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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Sir«, erklärte ihm einer der Gefreiten.
    Doc Daneeka hob ärgerlich und mißtrauisch mit einem Ruck den Kopf. »Was soll der Unsinn?«
    »Sie sind tot, Sir«, erwiderte der andere. »Wahrscheinlich ist Ihnen deshalb immer so kalt.«
    »Das könnte stimmen, Sir. Vermutlich sind Sie schon eine ganze Weile tot, nur haben wir es nicht erkannt.«
    »Wovon redet ihr bloß?« kreischte Doc Daneeka, und dabei stieg eine mächtige, versteinernde Ahnung von unvermeidlich bevorstehendem Unglück in ihm auf.
    »Es ist leider wahr, Sir«, erklärte ihm einer der beiden. »Die Unterlagen beweisen, daß Sie mit McWatt gestartet sind, um in den Genuß Ihrer Fliegerzulage zu kommen. Mit dem Fallschirm sind Sie nicht abgesprungen, folglich müssen Sie beim Absturz getötet worden sein.«
    »Stimmt, Sir«, ergänzte der zweite. »Sie sollten sich freuen, daß Sie überhaupt noch Temperatur haben.«
    Doc Daneeka wurde es schwarz vor Augen. »Seid ihr denn beide wahnsinnig geworden? Ich werde euch wegen Widersetzlichkeit bei Sergeant Towser melden.«
    »Von Sergeant Towser haben wir es ja gerade erfahren«, sagte entweder GUS oder Wes. »Das Kriegsministerium wird schon sehr bald Ihre Frau benachrichtigen.«
    Doc Daneeka kreischte leise auf und verließ im Laufschritt das Krankenzelt, um Sergeant Towser Vorstellungen zu machen, der sich seinerseits angewidert immer weiter von ihm zurückzog und Doc Daneeka den Rat gab, sich soweit wie möglich außer Sichtweite zu halten, bis beschlossen sein würde, was mit seinen irdischen Überresten zu geschehen habe.
    »O weh, ich glaube, er ist wirklich tot«, klagte einer der Sanitätsgefreiten leise und achtungsvoll. »Er wird mir sehr fehlen. Er war doch ein guter Kerl, nicht wahr?«
    »Ja, das war er«, trauerte der andere. »Trotzdem bin ich froh, daß der kleine Fickfack weg ist. Langsam wurde es mir zuviel, dauernd seinen Blutdruck zu messen.«
    Mrs. Daneeka, die Frau von Doc Daneeka, freute sich ebenfalls nicht über das Ableben von Doc Daneeka, und als sie vom Kriegsministerium telegrafisch erfuhr, daß ihr Mann auf dem Felde der Ehre gefallen sei, zerriß sie die friedliche Stille der Nacht über Staten Island mit ihrem Jammergeschrei. Frauen stellten sich ein, um sie zu trösten, und deren Ehemänner machten Kondolenzbesuche, wobei sie heimlich hofften, die Witwe möge woanders hinziehen, um sie so von der Verpflichtung zu befreien, längere Zeit hindurch Anteilnahme zu bekunden. Fast eine ganze Woche lang war die arme Frau völlig gebrochen. Allmählich fand sie, eine wahre Heldin, die Kraft, der Zukunft ins Auge zu sehen, die sich voll von gräßlichen Problemen für sie und ihre Kinder präsentierte. Gerade als sie sich mit ihrem Verlust abzufinden begann, klingelte der Briefträger und brachte ihr einen Blitz aus heiterem Himmel — einen Brief aus Übersee, der die Unterschrift ihres Mannes trug und ihr dringend anriet, jede ihn betreffende Unglücksnachricht zu mißachten. Mrs. Daneeka war sprachlos.
    Das Datum des Briefes war unleserlich. Die Handschrift war von Anfang bis Ende zitterig und hastig, der Stil jedoch war der ihres Gatten, und wenn er auch mehr von Melancholie und Selbstmitleid troff als gewöhnlich, so war er doch unverkennbar. Mrs. Daneeka war außer sich vor Freude, weinte Tränen der Erleichterung und küßte den zerknitterten, schmutzigen Feldpostbrief tausendmal. Sie schrieb hastig ein Briefchen an ihren Mann, in dem sie eine ausführliche Darstellung der Vorgänge erbat, und unterrichtete das Kriegsministerium von seinem Irrtum. Das Kriegsministerium erwiderte gereizt, ein Irrtum liege nicht vor; zweifellos sei sie das Opfer eines sadistischen, psychotischen Fälschers aus der Staffel ihres Mannes geworden. Der an ihren Mann gerichtete Brief kam ungeöffnet und mit dem Stempel Gefallen zurück.
    Mrs. Daneeka war wiederum auf grausige Art zur Witwe gemacht worden, doch wurde ihr Kummer diesmal etwas gelindert, weil Washington sie davon in Kenntnis setzte, daß sie die einzige Begünstigte der zehntausend Dollar betragenden Lebensversicherung ihres Mannes sei und diese Summe jederzeit abheben könne. Die Erkenntnis, daß sie und die Kinder nicht unmittelbar dem Hungertode gegenüberstanden, zauberte ein tapferes Lächeln auf ihr Gesicht und bezeichnete den Wendepunkt ihres Kummers. Die Verwaltung der Kriegsteilnehmerorganisation unterrichtete sie bereits am nächsten Tag brieflich davon, daß sie auf Grund des Ablebens ihres Gatten für den Rest ihres

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