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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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auffallend.
    Sara hatte sich bekreuzigt, dann war sie, die Schale Milch an der Tür abstellend, bei Cathérine eingetreten, die erst am frühen Morgen eingeschlafen war. Sie hatte sie sanft gerüttelt, und als die junge Frau sich mit einem nervösen Zucken aufgerichtet hatte und sie mit der verstörten Miene jemandes, den man brüsk weckt, ansah, hatte sie gemurmelt:
    »Dame Isabelle hat aufgehört zu leiden, Cathérine … Du mußt aufstehen! Ich werde den Abt benachrichtigen. Wecke inzwischen Michel im Zimmer nebenan, und übergib ihn Donatienne. Der Tod ist kein Anblick für ein Kind!«
    Cathérine hatte gehorcht wie eine Schlafwandlerin. Seit ihrer Rückkehr erwartete sie dieses Ende. Sie wußte, daß die alte Dame es als Erlösung herbeisehnte, und ihre Vernunft flüsterte ihr ein, daß sie nicht betrübt zu sein brauchte, wenn Isabelle endlich Frieden gefunden hatte. Doch die Vernunft vermochte nichts gegen den plötzlichen Schmerz, der sie durchdrang … Sie entdeckte, daß Isabelles Anwesenheit ihr viel kostbarer gewesen war, als sie glaubte. Solange die Mutter Arnauds gelebt hatte, hatte Cathérine jemand gehabt, mit dem sie über ihn sprechen konnte, jemand, der ihn besser kannte als sie selbst, dessen Erinnerungen unerschöpflich waren. Und nun, da auch diese sanfte Stimme verstummt war, wurde die Einsamkeit der Hinterbliebenen noch größer … Arnaud war verschwunden, Gauthier hatte sich seit einem Monat ins Unbekannte gestürzt und jetzt … Isabelle …
    Nachdem sie einen Augenblick später mit Saras Hilfe der Verstorbenen das letzte Kleid angelegt hatte, blieben beide am Fußende des Bettes stehen, auf dem sie ruhte, in das fromme Gewand der Klarissen gekleidet, denn Isabelle hatte vor langer Zeit den Wunsch geäußert, darin ihren letzten Schlaf zu schlafen. Die Strenge der weiten schwarzen Gewänder verlieh ihr eine außerordentliche Majestät, und unter ihren bläulichen Lidern schienen die Augen sich gleich öffnen zu wollen.
    Ganz sanft hatte Cathérine vom Finger Isabelles den gravierten Smaragd gestreift, dessen profane Herrlichkeit mit dem klösterlichen Kleid nicht zu vereinbaren war. Dann hatte sie mit Sara die Tote lange betrachtet, ehe sie zu den ersten Gebeten niederknieten, genau in dem Augenblick, in dem der Abt eintrat, von zwei Geistlichen begleitet, die das Weihrauchfaß und den Weihwasserkessel trugen.
    Die darauffolgenden drei Tage vergingen der jungen Frau wie ein schauerlicher Traum. Die Leiche wurde im Chor der Kirche aufgebahrt und von zwei Mönchen bewacht. Cathérine, Sara und Donatienne lösten sich auf dem Kissen zu Füßen des Katafalkes ab. Für Cathérine hatten diese Stunden der Wache in der stillen Kirche etwas Unwirkliches. Die Mönche, die neben der Bahre standen, die Kapuzen tief ins Gesicht herabgezogen und die Hände in ihren weiten Ärmeln vergraben, kamen Cathérine wie Geister vor, und das zitternde Licht der dicken gelben Wachskerzen verlieh ihrer Unbeweglichkeit etwas Erschreckendes. Um dem Schrecken zu entrinnen, den sie empfand, zwang sich Cathérine zu beten, aber die Worte wollten nicht kommen … Sie wußte nicht mehr, wie sie sich an Gott wenden sollte. Sie fand es viel leichter, sich ganz einfach an die Verstorbene zu wenden.
    »Mutter«, flüsterte sie ganz leise, »da, wo Ihr jetzt weilt, muß alles viel einfacher, viel leichter sein! … Helft mir! … Macht, daß er wiederkommt oder daß er wenigstens erfährt, daß ich nie aufgehört habe, ihn zu lieben! Mich verzehrt mein Kummer!«
    Aber das wächserne Gesicht blieb unbeweglich, und das halbe Lächeln der geschlossenen Lippen hütete sein Geheimnis. Cathérines Herz wurde immer schwerer, je mehr die Zeit verging.
    Am Abend des dritten Tages wurde die Leiche Isabelle de Ventadours, Dame von Montsalvy, in Anwesenheit der ganzen Bevölkerung ins Grab hinabgelassen. Hinter dem hölzernen Gitter ihrer Einzäunung sangen die kräftigen Stimmen der Mönche der Abtei das Miserere. Und unter ihren Trauerschleiern, die an diesem Abend eine neue und doppelte Bedeutung annahmen, sah Cathérine unter den Steinfliesen der Kirche die zerbrechliche Gestalt derjenigen verschwinden, die vor fünfunddreißig Jahren dem Mann das Leben geschenkt hatte, den sie anbetete …
    Beim Verlassen der geweihten Stätte kreuzte sich der Blick der jungen Frau mit dem des Abtes, der die Totenmesse gelesen hatte. Sie sah in ihm gleichermaßen eine Frage und eine Bitte, wandte aber den Kopf ab, als wollte sie einer

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