Cathérine de Montsalvy
ohne ihn ist Selbstmord … Ich habe meine Aufgabe hier erfüllt. Die Montsalvys haben sich wieder den Platz erobert, den sie nie hätten verlieren dürfen. La Trémoille ist geschlagen … Jetzt kann ich an mich denken … an ihn!«
Lautlos ging sie zur Tür und öffnete sie. Draußen wartete der Page, doch auf der Schwelle drehte sie sich um. Immer noch vor dem Fenster stehend, hob Pierre noch einmal die Arme, als wolle er sie halten.
»Cathérine«, flehte er. »Kommt zu mir zurück!«
Aber sie schüttelte den Kopf und lächelte ihm mit einer Art Zärtlichkeit zu.
»Nein, Pierre … Vergeßt mich! Es ist besser so.«
Und als fürchte sie trotz allem, sich durch diese Stimme, die sie so gefährlich aufzuwühlen vermochte, noch einmal erweichen zu lassen, wandte sie sich auf den Fersen um und lief eilends die Treppe hinunter. Als sie auf den Hof hinaustrat, kamen die Jäger eben mit schmetterndem Hörnerklang durchs Torgewölbe geritten. Mitten unter ihnen gewahrte sie den König und neben ihm die sehnige, schmale Gestalt Bernard d'Armagnacs. Er lachte. Mit einem Schlage wimmelte der weite Platz von heißem, pittoreskem Leben. Einige Damen liefen herzu, andere lehnten sich aus den Fenstern und wechselten Scherze mit den Jägern. Rufe ertönten, Gelächter erscholl. Doch diesmal hatte Cathérine kein Verlangen, sich unter sie zu mischen. Arnaud hatte sie wiedergewonnen. Zwischen ihr und diesen Leuten hatte sich eine Kluft aufgetan, zu tief, als daß sie sie überschreiten konnte. Eine einzige Hand hätte sie in diese Welt zurückführen können, von der sie sich schon gelöst fühlte. Und diese Hand hatte weder das Recht noch die Möglichkeit dazu. Aber im Grunde war dies ohne Bedeutung! Sie mußte dorthin, wo ihr Schicksal lag, und sie hatte jetzt Eile, zu den Ihren zurückzukehren.
Am nächsten Morgen verabschiedete sie sich vom König, nachdem sie nicht ohne Mühe von der Königin Maria die Erlaubnis zum Aufbruch erhalten hatte, da diese ihre Eile, den Hof zu verlassen, nicht begriff.
»Ihr seid eben erst angekommen, meine Teure!« sagte sie zu ihr. »Seid Ihr unserer schon überdrüssig?«
»Nein, Madame … aber ich sehne mich nach meinem Sohn, und ich gehöre nach Montsalvy.«
»Gut, dann geht! Aber kommt zurück, sobald es Euch mit dem Kind möglich sein wird. Ihr gehört zu meinen Ehrendamen, und der Dauphin wird bald Pagen brauchen.«
Karl VII. sagte ungefähr dasselbe zu der jungen Frau, fügte aber hinzu:
»So hübsche Frauen wie Ihr sind selten, und jetzt wollt Ihr abreisen? Was gibt es denn so Anziehendes in dieser Auvergne, daß Ihr den sehnlichen Wunsch habt, dorthin zurückzukehren?«
»Es ist ein bewundernswertes Land, Sire, und Ihr würdet es lieben. Und was die Frage betrifft, was mich dahin zieht, so bitte ich Euer Majestät um Verzeihung, wenn ich sage, daß es vor allem mein Sohn und sodann die Ruinen sind …!«
Eine Falte furchte die Stirn des Königs, aber er glättete sie sofort mit einem Lächeln.
»Und Ihr fühlt die Seele eines Baumeisters in Euch? Ausgezeichnet, Dame Cathérine! Ich sehe es gern, wenn eine Frau Entschlossenheit und Energie mit soviel Schönheit verbindet. Aber … was wird bei alldem aus meinem Freund Pierre de Brézé? Plant Ihr, ihn mitzunehmen? Ich muß Euch nämlich sagen, daß ich ihn hier sehr brauche.«
Cathérine wurde steif, senkte jedoch die Augen, um die Erregung, die sich ihrer bemächtigte, zu verbergen. Sie war ja kaum von dem für einen Augenblick geträumten Traum geheilt. Der Name Pierres verursachte ihr noch immer Schmerz.
»Ich nehme ihn nicht mit, Sire! Der Seigneur de Brézé hat sich mir als ein treuer Freund erwiesen, als echter Ritter. Aber er lebt sein Leben, wie ich das meine lebe. Der Kampf ruft ihn, und ich muß mein Haus wiederaufbauen …«
Karl VII. mangelte es nicht an Scharfsinn. Dem leisen Tremolo, das in der Stimme der jungen Frau schwang, entnahm er, daß etwas geschehen sein müsse, und bestand plötzlich nicht mehr darauf, sie noch weiter zurückzuhalten.
»Die Zeit heilt vieles, schöne Dame … Ich habe einen Augenblick geglaubt, daß wir in kurzem eine Verlobung feiern würden, aber offenbar habe ich mich geirrt. Trotzdem, Dame Cathérine, würdet Ihr Eurem König erlauben, Euch einen Rat zu geben? überstürzt nichts … Brecht nicht alle Brücken ab! Ich sagte Euch, die Zeit heilt alles, die Zeit ändert die Männer und Frauen. Ihr sollt eines Tages nichts zu bereuen haben! Das wäre
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