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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Ende nur die Kinder übrig und vielleicht noch Albert Einstein und irgendwo ein alter Geiger oder Bildhauer. Yossarián wandelte einsam und niedergedrückt dahin, er fühlte sich entfremdet und konnte das quälende Bild des barfüßigen Jungen mit dem kränklichen Gesicht nicht loswerden, bis er endlich um die Ecke in den Boulevard einbog und auf einen Soldaten der Verbündeten Truppen stieß, einen jungen Leutnant mit schmalem, blassem, kindlichem Gesicht, der sich in Krämpfen am Boden wand. Sechs Soldaten aus sechs verschiedenen Ländern hielten ihn jeder an einem anderen Körperteil gepackt und mühten sich, ihm zu helfen und ihn stillzuhalten. Er geiferte und ächzte unverständliches Zeug durch fest zusammengepreßte Zähne und verdrehte die Augen. »Paßt auf, daß er sich nicht die Zunge abbeißt«, riet ein kleingewachsener Sergeant neben Yossarián weise, und darauf warf sich ein siebenter Soldat in das Getümmel, um mit dem Gesicht des kranken Leutnants zu kämpfen. Plötzlich war die Schlacht für die Hilfstruppen entschieden. Sie sahen einander unentschlossen an, denn nun, da sie den jungen Leutnant in ihrer Gewalt hatten, wußten sie nicht, was mit ihm tun. Ein Beben idiotischer, ratloser Angst sprang von einem brutal verzerrten Gesicht zum nächsten über. »Warum hebt ihr ihn nicht auf und legt ihn auf die Kühlerhaube von dem Wagen dort?« nuschelte ein Korporal, der hinter Yossarián stand. Das schien ein guter Rat, und so hoben die sieben den jungen Leutnant auf und legten ihn behutsam auf der Kühlerhaube des Autos ab, wobei sie sorgsam seine strampelnden Glieder festhielten. Kaum hatten sie ihn dort gebettet, als sie einander auch schon wieder unsicher anzusehen begannen, denn sie wußten nicht, was nun zu tun sei. »Warum nehmt ihr ihn dort nicht weg und legt ihn auf die Erde?« ließ sich der gleiche Korporal nuschelnd hinter Yossarián vernehmen. Das schien ein guter Einfall, und sie machten sich daran, den Leutnant auf den Bürgersteig zu tragen, doch ehe sie damit fertig waren, kam ein Jeep mit rotblinkenden Scheinwerfern herangebraust, in dem Militärpolizisten saßen.
    »Was ist hier los?« schrie der Fahrer.
    »Er hat Krämpfe«, erwiderte einer der Männer, die den Leutnant festhielten. »Wir halten ihn ruhig.«
    »Sehr gut. Er ist verhaftet.«
    »Was sollen wir denn mit ihm machen?«
    »Haltet ihn unter Arrest!« brüllte der Militärpolizist, krümmte sich vor Lachen über seinen eigenen Witz und sauste mit dem Jeep davon. Yossarián fiel ein, daß er keinen Urlaubsschein besaß, und er schob sich vorsichtig an dieser Gruppe vorüber und näherte sich gedämpften Stimmen, die vor ihm aus der trüben Dunkelheit drangen. Der breite, verregnete Boulevard wurde alle zwanzig Meter von grell blinkenden Laternen erhellt, die in rauchbraunen Nebel gehüllt und an kurzen, gebogenen Pfählen befestigt waren. Aus einem Fenster über sich vernahm er eine unglückliche, flehende Frauenstimme: »Bitte nicht, bitte nicht.«
    Eine junge Frau mit vollem schwarzem Haar ging in einem dunklen Regenmantel mutlos, mit niedergeschlagenen Augen vorüber.
    Der nächste Häuserblock war das Ministerium für öffentliche Angelegenheiten, und hier wurde eine betrunkene Dame von einem betrunkenen jungen Soldaten mit dem Rücken gegen eine der kannelierten korinthischen Säulen gedrängt, während drei betrunkene Waffenkameraden, die Weinflaschen vor sich stehen hatten, auf den Stufen sitzend zusahen.
    »Bitte nicht«, flehte die betrunkene Dame. »Ich möchte jetzt nach Hause gehen. Bitte nicht.« Einer der drei Zuschauer fluchte streitlustig und schleuderte eine Weinflasche nach Yossarián, als der hinaufblickte. Die Flasche zerplatzte mit einem kurzen gedämpften Knall, ohne Schaden anzurichten. Yossarián schlenderte lustlos und gemächlich weiter, die Hände tief in den Taschen vergraben. »Los doch, Schatz«, hörte er den betrunkenen Soldaten entschlossen drängen. »Jetzt bin ich dran.« »Bitte nicht«, flehte die betrunkene Dame. »Bitte nicht.« Schon an der nächsten Ecke vernahm er aus dem dichten, undurchdringlichen Dunkel, das in der engen, gewundenen Seitenstraße herrschte, das geheimnisvolle, aber unverkennbare Geräusch, das jemand hervorbringt, der Schnee schaufelt. Das regelmäßige, mühsame, beschwörende Kratzen der eisernen Schaufel auf Beton jagte ihm einen Angstschauer über den Rücken. Er verließ den Bürgersteig und ging erst wieder langsamer, als er das gespenstische, ungereimte

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