Cathérine de Montsalvy
anziehender vorgekommen als in diesem Augenblick. Sein kräftiger nackter Oberkörper hob sich von der Steppdecke und den Kopfkissen aus roter Seide ab. Ein Verband lag um seine linke Schulter, aber er schien nicht übermäßig zu leiden.
Sein Gesicht war vielleicht ein wenig blaß, doch seine Augen strahlten. Und wenn das Fieber zweifellos seinen Anteil an der ungewöhnlichen Wärme seiner Hände hatte, die Cathérines Hände hielten, so war es sicherlich nicht die einzige Ursache.
»Ihr zögertet?« fragte er vorwurfsvoll und versuchte, sie zu sich zu ziehen. »Warum?«
Sie widerstand, plötzlich gehemmt. Das Ungewöhnliche ihrer Anwesenheit im Gemach eines Mannes wurde ihr auf einmal bewußt.
»Weil ich gar nicht hiersein dürfte. Bedenkt, was man sagen würde, wenn man mich hier überraschte! Nach allem, was gestern geschehen ist …«
»Nichts ist gestern geschehen. Ich bin eine Treppe hinuntergefallen und habe mir dabei die Schulter aufgeschlagen. Ich habe ein wenig Fieber und bin deshalb auf meinem Zimmer geblieben. Was gibt es Normaleres? Ihr habt mich besucht, barmherzig wie ein Engel, um Euch nach meinem Befinden zu erkundigen. Was gibt es Natürlicheres?«
»Und … Bernard?«
»Ist mit dem König seit heute morgen auf der Wildschweinjagd, wie Ihr zweifellos wißt. Und glaubt Ihr vielleicht, ich lasse mich durch ihn einschüchtern? Setzt Euch neben mich, Ihr seid zu weit weg … Und nehmt vor allem diesen Schleier ab, der Euer entzückendes Gesicht verbirgt.«
Sie gehorchte ihm lächelnd, gerührt über dieses Verlangen eines verwöhnten Kindes, das so sehr von seiner stolz zur Schau getragenen Männlichkeit abstach.
»Da«, sagte sie. »Aber ich bleibe nur einen Augenblick. Der König wird bald zurückkehren und Bernard mit ihm.«
»Ich möchte seinen Namen nicht mehr hören, Cathérine!« rief der junge Mann, rot vor Zorn. »Ihr seid wieder frei, und er hat nichts zwischen uns zu suchen. Er hat Euch unwürdig behandelt. Er wird mir noch Rechenschaft geben müssen! … Süße Freundin«, fügte er zärtlich hinzu, als er sah, wie Cathérines Gesicht sich verfinsterte, »gebt mir das Recht, über Euch zu wachen.«
»Aber … ich hindere Euch ja nicht!« entgegnete Cathérine seufzend. »Wacht über mich, mein Freund … Ich habe es dringend nötig!«
»Und ich ersehne es mit aller Kraft! Ihr habt noch nicht begriffen, wie sehr ich Euch liebe, Cathérine, sonst hättet Ihr mir schon Euer Jawort gegeben.«
Während er sprach, zog er sie unmerklich an sich und drückte ganz zart seine Lippen auf ihre gesenkten Lider. Seine Stimme klang einschläfernd, fast schnurrend.
»Warum warten? Seit Eurer Wiederaufnahme in Gnaden gibt es hier niemand, der nicht erwartet, daß wir unsere Verlobung bekanntgeben. Selbst der König …«
»Der König ist sehr gut. Aber ich könnte nicht, so bald …«
»So bald? Viele Frauen heiraten kaum einen Monat nach dem Tod ihres Gatten wieder. So könnt ihr nicht bleiben, allein der Welt gegenüber, vergebens schön. Ihr braucht einen Degen, einen Verteidiger und einen Vater für Euer Kind.«
Seine Lippen glitten in kleinen schnellen Küssen zu denen der jungen Frau hinunter. Er riß sie leidenschaftlich an sich, und sie schloß unter seinem Kuß die Augen, eingehüllt von einem köstlichen Wohlbefinden. All ihre Traurigkeit war verflogen.
»Sagt, was Ihr gern wollt, meine Liebe«, bat er zärtlich. »Laßt mich Euch zu der Meinen machen und allen die Stirn bieten! Sagt ja, Cathérine, meine Kleine …«
Das zärtliche Wort durchbrach den Zauberkreis, in dem Cathérine sich glücklich hatte gehenlassen. Meine Kleine! So hatte Arnaud sie genannt … und mit welcher Liebe! Sie glaubte noch, die Stimme ihres Gatten zu hören, wenn er ihr diese Worte ins Ohr flüsterte. Cathérine, meine Kleine! Niemand konnte es sagen wie er … Mit plötzlich feuchten Augen, aber trockenen Lippen stammelte sie.
»Nein, es ist unmöglich!«
Sie riß sich von ihm los, zwang ihn, seine Arme von ihr zu lösen, die sie einen Augenblick zuvor so fest gedrückt hatten. Er klagte mit einem Anflug von Gereiztheit:
»Aber warum unmöglich? Warum nicht? Es würde niemand überraschen, das habe ich Euch schon gesagt! Nicht einmal Eure Familie! Selbst die Dame de Montsalvy erwartet, daß Ihr meine Frau werdet. Sie versteht, daß Ihr nicht allein bleiben könnt …«
Brüsk war Cathérine auf gestanden! Blaß bis zu den Lippen, starrte sie Pierre mit ebenso ungläubigen wie
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