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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Stoß, der sie beide ein Stück weiter taumeln ließ, so daß sie immer noch alleine waren. Luciana war ein großes, erdhaftes, üppiges Mädchen mit vollem Haar und hübschem Gesicht, ein dralles, entzückendes, gefallsüchtiges Mädchen.
    »Also schön«, sagte sie, »du darfst mich zum Abendbrot einladen, aber schlafen darfst du nicht mit mir.«
    »Wer hat dich denn dazu aufgefordert?« fragte Yossarián sie überrascht.
    »Willst du nicht mit mir schlafen?«
    »Ich will dich nicht zum Essen einladen.«
    Sie zog ihn auf die Straße hinaus und dann eine Kellertreppe hinunter in ein Schwarzmarktrestaurant, in dem es von lustigen schwatzenden, hübschen Mädchen wimmelte, die sich alle zu kennen schienen, und von etwas verlegenen Offizieren aus aller Herren Länder, die ihre Begleiter waren. Das Essen war elegant und teuer, und in den Gängen drängten sich unzählige hochrote Wirte, sämtlich fett und glatzköpfig. Munterkeit und Wärme wogten durch das geschäftige Innere des Lokals.
    Yossarián sah mit Vergnügen, daß Luciana ihn herzhaft ignorierte, während sie mit beiden Händen das Essen in sich hineinstopfte. Sie aß wie ein Pferd, bis auch der letzte Teller blank war, dann legte sie mit einer abschließenden Bewegung Messer und Gabel hin und lehnte sich träge mit dem verträumten, stieren Blick stiller Begierde im Stuhl zurück. Sie lächelte tief befriedigt und ließ verliebt einen schmelzenden Blick auf ihm ruhen.
    »Okay, Joe«, gurrte sie, und die dunklen Augen glühten schläfrig und voller Dankbarkeit. »Jetzt darfst du mit mir schlafen.«
    »Ich heiße Yossarián.«
    »Okay, Yossarián«, erwiderte sie leise und reumütig lachend.
    »Jetzt darfst du mit mir schlafen.«
    »Wer hat dich denn dazu aufgefordert?«
    Luciana war sprachlos. »Du willst nicht?«
    Yossarián nickte drängend, lachte und schob seine Hand unter ihren Rock. Das Mädchen fuhr entsetzt zurück. Sie zog blitzschnell die Beine weg und drehte sich im Sitzen um. Sie errötete vor Angst und Verlegenheit, strich den Rock glatt und sah sich aus den Augenwinkeln züchtig im Lokal um.
    »Jetzt darfst du mit mir schlafen«, erklärte sie vorsichtig und mit zaghaftem Entgegenkommen. »Aber nicht jetzt.«
    »Ich weiß. Erst auf meinem Zimmer.«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf, betrachtete Yossarián mißtrauisch und preßte die Knie zusammen. »Nein, ich muß jetzt nach Hause zu meiner Mama, denn meine Mama hat es gar nicht gerne, wenn ich mit Soldaten tanze oder mich von ihnen zum Essen einladen lasse, und wenn ich jetzt nicht nach Hause gehe, wird sie sehr zornig. Aber du darfst mir deine Adresse aufschreiben, und morgen früh komme ich für fuckifuck auf dein Zimmer, ehe ich zur Arbeit in das französische Büro gehe. Capisci?«
    »Scheiße!« rief Yossarián ärgerlich und enttäuscht.
    »Cosa vuol dire, Scheiße?« erkundigte Luciana sich verständnislos.
    Yossarián lachte laut heraus. Schließlich antwortete er mitfühlend und gutmütig: »Es bedeutet, daß ich dich jetzt dorthin begleiten werde, wo du hin mußt, damit ich noch in den Club komme, bevor Aarfy sich mit dieser herrlichen Tomate verdrückt, die er da hat. Ich muß sie unbedingt fragen, ob sie nicht eine Tante oder eine Freundin hat, die ihr ähnlich ist.«
    »Come?«
    »Subito, subito«, neckte er sie zärtlich. »Mama wartet, vergiß das nicht.«
    »Si, si, Mama.«
    Yossarián ließ sich von dem Mädchen fast eine Meile weit durch den lieblichen, römischen Frühlingsabend zerren, ehe sie an einen chaotischen Autobusbahnhof gelangten, wo Hupen quäkten, rote und gelbe Lichter blinkten und die Straße von den geifernden Flüchen der unrasierten Busfahrer widerhallte, die alle Welt mit haarsträubenden Beschimpfungen überschütteten — ihre Kollegen, die Passagiere und die achtlos umherschlendernden Fußgänger, "die ihnen den Weg verstellten und sich erst rührten, wenn sie von den Bussen angefahren wurden und dann ihrerseits zurückschimpften. Luciana verschwand in einem dieser winzigen, grünen Vehikel, und Yossarián eilte zurück ins Kabarett zu der verschwiemelten, gebleichten Blondine in der aufgeknöpften orangefarbenen Satinbluse. Sie schien in Aarfy verschossen zu sein. Im Laufen betete er inständig um eine üppige Tante oder eine ebenso üppige, unzüchtige und verkommene Freundin, Schwester, Kusine oder Mutter. Sie hätte vorzüglich zu Yossarián gepaßt, eine verderbte, grobschlächtige, ordinäre, unmoralische, appetitanregende Schlampe, nach der er

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