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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Yossarián, der sich nach einem Feindflug müde zu seinem Zelt schleppte, reagierte auf ihr Vorhandensein mit einem gedehnten, krächzenden Seufzer des Protestes.
    Es waren insgesamt vier Leute, die sich königlich amüsierten, während sie einander halfen, die Feldbetten aufzustellen. Sie trieben allerlei Possen. Yossarián erkannte auf den ersten Blick, daß es unmögliche Menschen waren. Sie waren voller Lebenslust, voller Eifer und Ausgelassenheit, und sie kannten einander alle schon von zu Hause her. Sie waren ganz und gar unbeschreiblich.
    Es waren laute, prahlerische, hirnlose Kleinkinder von 21 Jahren.
    Alle hatten das College besucht und sich mit hübschen, reinen Jungfrauen verlobt, deren Porträts bereits auf der unverputzten Zementverkleidung von Orrs Kamin zu sehen waren. Sie hatten vielerlei Sport getrieben: Bootsrennen, Tennis und Reiten. Ein einziges Mal war einer von ihnen mit einer Frau ins Bett gegangen, die älter war als er. Sie hatten in allen Teilen des Landes die gleichen Bekannten und waren auch im College schön unter sich geblieben. Und sie lasen Sportberichte und interessierten sich tatsächlich dafür, welche Mannschaft wann und wo was gewann. Sie waren ebenso feinfühlig wie Chausseesteine, und ihre Kampfmoral war unübertrefflich. Alle vier freuten sich wie die Schneekönige, daß der Krieg noch im Gange war und ihnen Gelegenheit bot, >die Kugeln pfeifen zu hören<. Als sie halb mit dem Auspacken fertig waren, warf Yossarián sie raus.
    »Die Burschen sind unmöglich«, ließ Yossarián eisern entschlossen den bleichen, pferdegesichtigen Sergeanten Towser wissen, der sich verzweifelt bemühte, Yossarián klarzumachen, daß auch neuangekommene Offiziere Anspruch auf Unterbringung erheben konnten. Er, der Sergeant, sie nicht berechtigt, ein weiteres Zelt anzufordern, solange Yossarián ein Sechsmannzelt allein bewohne.
    »Ich wohne nicht allein in diesem Zelt«, sagte Yossarián erbittert. »Es wohnt noch ein Toter drin. Ein Leichnam namens Mudd.«
    »Ach bitte schön, Sir«, sagte der Sergeant Towser flehend und blickte seufzend zu den vier Offizieren hinaus, die sprachlos vor Staunen vor dem Zelt standen und zuhörten. »Mudd ist über Orvieto abgeschossen worden. Das wissen Sie doch. Er flog unmittelbar neben Ihnen.«
    »Warum schaffen Sie dann nicht seinen Kram weg?«
    »Weil er offiziell nie hier eingetroffen ist. Bitte, Captain, fangen Sie jetzt nicht wieder damit an. Wenn Sie Lust haben, können Sie ja zu Leutnant Nately ziehen. Ich schicke Ihnen gerne jemanden von der Schreibstube, der Ihnen Ihr Zeug umräumt.«
    Doch Orrs Zelt aufzugeben, hätte bedeutet, Orr aufzugeben und ihn der Ignoranz dieser vier Simpel auszuliefern, die da draußen standen und darauf brannten einzuziehen. Yossarián sah auch keineswegs ein, daß diese jungen Schreihälse, die erst aufgetaucht waren, nachdem die schwere Arbeit getan war, das Recht haben sollten, das schönste Zelt auf der ganzen Insel zu übernehmen. Sergeant Towser erklärte ihm, daß die Dienstvorschrift es nun einmal verlange, und Yossarián blieb nichts übrig, als den Vieren mit zugleich drohender und um Verzeihung bittender Miene Platz zu machen und ihnen mit hilfreichen Winken den Einbruch in seine private Sphäre zu erleichtern, in der sie sich sogleich häuslich einrichteten.
    Niemals noch war Yossarián in so niederdrückender Gesellschaft gewesen. Seine Bettgeher schäumten geradezu über vor Lebensfreude. Sie lachten über alles und jedes. Sie nannten ihn humorig Yo-Yo. Sie kamen mitten in der Nacht angetrunken ins Zelt, weckten ihn mit ihren ungeschickten, kichernden Bemühungen, leise zu sein, und bombardierten ihn mit eselhaften, gutgemeinten Vertraulichkeiten, wenn er sich im Bett aufsetzte und sie beschimpfte. Er hätte sie dann gerne massakriert. Sie kamen ihm vor wie Verwandte von Donald Duck. Sie fürchteten sich vor Yossarián und belästigten ihn mit ihrer Großmütigkeit, sie trieben ihn schier zum Wahnsinn, indem sie unablässig anboten, ihm kleine Gefälligkeiten zu erweisen. Sie waren tollkühn, kindisch, sympathisch, knäbisch, anmaßend, ehrerbietig und laut. Sie waren blöde. Sie beklagten sich über nichts. Sie bewunderten Colonel Cathcart und fanden Colonel Korn witzig. Vor Yossarián hatten sie Angst, aber vor Colonel Cathcarts siebzig Feindflügen hatten sie keine. Sie waren vier gesunde junge Burschen, die sich herrlich amüsierten, und sie brachten Yossarián dem Zusammenbruch nahe. Es war unmöglich,

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