Cathérine de Montsalvy
ihr einzunehmen? Ein Schrei wollte ihr über die Lippen, und die junge Frau biß in die Decke, um ihn zu unterdrücken.
Indessen beugte sich La Trémoille mit einem breiten Lächeln auf den Lippen zu ihr hinunter und sagte, als er bemerkte, daß sie die Augen geöffnet hatte:
»Ich habe meinen Vetter wegreiten hören und gedachte, dir einen kleinen Besuch abzustatten, mein hübscher Engel. Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen, weil ich immer an dich denken mußte! Glücklicherweise ist diese verdammte Nacht jetzt vorbei, und von dieser Stunde an gehörst du mir.«
Seine feiste Hand streckte sich nach der unter der Decke sich abzeichnenden Rundung einer Schulter aus und schob ungeduldig die Decke beiseite, um ihre zarte Haut zu suchen. Es war die Schulter mit der Bißwunde, und Cathérine wimmerte vor Schmerz, worauf La Trémoille bestürzt die Hand zurückzog und sie verblüfft betrachtete: Sie war blutbefleckt.
»Erbarmen, Messire«, stöhnte Cathérine, »rührt mich nicht an! Es geht mir so schlecht!«
Statt einer Antwort packte La Trémoille die Decke und riß sie bis zum Fuß des Bettes herunter. Der mit blauen Flecken übersäte, mit Spuren getrockneten oder noch frischen Bluts gezeichnete Körper lag entblößt vor ihm. Der dicke Kämmerer wurde rot vor Zorn.
»Dieser unverschämte Hund! Wie konnte er's wagen, dich so zuzurichten, obwohl du für mich bestimmt warst? Das wird er mir bezahlen! O ja, er wird's mir bezahlen!«
Trotz ihres Zustands betrachtete Cathérine diese vor Zorn wie Gelee wabbelnde Fettmasse mit Verblüffung, doch La Trémoille hielt ihr Erstaunen für Entsetzen. Mit unerwarteter Zartheit legte er die seidene Decke wieder über den zerschundenen Körper.
»Hab keine Angst, Kleine! Ich werde dir nichts tun! … Ich bin kein brutales Tier und verehre viel zu sehr die Schönheit, um mich zu solcher Barbarei verleiten zu lassen! Du gehörtest mir, und er hat es gewagt, dich zu schlagen, zu verletzen, obwohl du heute morgen zu mir kommen solltest …«
Offenbar, sinnierte Cathérine, verzieh er am allerwenigsten, daß Gilles es gewagt hatte, etwas zugrunde zu richten, was ihm gehörte. Seine Wut wäre zweifellos eines Hundes, eines Pferdes oder eines goldgeschmiedeten Objekts wegen ebenso heftig gewesen … Aber sie beschloß, trotzdem daraus Nutzen zu ziehen.
»Seigneur«, bat sie, »könntet Ihr nicht eine Dienerin schicken, die meine Schulter pflegen würde? Sie schmerzt ganz abscheulich und …«
»Ich werde nicht nur Kammerfrauen, sondern auch Diener schicken. Man wird dich noch in dieser Stunde zu mir bringen, schöne Tchalaï … so heißt du doch, nicht wahr? Du wirst gepflegt und wieder gestärkt werden, und ich werde bis zu deiner völligen Wiederherstellung über dich wachen.«
»Und … Monseigneur de Rais?«
Eine bösartige Furche bildete sich im Winkel der dicken, feuchten Lippen.
»Von ihm wirst du nichts mehr hören! Bei mir wagt keiner, ohne meine Erlaubnis einzutreten, er ebensowenig wie die anderen! Er weiß zu gut, daß ich ihn auf schnellstem Wege in sein Schloß nach Anjou zurückschicken würde, wenn er sich das herausnähme. Warte auf mich … ich bin gleich wieder da!«
Er wandte sich zum Gehen, doch von einer Begehrlichkeit getrieben, die er nicht ganz unterdrücken konnte, legte er seine Hand auf die Decke über Cathérines Schenkel und liebkoste ihn.
»Je schneller du wieder gesund wirst, meine Kleine, desto eher werde ich glücklich sein! Dann wirst du sehr zärtlich zu mir sein, nicht wahr?«
»Ich bin Eure Dienerin, Seigneur …«, stammelte Cathérine, beunruhigt über seinen kürzer werdenden Atem, »aber zur Stunde fühle ich mich so schlecht, so schlecht …«
Schweren Herzens zog er seine Hand zurück und begann dann, ihr die Wange zu tätscheln.
»Ganz recht, wir müssen vernünftig sein! Dafür wird es später um so schöner werden!«
Diesmal verschwand er wirklich, und zwar mit einer Flinkheit, die Cathérine bei einer solchen Fleischmasse für unmöglich gehalten hätte. Krachend schlug die Tür hinter ihm zu. Unfähig, noch länger zu denken, schloß die junge Frau die Augen und wartete darauf, daß jemand sich um sie kümmern würde. Der Gedanke, zu La Trémoille zu gehen, jagte ihr keine Furcht ein. Nichts konnte schlimmer sein als die entsetzliche Nacht, die sie soeben durchgemacht hatte … und dann, war sie nicht genau aus diesem Grunde hierhergekommen: um bei ihrem Feinde einzudringen?
Einige Augenblicke später
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