Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
Vom Netzwerk:
eine Gemeinheit!«
    »Ich finde es nicht so schlimm. Schließlich habe ich siebzig Feindflüge hinter mir, ohne daß was passiert ist, da werde ich wohl auch noch ein paar weitere überleben.«
    »Jetzt verhalte dich mal ganz still, bis ich mich mit jemandem besprochen habe«, entschied Yossarián und wandte sich um Hilfe an Milo, der sich gleich darauf um Hilfe an Colonel Cathcart wandte, mit der Bitte, öfter an Feindflügen teilnehmen zu dürfen.
    Milo hatte sich mehrfach rühmlich ausgezeichnet. Er hatte furchtlos Gefahr und Kritik die Stirne geboten, indem er den Deutschen zu gepfefferten Preisen Rohöl und Kugellager verkauft hatte, einerseits um einen guten Profit zu machen, andererseits um zur Erhaltung des Gleichgewichtes zwischen den sich bekriegenden Mächten beizutragen. Im Feuer benahm er sich anmutig und unerschrocken. Mit einer weit über das dienstlich geforderte Maß hinausgehenden Zielstrebigkeit hatte er dann den Preis für die Mahlzeiten in der Messe so heraufgesetzt, daß alle Offiziere und Mannschaften ihm ihre gesamte Löhnung als Entgelt für ihr Essen einhändigen mußten. Die Alternative, die sich ihnen bot — denn selbstverständlich gab es eine, weil Milo jede Form der Nötigung verabscheute und lärmender als alle anderen für die Freiheit eintrat —, war der Hungertod. Als er bei diesem seinem Angriff auf feindlichen Widerstand stieß, hielt er die Stellung ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit oder den eigenen Ruf und warf verwegen das Gesetz von Angebot und Nachfrage in die Schlacht. Und wenn irgend jemand irgendwo nein sagte, setzte Milo sich nur widerstrebend ab und verteidigte selbst noch auf dem Rückzug tapfer das historische Recht freier Männer, den letzten Pfennig für jene Dinge zu bezahlen, die sie zum Überleben brauchten.
    Milo war auf frischer Tat dabei ertappt worden, daß er seine Landsleute ausplünderte, und infolgedessen war sein Ansehen so hoch wie nie zuvor. Als ein knochiger Major aus Minnesota seine Lippen zu einem verächtlichen Grinsen verzog und starrköpfig seinen Anteil am Syndikat verlangte, den, wie Milo immer versicherte, jeder einzelne besaß, löste er sein Wort ein. Milo trat dieser Herausforderung entgegen, indem er auf das erste beste Stück Papier die Worte >Ein Anteil< schrieb und den Zettel mit einer tugendhaften Herablassung aushändigte, um die ihn fast alle seine Bekannten beneideten. Sein Ruhm war auf dem Höhepunkt, und Colonel Cathcart, der Milos Karriere in diesem Krieg kannte und bewunderte, staunte darüber, wie demütig und bescheiden Milo sich beim Stab präsentierte und um Frontverwendung nachsuchte.
    »Sie wollen an Feindflügen teilnehmen?« krächzte Colonel Cathcart. »Wozu denn nur, um alles in der Welt?«
    Milo antwortete mit sittsam gesenktem Gesicht. »Ich möchte meine Pflicht tun, Sir. Unser Vaterland befindet sich im Krieg, und ich will ebenso zu seiner Verteidigung beitragen wie meine Kameraden.«
    »Aber Sie tun doch Ihre Pflicht, Milo!« rief Colonel Cathcart und schlug eine dröhnende Lache auf. »Ich wüßte nicht, wer auch nur annähernd so viel für unsere Leute getan hat wie Sie. Wem verdanken sie zum Beispiel Baumwolle mit Schokoladenüberzug?«
    Milo schüttelte langsam und traurig das Haupt. »In Kriegszeiten ist es einfach nicht genug, ein guter Messeoffizier zu sein.«
    »Doch, Milo, doch! Ich verstehe gar nicht, was mit Ihnen los ist.«
    »Nein, nein, es ist nicht genug, Colonel,« widersprach Milo mit etwas festerer Stimme und hob den demütigen Blick bedeutungsvoll gerade so weit, daß er Colonel Cathcart in die Augen sehen konnte. »Es gibt Leute im Geschwader, die zu tuscheln beginnen.«
    »Ah, das also ist es! Sagen Sie mir die Namen, Milo. Sagen Sie mir die Namen, und ich sorge dafür, daß die Burschen bei jeder gefährlichen Unternehmung dabei sind.«
    »Nein, Colonel, ich fürchte, sie haben recht«, sagte Milo und ließ den Kopf wieder hängen. »Schließlich bin ich als Pilot hierher versetzt worden. Ich müßte öfter fliegen und mich weniger um meine Küche kümmern.«
    Colonel Cathcart war erstaunt, aber auch hilfsbereit. »Tja, Milo, wenn das wirklich Ihre Ansicht ist, können wir Ihnen sicher entgegenkommen. Wie lange sind Sie jetzt hier?«
    »Elf Monate, Sir.«
    »Und wie viele Feindflüge haben Sie hinter sich?«
    »Fünf.«
    »Fünf?« fragte Colonel Cathcart.
    »Fünf, Sir.«
    »Ah, fünf?« Colonel Cathcart rieb nachdenklich sein Kinn. »Das klingt nicht besonders gut, wie?«
    »Wie?«

Weitere Kostenlose Bücher