Cathérine de Montsalvy
ersetzen und Euch für den Wiederaufbau des Schlosses zu interessieren. Meine Diener bleiben … ich gehe!«
»Wohin geht Ihr? Ihm nach?«
»Natürlich. Ich möchte ihn nicht für immer verlieren.«
»Er ist bereits für immer verloren!« sagte der Abt streng. »Er wendet sich Gott zu. Warum wollt Ihr ihn auf die Erde zurückholen? Die Lepra ist gnadenlos!«
»Nur wenn Gott es will! Muß ich Euch, mein Vater, daran erinnern, daß es Wunder gibt! Wer sagt Euch, daß er am Grab San Jagos von Galicia nicht Heilung finden wird?«
»Dann laßt ihn dort hingehen, wie er es beabsichtigt! Aber allein!«
»Und wenn er gesundet? Soll ich ihn auch dann weiterziehen lassen, fern von mir, um sich im Kampf gegen die Ungläubigen töten zu lassen?«
»Was sonst taten die Frauen der alten Kreuzfahrer?«
»Einige gingen mit ihnen! Ich möchte den Mann wiederfinden, den ich liebe!« schleuderte Cathérine in wildem, leidenschaftlichem Ton dem Abt entgegen, der die Augen abwandte und leicht die Stirn runzelte.
»Und … wenn er nicht geheilt wird?« sagte er schließlich. »Es ist eine seltene Gnade, die einem nicht leicht widerfährt.«
Es trat Stille ein. Bis dahin hatten sich die Fragen und Antworten Cathérines und des Abtes in rascher Folge gekreuzt wie die Degen zweier Duellanten. Aber die letzten Worte beschworen das große Entsetzen der verfluchten Krankheit herauf. Ein Frösteln glitt über den Rücken aller Anwesenden.
Cathérine erhob sich, schritt zu dem großen gekreuzigten Christus, der seine entfleischten Arme an der Wand des Kapitularsaales ausbreitete.
»Wenn er nicht gesundet, bleibe ich bei ihm, so lange lebend, wie er leben wird, an seiner Krankheit sterbend, aber mit ihm!« sagte sie fest, die Augen auf das Kreuz geheftet, als wollte sie es zum Zeugen anrufen.
»Gott verbietet den Selbstmord! Mit einem Leprakranken leben heißt willentlich den Tod suchen!« wandte der Abt trocken ein.
»Lieber den Tod mit ihm als das Leben ohne ihn … und selbst die Verdammnis, falls man Gott lästert, indem man über alle Maßen liebt!«
Die Stimme des Abtes donnerte, während seine magere Hand sich gen Himmel streckte.
»Schweigt! Die menschliche Leidenschaft läßt Euch ganz bestimmt noch einmal lästern! Bereut, wenn Euch vergeben werden soll, und bedenkt, daß die Stimme der fleischlichen Liebe eine Beleidigung der Reinheit Gottes ist!«
»Verzeiht mir … aber ich kann nicht lügen, wenn es sich um das handelt, was mein Leben ausmacht. Ich kann nicht anders sprechen! Antwortet mir nur, mein Vater. Seid Ihr einverstanden, mich in Montsalvy zu vertreten und meine Familie weiter zu beschützen, gleichzeitig also Herr und Abt bis zu meiner Rückkehr zu sein?«
»Nein!«
Das Wort kam geradezu knallend, scharf und endgültig.
Von neuem trat dumpfe Stille ein. Hinter Cathérine hielten die drei stummen Zeugen den Atem an. Die junge Frau sah das schmale, strenge Gesicht ungläubig an.
»Nein? … Mein Vater! … Warum nicht?«
Es war ein wahrhafter Schmerzensschrei! Langsam ließ sie sich auf die Knie fallen und streckte die Hände in der instinktiven Bewegung einer Flehenden aus.
»Warum nicht?« wiederholte sie mit tränenerstickter Stimme. »Laßt mich gehen! Wenn ich seine Liebe auf immer verliere, wird mein Herz von selbst aufhören zu schlagen. Ich könnte nicht mehr leben!«
Die starren Züge drückten plötzlich tiefe Sanftmut aus. Bernard de Calmont beugte sich zu der jungen Frau hinunter, nahm die ihm entgegengestreckten Hände und hob die Kniende behutsam auf.
»Weil Ihr jetzt nicht gehen könnt, meine Tochter! Ihr denkt nur an Eure menschliche Leidenschaft, an Euren rechtmäßigen … und vielleicht auch verdienten Schmerz. Hattet Ihr diesen jungen Herrn nicht ermutigt, Eure Liebe zu erhoffen? Nein, antwortet mir nicht! Sagt mir nur, ob diese Liebe Euch nicht zur Grausamkeit treibt, ob es in diesem so völlig vergebenen Herzen nicht noch Mitleid für andere gibt?«
»Was wollt Ihr damit sagen?«
»Dies: Von Eurem Sohn ganz zu schweigen, der Euch hier zurückhalten sollte, werdet Ihr die alte Frau ohne Eure Liebe allein sterben lassen, diese Mutter, die nur noch Euch hat und deren Leid zweifellos schlimmer ist als das Eure, denn Ihr bewahrt in Eurem Inneren zähe die dunkle Hoffnung, Euren Gatten wiederzusehen. Während sie weiß, daß sie ihren Sohn niemals wiedersehen wird … Werdet Ihr so gefühllos sein?«
Cathérine senkte den Kopf. In ihrer Verzweiflung hatte sie Isabelle
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