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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Verstehst du denn nicht, was ich meine?«
    Milo verstand und war tief gerührt. »Yossarián«, sagte er erschüttert, »ich bin stolz auf dich. Wirklich. Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich es mich macht, daß du nicht bei allem und jedem ans Bett denkst. Daß du Grundsätze hast. Gewiß habe ich Töchter und weiß daher genau, was du meinst. Keine Sorge, wir finden das Mädchen schon. Komm mit. Wir beide werden das Mädchen finden, und wenn wir die ganze Stadt auf den Kopf stellen müßten. Los.«
    Yossarián begleitete Milo in seiner schnellen M&M-Limousine zum Polizeipräsidium, wo er die Bekanntschaft des nachlässig gekleideten Polizeipräsidenten machte. Als sie eintraten, fummelte er gerade an einem feisten Weib mit Doppelkinn und Warzen herum, grüßte Milo jedoch freudig überrascht und machte dann obszöne und servile Kratzfüße, als sei Milo irgendein hochfeiner Marquis.
    »Ah, Marchese Milo«, rief er mit überschwenglichem Entzücken, während er das feiste, gekränkte Weib, ohne ihr einen Blick zu gönnen, zur Tür hinausschob. »Warum haben Sie mich nicht von Ihrer Ankunft benachrichtigt? Ich hätte einen großen Empfang für Sie gegeben. Bitte treten Sie doch ein, Marchese. Sie besuchen uns leider sehr selten.«
    Milo wußte, daß es galt, keinen Augenblick zu verlieren. »Tag, Luigi«, sagte er und nickte so knapp, daß es beinahe unfreundlich wirkte. »Ich brauche Ihre Hilfe, Luigi. Mein Freund möchte ein Mädchen finden.«
    »Ein Mädchen, Marchese?« fragte Luigi und kratzte sich nachdenklich das Gesicht. »In Rom gibt es viele Mädchen. Einem amerikanischen Offizier sollte es nicht schwerfallen, eins zu finden.«
    »Nein, Luigi, Sie begreifen nicht. Er muß sofort eine zwölfjährige Jungfrau finden.«
    »Ah, jetzt begreife ich«, sagte Luigi weise. »Eine Jungfrau zu finden, dauert vielleicht etwas länger. Wenn er sich aber am Omnibusbahnhof aufstellt, wo die Bauernmädchen ankommen, die in der Stadt Arbeit suchen ...«
    »Luigi, Sie begreifen immer noch nicht«, bellte Milo so scharf und unwirsch, daß der Polizeipräsident errötete, Achtungstellung einnahm und verwirrt daranging, seine Jacke zuzuknöpfen.
    »Dieses Mädchen ist eine Bekannte, eine gute Bekannte der Familie, und wir wünschen ihr zu helfen. Sie ist ein Kind, sie ist irgendwo in dieser Stadt, ganz allein, und wir müssen sie finden, ehe ihr etwas zustößt. Verstehen Sie jetzt? Luigi, mir liegt sehr viel an dieser Sache. Ich habe eine Tochter im gleichen Alter, und nichts in der Welt liegt mir im Augenblick mehr am Herzen, als dieses arme Kind vor Schaden zu bewahren. Wollen Sie mir dabei behilflich sein?«
    »Si, Marchese, jetzt verstehe ich«, sagte Luigi. »Und ich will alles, was in meiner Macht steht, tun, um sie zu finden. Heute abend jedoch habe ich fast überhaupt niemanden zur Verfügung.
    Alle meine Leute sind damit beschäftigt, den Tabakschmuggel zu unterbinden.«
    »Tabakschmuggel?« fragte Milo.
    »Milo«, blökte Yossarián schwach, und der Mut verließ ihn, denn er ahnte, daß jetzt alles verloren sei.
    »Si, Marchese«, sagte Luigi. »Der Profit dabei ist so groß, daß man den Schmuggel nicht völlig unterbinden kann.«
    »Kann man beim Tabakschmuggel wirklich so große Gewinne machen?« erkundigte sich Milo äußerst interessiert, die rostfarbenen Brauen gierig in die Höhe gezogen, die Nasenflügel schnuppernd gebläht.
    »Milo«, rief Yossarián, »denk gefälligst an mich.«
    »Si, Marchese«, erwiderte Luigi. »Der Profit beim Tabakschmuggel ist sehr, sehr groß. Dieser Schmuggel ist ein nationaler Skandal, Marchese, fürwahr eine nationale Schande.«
    »Wirklich?« grübelte Milo versunken lächelnd und näherte sich wie verzaubert der Tür.
    »Milo!« rief Yossarián und rannte zur Tür, um ihn aufzuhalten.
    »Milo, du mußt mir helfen.«
    »Tabakschmuggel«, erläuterte Milo ihm mit einem Ausdruck von epileptischer Lüsternheit in den Augen und versuchte entschlossen, sich an ihm vorbeizudrängen. »Laß mich. Ich muß Tabak schmuggeln.«
    »Bleib hier und hilf mir, sie suchen«, flehte Yossarián. »Du kannst doch morgen noch Tabak schmuggeln.«
    Milo jedoch war taub und drängte vorwärts, nicht gewaltsam, aber unaufhaltsam. Er schwitzte, seine Augen brannten fiebrig, als habe ihn eine fixe Idee in ihren Klauen, und Speichel troff von seinen zuckenden Lippen. Er röchelte matt und wiederholte unablässig »Tabakschmuggel, Tabakschmuggel«. Als Yossarián sich endgültig davon

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