Catching Love
Scharmützel taten ihrer Ehe keinen Abbruch. Im Gegenteil, sie gehörten dazu und fachten ihre Liebe an – wirklich beneidenswert.
Wahrscheinlich lag es ja zu einem großen Teil an seinem ehemaligen Job, überlegte Jeff. Wie sein Bruder vor ihm wurde er während seiner Aufträge als Special Agent öfter mit Verlust, Schmerz und dem Tod konfrontiert als ihm lieb war. Dadurch waren sie beide offener für das Leben und was es mit sich brachte – inklusive der Liebe. Jeff wusste, manche, eigentlich die meisten Chancen boten sich einem nur einmal im Leben. Und wenn Lesley seine Chance auf eine Liebe war, wie sein Bruder sie bereits gefunden hatte, dann würde er diese Chance beim Schopf packen, festhalten und niemals loslassen …
Jeff zischte einen Fluch, weil der Wagen seitlich wegrutschte und beinahe vom unbefestigten, vollkommen durchweichten Weg abkam. Fehlte noch, so kurz vor seinem Ziel mitten im Gebirge stecken zu bleiben. Ein schneller Blick auf das Navi bestätigte ihm, dass es nur noch eine knappe halbe Meile bis zur Hütte war. Bald, sehr bald schon stünde er Lesley wieder gegenüber. Jeff konnte es kaum noch erwarten …
Ein Glas Rotwein in der Hand genoss Lesley das warme, sprudelnde Wasser, das ihren Körper umfloss und herrlich entspannte. Sie schob sich eine Locke, die sich langsam aus dem lockeren Knoten an ihrem Hinterkopf löste, hinter das Ohr und blickte aus dem Fenster. Mehrere Blitze zuckten über den von dunklen Wolken verhangenen, fast nachtschwarzen Himmel und erhellten für einen Augenblick die Umgebung. Die armen Schweine, die bei so einem Wetter da draußen unterwegs waren, ging es ihr durch den Kopf. Denn die Intensität des Sturms hatte in den letzten Minuten enorm zugenommen.
Lesley nippte am Rotwein und stellte das langstielige Glas neben das Telefon auf die breite Ablage, die direkt an den Whirlpool anschloss. In einer Stunde müsste sie sich bei José melden. So war es jedenfalls ausgemacht. Jeden Tag um Punkt 20 Uhr sollte sie zur Sicherheit bei ihm anrufen. In Anbetracht des Unwetters war es sicher besser, wenn sie sich schon eher bei José meldete. Vorher schüttete sie jedoch etwas Badeschaum in das sprudelnde Wasser und wartete ab, bis sich durch die Whirlpool-Funktion ein herrlicher Berg Schaum bildete. Dann schaltete sie den Whirlpool ab und griff nach dem Telefon.
José nahm das Gespräch bereits nach dem zweiten Klingeln entgegen. „
Chicka
, alles in Ordnung bei dir?“
„Alles bestens. Wollte nur nicht, dass du dir Sorgen machst wegen des Unwetters.“
„Sehr gut.“ Er räusperte sich und meinte dann leise lachend: „Er hat übrigens noch nicht aufgegeben. Ist uns zweimal über den Weg gelaufen auf der vergeblichen Suche nach Hinweisen.“
„Das wird er schon noch. In spätestens ein, zwei Wochen dürfte er weiterziehen, weil er mich nicht findet.“ So hoffte sie zumindest. Während José munter weiterplapperte, türmte Lesley mit der freien Hand den Schaum vor sich auf und ließ ihre Gedanken wandern.
Wäre der Typ nicht ausgerechnet von ihrem Onkel geschickt worden und etwas weniger machomäßig direkt vorgegangen, hätte sie sich vielleicht auf ihn eingelassen. Vielleicht? Ziemlich wahrscheinlich sogar. Und das, obwohl sämtliche Alarmglocken in ihrem Kopf schrillten. Er hätte einfach nur ein wenig bessere Überzeugungsarbeit leisten müssen und sich ihrer nicht zu sicher sein dürfen nach ihrem Kuss. Dann wäre sie ihm in sein Hotelzimmer gefolgt. Sie war schließlich auch nur eine Frau, nicht aus Stein und hatte so ihre Bedürfnisse.
Wirklich zu schade, dass sie sich nicht unter anderen Umständen getroffen hatten. Denn insgeheim gefiel er Lesley wahnsinnig gut. Sein kantiges Äußeres und sein forderndes Auftreten, was sich mit seinem jungenhaften Charme eigentlich „beißen“ müsste – eine ungewohnte, aber besonders verführerische Mischung. Lesley fand, genau so und nicht anders passte es zu ihm. Er war ein vielschichtiger Mann – vielschichtig, aber auch mit Vorsicht zu genießen. Denn im Gegensatz zu José war er wirklich gefährlich oder konnte es zumindest werden. Seine Gelassenheit war nur eine Fassade, die er über Jahre hinweg perfektioniert haben musste. Unter der Oberfläche brodelte es gewaltig. Das spürte sie bereits bei seinem Kuss in der Garderobe. Da lag so viel ungezähmte Leidenschaft in seinem Kuss, die ihr den Atem verschlug und auf einen unruhigen Geist schließen ließ. Er schien ebenso ruhelos zu sein, wie sie selbst
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