Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
Vom Netzwerk:
hier.« Milo sah den Colonel tadelnd an und machte sich dann wieder an seine Arbeit. »Sehr gut, Leute, sehr ordentlich«, sang er ins Mikrophon. »Ich sehe aber noch eine Halle stehen. So geht das nicht, Purvis, — ich habe Sie oft genug wegen Ihrer Schlamperei zur Rede gestellt. Also noch einmal zurück und das ganze von vorn. Und diesmal langsam, ... langsam, wenn ich bitten darf. Eile mit Weile, Purvis, Eile mit Weile.
    Ich habe Ihnen das hundertmal ans Herz gelegt, Purvis, Eile mit Weile.«
    Jetzt quäkte es aus dem Lautsprecher: »Milo, hier spricht Alvin Brown. Ich habe meine Bomben geworfen. Was soll ich jetzt machen?«
    »Beschießen Sie den Geschwaderbereich im Tiefflug mit Bordwaffen.«
    »Was???« Alvin Brown war entsetzt.
    »Wir haben keine Wahl«, bedeutete Milo ihm ergeben, »es steht so im Vertrag.«
    »Ah, so«, fügte sich Alvin Brown. »Na, dann wollen wir mal.«
    Diesmal war Milo zu weit gegangen. Die eigenen Besatzungen und Maschinen zu bombardieren, war mehr als der phlegmatischste Zuschauer verdauen konnte, und es sah so aus, als sei es mit Milo zu Ende. Hohe Regierungsbeamte eilten in Schwärmen herbei, um eine Untersuchung anzustellen. Zeitungen stürzten sich mit grellen Schlagzeilen auf Milo, Abgeordnete verurteilten mit Stentorstimmen diese Untat und verlangten aufgebracht seine Bestrafung. Mütter, deren Kinder beim Militär dienten, bildeten militante Gruppen und forderten Rache. Keine Stimme erhob sich zu seiner Verteidigung. Überall in der Welt fühlten sich die anständigen Menschen vor den Kopf gestoßen, und kein Hund wollte ein Stück Brot von Milo nehmen, bis er endlich seine Geschäftsbücher auflegte und der Allgemeinheit kundtat, welch ungeheuerlichen Gewinn er gemacht hatte. Von diesen Einnahmen vermochte er nicht nur dem Staat für die vernichteten Menschen und Geräte Ersatz zu leisten, sondern er hatte auch noch genug Geld übrig, um weitere ägyptische Baumwolle zu kaufen. Selbstverständlich hatte jeder seinen Anteil. Und das Schönste an der Sache war, daß es ganz unnötig war, den Staat zu entschädigen.
    »In einer Demokratie«, erläuterte Milo, »ist die Regierung das Volk. Das Volk aber sind wir, und da können wir ebensowohl das Geld gleich behalten und den Mittelsmann ausschalten. Offen gestanden wäre es mir das liebste, der Staat würde endlich zu Gunsten der Privatwirtschaft ganz und gar aus dem Krieg ausscheiden. Zahlen wir dem Staat alles, was wir ihm schulden, so ermuntern wir ihn zu weiteren Kontrollmaßnahmen, und dann wird anderen Individuen die Lust vergehen, die eigenen Leute und Flugzeuge zu bombardieren. Man würde ihnen damit jeden Anreiz nehmen.«
    Milo hatte selbstverständlich recht, darüber waren sich sehr bald alle einig, ausgenommen einige wenige verbitterte Außenseiter wie Doc Daneeka, der rechthaberisch schmollte und beleidigende Anspielungen machte, die auf die Moral des ganzen Unternehmens zielten, bis Milo ihn beschwichtigte, indem er ihm im Namen des Syndikates einen zusammenlegbaren Gartenstuhl aus Aluminium stiftete, den Doc Daneeka bequem zusammenklappen und nach draußen tragen konnte, sobald Häuptling White Halfoat ins Zelt kam, beziehungsweise ins Zelt tragen konnte, sobald Häuptling White Halfoat hinausging. Doc Daneeka hatte während Milos Bombardement den Kopf verloren; statt volle Deckung zu nehmen, war er im Freien geblieben und hatte seine Pflicht erfüllt, indem er wie eine schlaue, verstohlene Eidechse durch Bombensplitter, Bordwaffenbeschuß und Phosphorbomben von einem Verwundeten zum nächsten gekrochen war, mit finsterem, kummervollem Gesicht Verbände angelegt, Morphium und Sulfonamid verteilt und Knochen geschient hatte, wobei er kein unnötiges Wort sprach, weil er in jeder bläulich anlaufenden Wunde ein drohendes Vorzeichen seiner eigenen Vergänglichkeit erblickte. Er hatte sich bis zur völligen Erschöpfung verausgabt, noch ehe die lange Nacht vorbei war, und litt am nächsten Morgen an leichtem Schnupfen, was ihn veranlaßte, nörgelnd ins Krankenzelt zu eilen, sich von GUS und Wes das Fieber messen, ein Senfpflaster und einen Zerstäuber geben zu lassen.
    In jener Nacht behandelte Doc Daneeka jeden stöhnenden Verwundeten mit der gleichen düsteren, tiefen Trauer, die er am Tag des Angriffes auf Avignon auf dem Flugplatz zeigte, als Yossarián die wenigen Stufen aus seiner Maschine nackend und.
    in einem Zustand tiefsten Schocks herabkletterte, Reste von Snowden freigebig über Füße, Zehen, Knie, Arme

Weitere Kostenlose Bücher