Cathérine de Montsalvy
ließ, um die plötzliche Röte, die ihr in die Wangen gestiegen war, besser zu verbergen, dann schob sie die erstarrten Hände in ihre weiten Ärmel. Der Name des Spaniers rief so viele Erinnerungen wach!
In der Tat hatten Gauthier und sie selbst das rotgoldene Banner schon gesehen: vor etwa einem Jahr auf den Wällen von Ventadour, aus dem Villa-Andrado die Vicomtes verjagt hatte. Und Arnaud hatte sich damals mit den Leuten des Kastiliers herumgeschlagen. Schnell schloß die junge Frau die Augen, versuchte vergebens, eine heiße Träne zurückzuhalten. Sie sah die Höhle wieder, auf der Sohle des schmalen, tief eingeschnittenen Tals, das Ventadour wie ein Burggraben umschloß, jene unsichere Zuflucht der Schäfer, in der sie während des Kampfes ihren Sohn zur Welt gebracht hatte. Sie sah das rötliche Flackern des Feuers und die hohe schwarze Silhouette Arnauds, die sich gleich einem Wall zwischen ihr und der Blutgier der Söldner erhob. Aber sie sah auch das kantige Gesicht des vor ihr knienden Villa-Andrado vor sich, die begehrlich-lüsterne Flamme im Hintergrund seiner Augen. Er hatte ihr ein Gedicht rezitiert, aber sie hatte die Worte vergessen, und außerdem hatte er als ritterlicher Feind Lebensmittel geschickt, damit Mutter und Kind wieder zu Kräften kämen. Sie hätte ihn in dankbarer Erinnerung bewahrt, wäre nicht die furchtbare Überraschung gewesen, die am Ziel ihrer Reise auf sie wartete: Montsalvy dem Erdboden gleichgemacht, niedergebrannt bis auf die Grundfesten von jenem Valette, dem Leutnant Villa-Andrados, der nach seinen Befehlen handelte. Bernard d'Armagnac hatte Valette aufhängen lassen; aber hatte sich dadurch das Verbrechen seines Herrn vermindert? Und jetzt ritt er auf Carlat zu, lebendes Symbol des Fluches, der auf den Montsalvys lag.
Als sie die Augen wieder aufschlug, sah sie, daß Bruder Etienne in ihrer Nähe stand. Die Hände in seinen Kuttenärmeln vergraben, beobachtete der kleine Mönch aufmerksam die sich nähernde Kolonne. Aufmerksam, doch ohne ersichtliche Unruhe. Cathérine glaubte sogar, ein leises Lächeln über seine Lippen huschen zu sehen.
»Diese sich nähernde Truppe scheint Euch zu belustigen«, sagte sie ziemlich trocken.
»Das wäre zuviel gesagt. Sie interessiert mich … und sie erstaunt mich. Merkwürdiger Mann, dieser Kastilier! Er scheint vom Himmel das Geschenk der Allgegenwart erhalten zu haben. Ich hätte geschworen, daß er in Albi sei, dessen Bevölkerung sich wohl kaum über seine Anwesenheit gefreut haben dürfte. Andererseits hat mir jemand in Angers erklärt, daß dieser stinkende Fuchs …«
»Ist dieser Ausdruck Eurem Denken angemessen, Bruder Etienne?« fragte Cathérine, das Wort Bruder absichtlich betonend. Der kleine Mönch errötete wie ein Jüngferchen, lächelte die junge Frau aber ganz offen an.
»Ihr habt tausendmal recht. Ich wollte sagen: Messire de Villa-Andrado verbrachte den Winter in Kastilien, am Hof des Königs Juan. Natürlich zeigt man sich in Angers diesem Herrn gegenüber nicht besonders nachsichtig. Ich wünschte, Ihr würdet einmal hören, wie die Königin Yolande von ihm spricht. Jedenfalls ist er hier! Was will er eigentlich?«
»Ich glaube, wir werden es bald erfahren.«
Tatsächlich war die Spitze der Kolonne vor dem ragenden Turm angelangt, und der Bannerträger ritt jetzt, sein Pferd mit einer Hand lenkend, bis zum Fuße des Felsens vor, auf dem sich das Schloß erhob. Ihm folgte ein zweiter in der phantastischen Kleidung der Herolde, einer Kleidung, deren Rotgold und deren Federn jedoch die Strapazen der schlechten Wege und des Winters erkennen ließen. Die übrige Truppe hatte haltgemacht.
Vor den Palisaden angelangt, die den zyklopischen Felsen umgaben, hielten die beiden Reiter gleichzeitig an und hoben die Köpfe.
»Wer befehligt hier?« fragte der Herold.
Kennedy beugte sich vor, stellte ein in dickes Leder gehülltes Bein auf die Zinne und rief hinunter:
»Ich, Hugh Allan Kennedy von Gleneagle, Feldhauptmann König Karls VII. Ich bin Statthalter dieses Schlosses für Monseigneur den Grafen d'Armagnac. Habt Ihr etwas dagegen?«
Aus der Fassung gebracht, stotterte der Herold einige undeutliche Worte, hustete, um seine Stimme zu klären, hob wieder hochmütig den Kopf und schrie:
»Ich, Fermoso, im Dienste von Messire Rodrigo de Villa-Andrado, Graf von Ribadeo, Seigneur von Puzignan, Talmont und …«
»Zur Sache«, unterbrach der Schotte ihn ungeduldig. »Was will Messire Villa-Andrado von
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