Cathérine de Montsalvy
entsetzten Augen an.
»Was habt Ihr da gesagt? Habe ich richtig gehört?«
Er begann zu lachen, streckte ihr von neuem die Hände entgegen:
»Wie außer Euch Ihr seid! Mein Herz, Ihr macht aus einer ganz natürlichen Sache ein Problem und …«
»Wiederholt, was Ihr gesagt habt!« sagte Cathérine hart und bestimmt. »Was hat meine Schwiegermutter mit alldem zu tun?«
Pierre antwortete nicht sofort. Das Lächeln war von seinen Lippen geschwunden, und er runzelte leicht die Stirn.
»Ich habe nichts Besonderes gesagt! Aber was für einen Ton Ihr anschlagt, meine Teure!«
»Laßt den Ton, und um der Liebe Gottes willen antwortet mir. Was hat das mit der Dame de Montsalvy zu tun?«
»Eine Kleinigkeit nur! Ich habe Euch lediglich gesagt, sie erwartet, daß Ihr meine Frau werdet. Anläßlich meiner Reise da hinunter habe ich ihr die große Liebe gestanden, die ich für Euch empfinde, habe ihr gesagt, daß es mein glühender Wunsch sei, Euch zu heiraten, und daß ich fest glaube, den Sieg bei Euch davonzutragen. Das war normal … Ich fürchtete so sehr, sie wolle Euch zwingen, in der Erinnerung und in dieser alten Auvergne zu leben. Aber sie hat mich sehr gut verstanden …«
»Sie hat verstanden«, wiederholte Cathérine schmerzlich. »Aber was dachtet Ihr Euch eigentlich, als Ihr es wagtet, ihr das zu sagen? Wer hat Euch erlaubt, so etwas anzukündigen?«
Das aufgelöste Gesicht der jungen Frau beeindruckte Pierre. In dem instinktiven Gefühl, sich gegen eine unvorhergesehene Gefahr verteidigen zu müssen, hüllte er sich in die Steppdecke und schwang sich auf den Bettrand. Cathérine hatte sich auf eine Fußbank sinken lassen, die Augen voll zurückgehaltener Tränen, die Finger kalt und zitternd.
Sie wiederholte: »Warum … warum habt Ihr das getan? Ihr hattet nicht das Recht dazu!«
Er kniete vor ihr nieder, nahm ihre kalten Hände in die seinen.
»Cathérine«, flüsterte er, »ich verstehe Eure Betrübnis nicht. Ich gebe zu, ich war etwas zu voreilig, aber ich wollte wissen, ob Ihr keine Hindernisse haben würdet im Falle, daß Ihr einwilligtet, mich zu heiraten. Und dann, etwas früher, etwas später …«
Er war wirklich untröstlich, sie spürte es und hatte fürs erste nicht den Mut, ihm böse zu sein. Jäh aus dem Traumzustand gerissen, in dem sie seit Wochen gelebt hatte, machte sie sich nur selbst Vorwürfe … Aber sie blickte ihn mit bekümmerten Augen an:
»Und was hat meine Schwiegermutter darauf gesagt?«
»Sie hoffe, wir würden sehr glücklich sein und daß ich Euch den Rang und das Leben werde geben können, das Euch gebührt.«
»Das hat sie zu Euch gesagt?« entgegnete Cathérine mit erstickter Stimme.
»Aber ja … Ihr seht also, daß Ihr Euch um nichts Kummer macht!«
Cathérine schob die Hände zurück, die sie halten wollten, und stand auf. Sie stieß ein trockenes Lachen aus.
»Um nichts? … Hört mir genau zu, Pierre: Ihr habt kein Recht gehabt, das zu sagen, weil ich Euch nie heiraten werde! Ihr habt dieser edlen Dame grundlos Leid zugefügt.«
Mit einem Sprung stand er auf. Diesmal war er wütend und packte sie an den Schultern.
»Laßt diesen schlafwandlerischen Ton! Seht mich an! Was Ihr sagt, ist dumm! Ich habe ihr kein Leid angetan, und Ihr habt kein Recht, uns beide deswegen zu bestrafen. Das ist Überheblichkeit von Euch, Cathérine! In Wahrheit fürchtet Ihr, falsch beurteilt zu werden! Aber Ihr habt unrecht: Ihr seid frei, das habe ich Euch schon hundertmal gesagt. Euer Gatte ist tot.«
»Nein!« sagte Cathérine leidenschaftlich.
Jetzt war es an Pierre, unter dem Schock zusammenzuzucken. Seine Hände fielen kraftlos herunter, während er die junge Frau vor ihm mit zusammengepreßten Zähnen und geballten Fäusten ansah.
»Nein? Was wollt Ihr damit sagen?«
»Nichts anderes als das, was ich sage. Wenn mein Gatte auch nach dem menschlichen Gesetz für alle Menschen dieser Welt tot ist, ist er es nicht in Gottes Augen.«
»Ich verstehe nicht … Erklärt Euch!«
Wieder einmal erzählte sie die traurige Geschichte, gestand die fürchterliche Wahrheit ein, aber je weiter sie sprach, desto mehr empfand sie eine Art von Befreiung. Es war, als streifte sie den Rausch der letzten Zeit von sich ab, den gleichermaßen romantischen wie sinnlichen Reiz, der sie für wenige Augenblicke in die Arme dieses Jungen getrieben hatte. Indem sie die lebende Wirklichkeit Arnauds bestätigte, wurde sie sich auch wieder ihrer Liebe zu ihm bewußt. Sie hatte geglaubt,
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