Catch 22
bereits doppelt weiß übermalt und die Inschrift M & M Feinste Kolonialwaren und Delikatessen angebracht hatten. Er hatte vor ihren sehenden Augen sein Syndikat in ein internationales Kartell verwandelt.
Milos mächtige Kauffahrteischiffe bevölkerten nunmehr die Lüfte. Maschinen brausten heran aus Norwegen, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Österreich, Italien, Jugoslawien, Rumänien, Bulgarien, Schweden, Finnland, Polen — kurz aus ganz Europa, ausgenommen Rußland, mit dem Handelsbeziehungen aufzunehmen Milo sich strikt weigerte. Als alle Anwärter M& M feine Kolonialwaren und Delikatessen beigetreten waren, gründete Milo eine eigene Tochterfirma, M & M Feingebäck, und ließ sich weitere Maschinen und noch mehr Geld zur Verfügung stellen, um scones und crumpets aus England, Käsekuchen aus Kopenhagen, eclairs, Sahneröllchen, napoleons und petit fours aus Paris, Reims und Grenoble, Mohrenköpfe, Pfefferkuchen und Pumpernickel aus Berlin, Linzer und Dobostorten aus Wien, Strudel aus Ungarn und baklava aus Ankara heranzuschaffen.
Jeden Morgen ließ Milo über Europa und Nordafrika Maschinen aufsteigen, die auf langen Spruchbändern Reklame für die Spezialitäten des Tages machten: »Eier! Dtzd. 79 Cent...«. »Seefisch, 21 Cent.« Er erhöhte die Einnahmen des Syndikates, indem er für Hundekuchen und Läusepulver warb. Als guter Mitbürger stellte er General Peckem regelmäßig eine gewisse Menge Reklamezeit gratis zur Verfügung, der darin solche dem Gemeinwohl dienende Botschaften verbreitete wie: Auf Genauigkeit kommt es an, Eile mit Weile und Wo Eltern mit den Kindern beten, geht selten eine Ehe flöten. Um den Umsatz zu steigern, kaufte Milo Werbefunkminuten in den täglichen Hetzsendungen von Axis Sally und Lord Haw Haw aus Berlin. Das Geschäft blühte an allen Fronten.
Milos Maschinen wurden ein vertrauter Anblick. Sie hatten überallhin freien Zugang, und eines Tages übernahm Milo von den amerikanischen Militärbehörden den Auftrag, die von den Deutschen gehaltene Straßenbrücke bei Orvieto zu bombardieren, während er sich gleichzeitig von den Deutschen beauftragen ließ, die Straßenbrücke bei Orvieto mit Flak gegen seinen eigenen Angriff zu schützen. Er forderte von Amerika für den Angriff auf die Brücke Ersatz der Kosten plus sechs Prozent, und von Deutschland für den Schutz der Brücke ebenfalls Ersatz der Kosten plus sechs Prozent, dazu jedoch für jede abgeschossene amerikanische Maschine eine Prämie von Dollar Eintausend. Der Abschluß dieser beiden Verträge, so betonte Milo, bedeute einen wichtigen Sieg für die Privatwirtschaft, denn die Armeen beider Länder seien immerhin sozialisierte Institutionen. Nachdem die Verträge unterzeichnet waren, zögerte Milo, die Hilfsmittel des Syndikates einzusetzen, um die Brücke zu bombardieren und zu verteidigen, und dies um so mehr, als ja beide Regierungen Material und Menschen in ausreichender Menge an Ort und Stelle für diesen Zweck zur Verfügung hielten. Sie liehen beides mit dem größten Vergnügen her, und am Ende erzielte Milo aus diesem Unternehmen einen Riesengewinn, für den er nichts weiter hatte tun müssen, als zweimal seinen Namen zu schreiben.
Die von ihm getroffenen Anstalten berücksichtigten beide Parteien gleichmäßig. Da Milo überallhin freien Zugang hatte, gelang es ihm, seine Maschinen zu einem Überraschungsangriff auf die Brücke anzusetzen, ohne daß die deutschen Kanoniere Wind von der Sache bekamen; da Milo aber von diesem Überraschungsangriff wußte, war er in der Lage, die deutschen Kanoniere so rechtzeitig zu alarmieren, daß sie genau in dem Augenblick gezieltes Feuer eröffnen konnten, als die Bomber in den Feuerbereich der Geschütze einflogen. Das war für alle Beteiligten eine wunderbare Lösung, ausgenommen den toten Mann in Yossariáns Zelt, der am Tage seiner Ankunft über dem Ziel getötet worden war.
»Ich habe ihn doch nicht umgebracht!« entgegnete Milo immer wieder verbissen auf Yossariáns wütende Vorwürfe. »Ich war an jenem Tage nicht einmal dort. Oder glaubst du etwa, ich hätte als Richtschütze an einer Flak gestanden und auf die anfliegenden Maschinen geschossen?«
»Aber du hast die ganze Sache organisiert, oder etwa nicht?«
schrie Yossarián ihn durch die samtene Dunkelheit an, die den Pfad einhüllte, der an den reglos stehenden Fahrzeugen des Motor Pool vorbei zum Freiluftkino führte.
»Nichts habe ich organisiert«, sagte Milo empört und schnaufte entrüstet durch
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