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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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sich schon seit Monaten sehnte. Sie war wirklich ein Fund. Sie zahlte ihren eigenen Schnaps, besaß ein Auto, eine Wohnung und einen Ring mit einer lachsfarbenen Gemme, einem herrlichen Stück, ein nacktes Paar auf einem Felsen darstellend, das Hungry Joe förmlich zum Wahnsinn trieb.
    Hungry Joe grunzte, scharrte und stampfte den Boden, er schlabberte vor Gier und Lust, doch das Mädchen wollte ihm den Ring nicht verkaufen, obwohl er ihr die gesamte Barschaft seiner Kameraden und seine schwarze Kamera als Draufgabe' bot. Sie hatte weder an Geld noch an Kameras Interesse. Interesse hatte sie einzig an der Unzucht.
    Als Yossarián eintraf, war sie weg. Alle waren weg, und er ging gleich wieder hinaus und bewegte sich niedergeschlagen, schweigsam und nachdenklich durch die dunklen, sich immer mehr leerenden Straßen. Yossarián fühlte sich, wenn er allein war, nur selten einsam, jetzt aber fühlte er sich einsam, weil er eifersüchtig war auf Aarfy, der in diesem Augenblick, wie Yossarián wußte, im Bett bei jener Blondine lag, die genau die Richtige für Yossarián war — Aarfy, der, wenn er nur wollte, jederzeit eine oder beide der schlanken, atemberaubenden, aristokratischen Damen haben konnte, die über ihnen wohnten und Yossariáns sexuelle Phantasien befruchteten, wenn er je welche hatte, die schöne, reiche, schwarzhaarige Gräfin mit den roten, zuckenden Lippen, und ihre schöne, reiche, schwarzhaarige Schwiegertochter.
    Yossarián war in Liebe zu ihnen allen entbrannt, als er sich auf den Weg zur Wohnung der Offiziere machte, er liebte Luciana, liebte das aufreizende, betrunkene Mädchen mit der aufgeknöpften Satinbluse, liebte die schöne, reiche Gräfin und die schöne reiche Schwiegertochter, die beide weder mit ihm flirten wollten noch ihm je erlauben würden, ihnen nahe zu kommen. Sie verhätschelten Nately und respektierten Aarfy, Yossarián jedoch hielten sie für verrückt und wichen angeekelt und voller Verachtung zurück, wann immer er ihnen einen unsittlichen Antrag machte oder sie im Vorbeigehen auf der Treppe zu tätscheln versuchte. Beide waren köstliche Geschöpfe, sie hatten saftige, hellrote, spitze Zungen und Münder wie runde, warme Zwetschgen, ein wenig süß und klebrig, ein wenig angefault. Beide hatten Klasse. Yossarián wußte nicht genau, was unter Klasse zu verstehen war, doch wußte er, daß sie Klasse hatten, während er keine hatte, und daß ihnen das auch bewußt war. Während er so dahinging, stellte er sich vor, was sie für Unterwäsche trugen, durchsichtige, glatte, schmiegsame Gebilde von tiefstem Schwarz, oder pastellfarbig schillernd mit blumenhaften Spitzenkanten, duftend von dem betörenden Duft verwöhnten Fleisches und parfümierter Badesalze, der wie eine Wolke von ihren bläulichweißen Brüsten aufstieg. Er wünschte wieder, an Aarfys Stelle zu sein, um sich mit der saftigen, beschwipsten Nutte im Bett zu wälzen, die sich einen feuchten Kehricht aus ihm machte und nie wieder an ihn denken würde.
    Als Yossarián in der Wohnung anlangte, war Aarfy jedoch schon da, und Yossarián glotzte ihn mit der gleichen gehetzten Ratlosigkeit an, die ihn auch schon am Morgen über Bologna angesichts der bösartigen, kabbalistischen und unverrückbaren Gegenwart Aarfys in der Kanzel des Bombers befallen hatte.
    »Was machst du denn hier?« fragte er.
    »Jawohl, frag ihn!« rief Hungry Joe wutentbrannt. »Bring ihn dazu, daß er sagt, was er hier sucht!«
    Tief und theatralisch seufzend machte Kid Sampson aus Daumen und Zeigefinger eine Pistole und blies sich damit das Hirn aus. Huple, der unentwegt Kaugummi kaute, sog diesen Auftritt durch alle Poren seines nackten, ausdruckslosen, fünfzehnjährigen Gesichtes ein. Aarfy ging rundlich und selbstzufrieden und offenbar entzückt von dem Aufruhr, den er verursacht hatte, hin und her und klopfte dabei gemütlich seine Pfeife aus.
    »Hast du denn das Mädchen nicht nach Hause gebracht?« fragte Yossarián.
    »Klar habe ich sie nach Hause gebracht«, erwiderte Aarfy. »Oder hast du etwa gedacht, ich hätte sie allein nach Hause gehen lassen?«
    »Wollte sie dich nicht dabehalten?«
    »O ja, natürlich wollte sie mich dabehalten«, kicherte Aarfy.
    »Habt nur keine Sorge um den guten alten Aarfy. Aber selbstverständlich habe ich nicht daran gedacht, die Gelegenheit auszunutzen, bloß weil das süße Kind zuviel getrunken hatte. Wofür haltet ihr mich eigentlich?«
    »Was heißt da ausnutzen?« zankte Yossarián erstaunt. »Sie

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