre Kraft war aufgebraucht. Den ganzen Tag hatte sie im Keller des Hauses verbracht. Im Schutz der Dunkelheit versuchte sie zu schlafen. Sie konnte es nicht. Die Bilder, die in ihrem Kopf zu einer schrecklichen Erkenntnis führten, hielten sie vom Schlaf ab. Es war Mord gewesen. Kein Akt der Befreiung. Sie erhielt nichts dafür. Der Kampf war unnütz, sie würde niemals die Sonnenstrahlen spüren können. Sie würde nur jeden anderen in diesen Fluch mit hineinziehen. Gefangen in einer Welt aus Schwarz und Weiß. Verflucht zu leiden. Geboren, um geknechtet zu sein. Um ein Dasein zu fristen, in dem man Folge leisten musste. Keine Widerworte, keine Freiheit. Im Denken und Handeln nicht mal berechtigt, irgendetwas selbst zu entscheiden. Sie ertrug all dies nicht. Mit jeder Nacht und jedem dieser Gedanken schüttete sie ihr Innerstes aus. Den Wunsch, hinter all diesen Morden stehen zu können. Das Gefühl, dazu berufen zu sein, die Welt zu strafen. Doch in ihr verlor sich diese Gier nach Rache immer mehr. Sie war eigentlich eine Kreatur der Vernichtung. Von der Natur erschaffen, um zu töten. Wie konnte sie es nur wagen zu weinen?
Zitternd wischte sie sich immer wieder die nicht versiegenden Tränen von den Wangen. Indyrah hatte nicht den Mut hinauszugehen. Ihre Männer warteten auf sie. Sie wollten weiterziehen. Das nächste Dorf angreifen. Vorankommen. Töten. Doch dies war ihr unmöglich geworden. Die Schreie der Opfer hallten immer noch in ihrem Kopf. Sie konnte die Kinder immer noch weinen hören. Als wären sie noch da. In diesem Haus. Ihre Finger waren nass, sie roch das Salz ihrer Tränen. Die Dämonin konnte sich nicht zusammenreißen. Immer wieder versuchte sie, aufzustehen, die fremde Macht zu verdrängen, die sie beherrschte. Sie wollte am liebsten fliehen vor ihrem Schicksal. Sich verkriechen, um weder für sich, noch für andere weiter eine Gefahr darzustellen. Doch wohin sollte sie schon gehen? Ihre Brüder und Schwestern waren überall und Vortex würde sicher längst wissen, was in ihrem Kopf vorging. Die Angst vor einer Bestrafung überfiel sie. Was, wenn auch sie verflucht werden würde? Eine verfluchte Letifer? Sklavin der scheußlichen Orks? Aber vielleicht war selbst das besser, als die Bürde, die auf ihr lastete, so dachte sie. Und dennoch fehlte ihr die Kraft wegzugehen. Da war diese Leere in ihr. Sie hielt sie ab. Keine Überzeugungen und keine Hoffnungen mehr. Ihren einzigen Verbündeten hatte sie verloren. Azur hätte ihre Gedanken vielleicht teilen können. Er schien anders zu sein. Wie sie. Sie vermisste ihn. Er fehlte ihr in diesem Augenblick. Zumindest ein gutes Gespräch mit ihm, oder nur ein aufmunternder Blick hätte ihr geholfen. Doch er war nicht hier und sie ohne ihn scheinbar nicht in der Lage, noch mehr zu verkraften. Dabei hatte es noch nicht mal richtig angefangen. Das Blutvergießen, für das sie hergeschickt worden war. Wo sollte sie nur die Kraft hernehmen, ihrer Aufgabe zu folgen?
Von draußen vernahm sie die Rufe ihrer Männer. Sie schienen unruhig zu werden. Gern hätte sie zurückgerufen, dass sie sich noch gedulden sollten, doch ihre Stimme war zu schwach. Indyrah räusperte sich. Ein letztes Mal wischte sie sich ihre Tränen von den mittlerweile nasskalten Wangen. Nur noch dieses Dorf, sagte sie sich. Nur noch dieses eine Mal. Dann stand sie auf und trat schweren Herzens die paar Schritte zur Tür.
DER KAMPF BEGINNT
Äste brachen. Holz knackte und Blätter raschelten. Morris zog vorsichtig sein Schwert aus der Scheide und bedeutete seinem König, ruhig zu sein. Etwas kam näher. Dann erkannte der Hauptmann einen Schatten, der sich durch das Gestrüpp kämpfte. Morris machte sich bereit, mit dem Schwert auszuholen. Sein Atem ging schneller. Der
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