Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
Vom Netzwerk:
beobachtete ihn erregt und mit einer Mischung von Ehrfurcht und Unterwürfigkeit. »Nach ein paar Tagen haben die Deutschen die Straße doch wieder frei gemacht.«
    Major Danby versuchte, einem Streit auszuweichen. »Nun, offenbar verspricht sich das Hauptquartier etwas davon«, erwiderte er beschwichtigend. »Deshalb hat man wahrscheinlich diesen Einsatz befohlen.«
    »Ist die Dorfbevölkerung gewarnt?« fragte McWatt.
    Major Danby stellte niedergeschlagen fest, daß auch McWatt sich widerspenstig zeigte. »Nein, ich glaube nicht.«
    »Wir haben nicht einmal Flugblätter abgeworfen und ihnen gesagt, daß wir das nächste Mal kommen, um sie zu bombardieren?« fragte Yossarián. »Kann man ihnen denn nicht Bescheid sagen, damit sie aus dem Wege gehen?«
    »Nein, ich glaube nicht.« Major Danby schwitzte stärker und ließ die Augen unsicher umherwandern. »Das könnte den Deutschen bekannt werden, und sie würden eine andere Straße nehmen. Im übrigen weiß ich über diese Sache nicht genau Bescheid, ich stelle nur Vermutungen an.«
    »Die Leute werden ja nicht mal in den Keller gehen«, widersprach Dunbar erbittert. »Wenn sie unsere Maschinen kommen sehen, laufen sie allesamt auf die Straße, um zu winken, Kinder, Hunde und Greise. Herr im Himmel! Warum können wir sie denn nicht in Frieden lassen!«
    »Warum können wir die Straßensperre nicht woanders machen?«
    fragte McWatt. »Warum gerade dort?«
    »Was weiß ich«, sagte Major Danby unglücklich. »Was weiß ich.
    Wir müssen Vertrauen in die Männer über uns setzen, die uns Befehle geben. Die wissen doch, was sie tun.«
    »Einen Dreck wissen sie«, sagte Dunbar.
    »Was ist denn los?« erkundigte sich Colonel Korn und durchschritt lässig in zerbeultem Uniformhemd, die Hände in den Taschen, den Unterrichtsraum.
    »Oh, nichts, nichts, Colonel«, sagte Major Danby und versuchte nervös, alles zu vertuschen. »Wir besprachen gerade den Einsatz.«
    »Die wollen das Dorf nicht bombardieren«, lachte Havermeyer höhnisch und verriet damit Major Danby.
    »Petze!« sagte Yossarián zu Havermeyer.
    »Lassen Sie Havermeyer in Ruhe«, befahl Colonel Korn kurz. Er erkannte in Yossarián den Betrunkenen, der am Abend vor dem Flug nach Bologna auf ihn losgegangen war und ließ vorsichtshalber sein Mißfallen an Dunbar aus. »Warum wollen Sie das Dorf nicht bombardieren?«
    »Weil das eine Grausamkeit ist.«
    »Grausamkeit?« fragte Colonel Korn kühl belustigt und überwand in Sekunden die Angst, die ihm die unverhüllte Feindseligkeit in Dunbars Blick eingejagt hatte. »Wäre es weniger grausam, diese beiden deutschen Divisionen herankommen und gegen unsere Truppen kämpfen zu lassen? Es steht nämlich auch das Leben von Amerikanern auf dem Spiel. Wäre es Ihnen lieber, daß amerikanisches Blut vergossen wird?«
    »Amerikanisches Blut wird ohnehin vergossen, aber die Bauern leben da oben ganz friedlich. Warum, zum Teufel, können wir sie nicht in Ruhe lassen?«
    »Sie haben gut reden«, höhnte Colonel Korn. »Sie sitzen hier sicher auf Pianosa und merken nichts davon, wenn diese deutschen Verstärkungen in die Front kommen.«
    Dunbar wurde rot vor Verlegenheit, und seine Stimme klang plötzlich, als verteidige er sich. »Warum können wir nicht anderswo eine Straßensperre machen? Können wir nicht den Hang eines anderen Berges oder die Straße selbst bombardieren?«
    »Möchten Sie vielleicht lieber nach Bologna fliegen?« Diese leise gestellte Frage hallte wie ein Pistolenschuß und bewirkte eine Stille im Unterrichtsraum, die peinlich und drohend war. Yossarián betete tief beschämt darum, daß Dunbar den Mund halten möge. Dunbar schlug die Augen nieder, und Colonel Korn wußte, daß er gewonnen hatte. »Aha, dacht' ich's mir doch«, fuhr er mit unverhohlener Verachtung fort. »Vergessen Sie nicht, daß es Colonel Cathcart und mich große Mühe kostet, Ihnen so gefahrlose Einsätze zu verschaffen wie diesen. Falls Sie lieber nach Bologna, Spezia oder Ferrara fliegen möchten, läßt sich das ohne jede Mühe arrangieren.« Seine Augen glühten gefährlich hinter den randlosen Gläsern, und die Haut am Hals und Unterkiefer war straff gespannt. »Sie brauchen es nur zu sagen.«
    »Ich möchte lieber nach Bologna fliegen«, reagierte Havermeyer eifrig und lachte prahlerisch. »Ich möchte lieber schnurgerade nach Bologna fliegen, den Kopf im Zielgerät und hören, wie die Flak um mich herum bummert. Ich habe einen Heidenspaß daran, wenn die anderen nach dem Einsatz

Weitere Kostenlose Bücher