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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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seine bleiche, zuckende Nase. »Die Deutschen halten die Brücke, und wir hätten sie früher oder später bombardiert. Das hat nichts mit mir zu tun. Ich habe nur eine Gelegenheit erspäht, aus dieser Sache Profit zu schlagen, und da habe ich sie eben beim Schopf ergriffen. Was ist daran so schrecklich?«
    »Was daran so schrecklich ist? Milo: ein Mann aus meinem Zelt ist dabei ums Leben gekommen, ehe er noch Zeit hatte, seine Sachen auszupacken.«
    »Ich habe ihn nicht umgebracht.«
    »Du hast für seinen Tod eine Prämie von eintausend Dollar kassiert.«
    »Aber ich habe ihn nicht umgebracht! Ich war ja nicht einmal dort! Ich war in Barcelona, um Olivenöl und Sardinen zu kaufen, und ich kann dir das anhand meines Auftragsbuches beweisen. Und die tausend Dollar habe nicht ich bekommen, diese tausend Dollar sind dem Syndikat zugeflossen, und jeder hat einen Anteil, sogar du.« Milo flehte Yossarián aus tiefster Seele an: »Begreif doch nur, Yossarián, ich habe diesen Krieg nicht angefangen, da mag der elende Wintergreen behaupten, was er will.
    Ich versuche nur, den Krieg auf eine gesunde Geschäftsgrundlage zu stellen. Ist denn das etwa verkehrt? Tausend Dollar ist übrigens gar kein schlechter Preis für einen mittelschweren Bomber plus Besatzung. Und warum soll ich von den Deutschen nicht tausend Dollar für jede Maschine kassieren, die sie abschießen, wenn ich sie dazu überreden kann?«
    »Weil das Schiebungen mit dem Feind sind, deshalb. Begreifst du gar nicht, daß wir Krieg führen? Daß Menschen dabei zugrunde gehen? Sieh dich doch mal um!«
    Milo schüttelte erschöpft, aber immer noch nachsichtig das Haupt.
    »Und die Deutschen sind nicht unsere Feinde«, erklärte er weiter.
    »Oh, ich weiß schon, was du sagen willst. Richtig, wir führen Krieg gegen sie. Doch die Deutschen sind außerdem angesehene Mitglieder des Syndikates, und es ist meine Pflicht, ihre Rechte als Teilhaber zu wahren. Es mag ja sein, daß sie den Krieg angefangen haben, und es mag auch sein, daß sie Menschen millionenweise ermorden, doch zahlen sie ihre Rechnungen sehr viel prompter als etliche unserer Alliierten, deren Namen ich nicht nennen will. Begreifst du nicht, daß ich einen Vertrag mit Deutschland habe, und daß Verträge heilig sind? Kannst du es nicht mal von meinem Standpunkt aus sehen?«
    »Nein«, wies ihn Yossarián schroff ab.
    Milo war gekränkt und machte keinen Versuch, zu verbergen, daß seine Gefühle verletzt waren. Es war eine feuchte, mondhelle, von Mücken, Käfern und Motten belebte Nacht. Milo hob plötzlich den Arm und zeigte auf das Freilufttheater, wo der milcherne, staubdurchtanzte Lichtkegel aus dem Projektor hervorbrach, die ziehenden Schwaden der Schwärze durchschnitt und einen fluoreszierenden Lichtschleier über die Zuschauer warf, die wie hypnotisiert in ihren Stühlen hingen,- die Gesichter aufwärts, der versilberten Leinwand zugewandt. Tränen der Aufrichtigkeit traten in Milos Augen, und sein argloses, unverderbtes Gesicht glänzte von einer Mischung aus Schweiß und Mückensalbe.
    »Sieh doch nur«, rief er halb erstickt von Rührung, »da sitzen meine Freunde, meine Landsleute, meine Waffenkameraden. Nie hat jemand bessere Freunde gehabt. Glaubst du wirklich, daß ich ihnen auch nur ein Haar krümmen würde, wenn es nicht sein muß? Habe ich nicht gerade genug Sorgen? Merkst du denn gar nicht, wie mir der Gedanke an all die Baumwolle zu schaffen macht, die sich in den Häfen Ägyptens stapelt?« Milos Stimme brach, und er packte Yossarián bei der Hemdbrust, als sei er im Begriff zu ertrinken. In seinen Augen zuckte es deutlich wahrnehmbar wie von braunen Raupen. »Was soll ich nur mit all der Baumwolle anfangen, Yossarián? Und du bist schuld daran, denn du hast mich nicht gehindert, sie zu kaufen.«
    Baumwolle häufte sich in den Häfen Ägyptens, und niemand wollte sie haben. Milo hatte sich nicht träumen lassen, daß das Tal des Nils so fruchtbar sein und daß es für eine von ihm aufgekaufte Ernte keinen Markt geben könne. Die zum Syndikat gehörenden Messen wollten nicht helfen; sie widersetzten sich rebellisch seinem Vorschlag einer anteiligen Abnahme, was doch jedem Mann ermöglicht hätte, selbst einen Anteil an der ägyptischen Baumwollernte zu besitzen. Selbst seine zuverlässigsten Freunde, die Deutschen, ließen ihn in dieser Krise im Stich: sie zogen Baumwollersatz vor. Milos Messen wollten ihm nicht einmal bei der Lagerung der Baumwolle behilflich sein, und seine

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