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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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für jemand anderen ausgeben? Ich schätze Sie gar nicht, Fortiori. Ist Ihnen das klar? Ich kann Sie nicht ausstehen.«
    Yossarián fühlte, wie ein feuchter, angsterregender Luftzug über ihn wegstrich. »Ich heiße nicht Fortiori, Sir«, sagte er schüchtern, »ich heiße Yossarián.«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich heiße Yossarián, Sir und bin einer Beinverwundung wegen im Lazarett.«
    »Sie heißen Fortiori«, widersprach Stabsarzt Sanderson streitsüchtig, »und Sie sind hier, weil Sie Steine in der Speicheldrüse haben.«
    »Nun reicht es aber!« explodierte Yossarián. »Schließlich muß ich wohl wissen, wer ich bin.«
    »Und ich habe hier Ihre Personalunterlagen, die das beweisen«, erwiderte Stabsarzt Sanderson. »Nehmen Sie sich zusammen, ehe es zu spät ist. Erst wollen Sie Dunbar sein, jetzt spielen Sie Yossarián. Nächstens werden Sie noch behaupten, Sie seien Washington Irving. Wissen Sie, was Ihnen fehlt? Sie leiden unter einer Persönlichkeitsspaltung. So.«
    »Vielleicht haben Sie recht, Sir«, stimmte Yossarián zu.
    »Ich weiß, daß ich recht habe. Sie haben einen schweren Verfolgungswahn. Sie glauben, daß man Ihnen schaden will.«
    »Man will mir auch schaden.«
    »Da. Sehen Sie? Sie haben keine Achtung vor dem Mißbrauch von Autorität und vor veralteten Traditionen. Sie sind gemeingefährlich und verkommen. Sie gehören hinausgeführt und erschossen!«
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Sie sind ein Volksfeind!«
    »Sind Sie irre?« brüllte Yossarián.
    »Nein, ich bin nicht irre«, brüllte Dobbs auf der Station und glaubte fest, er flüstere verstohlen. »Hungry Joe hat sie doch gesehen! Gestern, als er nach Neapel flog, um für Colonel Cathcarts Landhaus auf dem Schwarzen Markt eine Klimaanlage zu kaufen, hat er mit eigenen Augen das Sammellager gesehen, in dem Hunderte von Piloten, Bordschützen und Bombenschützen auf den Rücktransport in die Heimat warten. Und keiner hat mehr als fünfundvierzig Feindflüge, Verwundete haben sogar weniger. Die anderen Geschwader bekommen täglich Ersatz aus den Staaten. Das Kriegsministerium will, daß jeder wenigstens einmal nach Übersee kommt, auch das Verwaltungspersonal.
    Lest ihr denn keine Zeitung? Wir müssen ihn umbringen! Jetzt!«
    »Du hast doch nur noch zwei Flüge zu machen«, redete ihm Yossarián leise zu. »Warum willst du dich da einer solchen Gefahr aussetzen?«
    »Es kann mich ja auch bei einem der beiden letzten Flüge erwischen«, erwiderte Dobbs zänkisch mit seiner rauhen, quengelnden, überschnappenden Stimme. »Wir können ihn gleich morgen vor dem Frühstück umlegen, wenn er von seinem Landhaus zurückkommt. Ich habe die Pistole hier bei mir.«
    Yossarián traten vor Staunen die Augen aus den Höhlen, als er sah, wie Dobbs eine Pistole aus der Tasche zog.
    »Bist du irre?« zischte er rasend vor Zorn. »Steck das Ding weg und brüll gefälligst nicht wie ein Idiot!«
    »Wozu machst du dir Sorgen?« sagte Dobbs, ganz die beleidigte Unschuld. »Es kann uns doch keiner hören.«
    »He, ihr da, nicht so laut. Wir wollen schlafen«, ertönte eine Stimme vom anderen Ende der Station.
    »Willst du mit mir anbinden, Großmaul?« schrie Dobbs zurück und ballte kampfbereit die Fäuste. Dann wandte er sich wieder zu Yossarián, nieste jedoch donnernd sechsmal, ehe er sprechen konnte. Dabei geriet er jedesmal ins Taumeln und hob vergeblich die Ellenbogen, um den Ansturm abzuwehren. Die Lider seiner wässerigen Augen waren entzündet und geschwollen. »Für wen hält sich der Kerl«, fragte er dann kampfbereit schniefend und fuhr mit dem kräftigen Handrücken unter der Nase durch, »für einen Polizisten?«
    »Das war ein CID-Mensch«, unterrichtete Yossarián ihn gefaßt.
    »Wir haben jetzt bereits drei hier, und es sind noch mehr auf dem Anmarsch. Hab nur keine Angst. Sie sind hinter einem Fälscher namens Washington Irving her. Mörder interessieren sie nicht.«
    »Mörder?« Dobbs war gekränkt. »Warum nennst du uns Mörder? Bloß weil wir Colonel Cathcart ermorden wollen?«
    »Sei doch leise, du Verrückter«, zischte Yossarián. »Kannst du denn nicht flüstern?«
    »Ich flüstere ja ...«
    »Du brüllst immer noch.«
    »Nein, ich brülle nicht, ich ...«
    »He, haltet endlich das Maul da«, begannen jetzt zahlreiche Patienten Dobbs zuzuschreien.
    »Kommt nur alle her, wenn ihr Schneid habt!« kreischte Dobbs zurück und stellte sich, wild mit der Pistole herumfuchtelnd, auf einen gebrechlichen Stuhl. Yossarián packte ihn am Arm und

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