Catch 22
denn er hatte beschlossen, hier und jetzt zu prüfen, wie sich sein neuer Colonel im Feuer bewähren würde. »Seien Sie kein Esel, Schittkopp. Man darf alles tun, was nicht durch ein Gesetz untersagt ist, und kein Gesetz verbietet es, Sie zu belügen. Und stehlen Sie mir nie wieder meine Zeit mit so sentimentalem Gewäsch, verstanden?«
»Jawohl, Sir«, murmelte Colonel Schittkopp.
Es war ergreifend, zu sehen, wie Colonel Schittkopp dahinwelkte, und General Peckem segnete das Schicksal, das ihm einen Schwächling als Untergebenen beschert hatte. Ein schneidiger Mann wäre unvorstellbar gewesen. Da er gesiegt hatte, bewies General Peckem Milde. Er fand keinen Spaß daran, seine Leute zu demütigen.
»Wenn Ihre Frau eine Luftwaffenhelferin wäre, könnte ich sie vermutlich anfordern. Mehr aber auch nicht.«
»Meine Frau hat eine Freundin, die Luftwaffenhelferin ist«, bot Colonel Schittkopp hoffnungsfroh an.
»Ich fürchte, das reicht nicht. Veranlassen Sie, daß Ihre Frau in die Luftwaffe eintritt, wenn sie dazu Lust hat, und dann lasse ich sie hierher versetzen. Inzwischen jedoch, mein lieber Colonel, erlauben Sie, daß wir uns wieder unserem kleinen Krieg zuwenden. Ich umreiße Ihnen kurz die militärische Situation, der wir uns gegenübersehen.« General Peckem erhob sich und schritt zu einem drehbaren Kartenständer voll riesiger, bunter Landkarten.
Colonel Schittkopp erbleichte. »Wir müssen doch nicht etwa an die Front?« sprudelte er entsetzt hervor.
»O nein, selbstverständlich nicht«, versicherte ihm General Peckem beruhigend und lachte umgänglich. »Ein bißchen Vertrauen müssen Sie schon zu mir haben. Deshalb sind wir übrigens auch noch in Rom. Selbstverständlich würde ich auch gerne in Florenz sein, wo ich dem Exgefreiten Wintergreen näher wäre, doch liegt Florenz für meinen Geschmack etwas zu dicht an der Front.«
General Peckem ergriff einen Zeigestock und schwenkte die Gummispitze heiter über Italien, von einer Küste zur anderen. »Hier, Schittkopp, sind die Deutschen. Sie haben sich sehr geschickt hier in diesen Bergen in der Gotenlinie verschanzt, und vor dem späten Frühjahr wird man sie nicht hinauswerfen können, obwohl das natürlich die Tölpel, die unsere Operationen leiten, nicht daran hindern wird, es schon vorher zu versuchen. Immerhin haben wir von der Truppenbetreuung dadurch beinahe neun Monate Zeit, um unser Ziel zu erreichen. Dieses Ziel heißt: Eroberung jedes einzelnen Bombergeschwaders der Luftwaffe der Vereinigten Staaten. Denn was soll man letzten Endes«, sagte General Peckem mit leisem, wohlklingendem Lachen, »als Truppenbetreuung bezeichnen, wenn nicht die Bombardierung des Feindes?
Finden Sie nicht auch?« Colonel Schittkopp ließ sich nicht anmerken, daß er das auch fand, doch General Peckem war bereits zu sehr von seiner eigenen Beredsamkeit gefesselt, um das zu registrieren. »Unsere augenblickliche Lage ist hervorragend. Verstärkungen wie Sie treffen ein, und wir haben reichlich Zeit, unsere Strategie sorgfältig auszudenken. Das unmittelbare Ziel«, sagte er, »ist hier.« General Peckem deutete mit dem Zeigestock nach Süden auf die Insel Pianosa und klopfte vielsagend auf ein Wort, das in Großbuchstaben mit schwarzem Fettstift auf die Karte geschrieben war. Das Wort lautete Dreedlel Colonel Schittkopp näherte sich blinzelnd der Karte, und zum ersten Mal, seit er das Zimmer betreten hatte, flackerte Verständnis in seinen Augen und beleuchtete schwach sein törichtes Gesicht. »Ich glaube, ich begreife«, sagte er. »Jawohl, jetzt verstehe ich es. Unsere erste Aufgabe ist es, dem Feind Dreedle zu entreißen. Habe ich recht?«
General Peckem lachte wohlwollend. »Nein, Schittkopp. Dreedle ist auf unserer Seite, und Dreedle ist der Feind. General Dreedle ist der Chef von vier Bombergeschwadern, die wir unbedingt in die Hand bekommen müssen, wenn wir unsere Offensive fortsetzen wollen. Die Eroberung von General Dreedle wird uns die Flugzeuge und die lebenswichtigen Basen einbringen, die wir benötigen, um unsere Operationen auf andere Gebiete auszudehnen. Dieser Kampf ist übrigens fast gewonnen.« General Peckem schritt zum Fenster, lachte noch einmal still und lehnte sich dann, die Arme vor der Brust verschränkt gegen die Fensterbank, höchst zufrieden mit seinem esprit und seiner weltweisen, blasierten Unverschämtheit. Daß er die Worte so geschickt zu setzen wußte, verursachte ihm einen Kitzel des Entzückens. General Peckem hörte sich
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