Cathérine und die Zeit der Liebe
ruhig:
»Was werden wir sagen, wenn wir auf die Männer des Kalifen treffen?«
»Daß wir die alte Prinzessin Zeinab, die Großmutter des Emirs Abdallah, der in Almeria herrscht, eskortieren. Sie befinde sich auf dem Rückweg in ihren Palast, nach einem Besuch einer Sultanin, mit der sie schon lange befreundet ist.«
»Wird man uns das glauben?«
»Wer würde es wagen, das Gegenteil zu behaupten?« unterbrach Abu al-Khayr. »Fürst Abdallah, der Vetter des Kalifen, ist so empfindlich, daß der Herr selbst in seinen Beziehungen zu ihm äußerst vorsichtig ist. Almeria ist unser wichtigster Hafen. Und was meine Person betrifft, so ist es ganz normal, daß ein Arzt diese edle Dame begleitet«, schloß er, sich ebenfalls auf den Kissen der Sänfte niederlassend.
Jetzt ritt der Trupp in die Nacht, ohne ein anderes Geräusch als die gedämpften Hufschläge der Pferde. In der nahen Stadt hielt die Unruhe an. Alle Lichter brannten, große Feuertöpfe loderten auf dem Wall, und Granada funkelte in der Dunkelheit wie eine riesige Ansiedlung von Glühwürmchen. Das Bild, das Cathérine, als sie die Vorhänge halb öffnete, begierig und mit einem Gefühl des Triumphes sah, war wunderbar, aber die Schreie und der Tumult, die über die hohen Mauern drangen, gaben ihm eine unheilvolle Note. Da unten wurde gestöhnt, gestorben, Peitschen sausten auf angstgekrümmte Rücken herunter …
Mansours brummende Stimme drang an Catherines Ohr. »Der Kalif rechnet ab! Reiten wir schnell weiter! Wenn man mich erkennt, müssen wir kämpfen, und wir sind nur zwanzig Mann!«
»Ihr vergeßt uns, Seigneur!« sagte Gauthier trocken, der so nahe an der Sänfte ritt, daß Cathérine ihn mit ausgestrecktem Arm hätte berühren können. »Mein Kamerad Josse kann kämpfen. Und was mich betrifft, so behaupte ich, zehn aufzuwiegen.«
Die dunklen Augen Mansours schätzten den Riesen prüfend ab; Cathérine erriet den Schatten eines Lächelns im Ton seiner Stimme, als er ruhig erwiderte: »Gut, sagen wir also, wir sind dreißig und einer, und möge Allah uns beschützen!«
Er ritt wieder zur Spitze der kleinen Kolonne, die bald ins dunkle Land tauchte. Die Feuer von Granada blieben allmählich zurück. Die schlechte, schwer auszumachende Straße stieg an, und unversehens verschwand die Stadt hinter einem Felsvorsprung.
»Der Weg wird beschwerlich werden«, bemerkte Josse auf der anderen Seite der Sänfte. »Wir werden hohe Berge überwinden müssen. Andererseits werden wir uns dann leichter verteidigen können.«
Ein scharfer Befehl peitschte durch die Nacht, und der Trupp hielt an. Beunruhigt schob Cathérine den Vorhang auseinander, nachdem sie Arnaud einen ängstlichen Seitenblick zugeworfen hatte. Aber er schlief noch immer, glücklicherweise teilnahmslos gegenüber den Ereignissen draußen. Der Felsvorsprung war zurückgeblieben. Granada war wieder sichtbar geworden. Auch das Palais Aminas, wo die Lampen auf den Zinnen der weißen Mauern brannten. Die Stimme Mansours, von unwillkürlicher Unruhe bebend, drang an Catherines Ohren.
»Es war höchste Zeit! Seht!«
Ein Reitertrupp in weißen Mänteln, Fackeln in den Händen, die Funken in die Nacht sprühten, sprengte in sausendem Galopp über die römische Brücke und hielt in einer Staubwolke vor dem Portal des Alkazar Genil. An der Spitze schimmerte die grüne Standarte des Kalifen. Der ganze Trupp stürzte sich in die breite, geöffnete Pforte … Cathérine schauderte. Es war wirklich höchste Zeit gewesen; ein paar Minuten länger im Palast, und alles hätte wieder von vorn begonnen: der Alpdruck, die Angst und zum Schluß der Tod!
Wieder klang die Stimme Mansours:
»Wir sind schon zu weit, um gesehen zu werden! Gesegnet sei Mohammed, denn wir wären einer gegen fünfzig gewesen!« Cathérine steckte den Kopf durch den Vorhang, suchte die hohe Gestalt des Anführers.
»Und Amina?« fragte sie. »Ist sie nicht in Gefahr?«
»Was hätte sie zu fürchten? Man wird nichts bei ihr finden. Die Kleider meiner Männer sind bereits im Garten vergraben, und es gibt niemand unter ihren Dienern oder ihren Kammerfrauen, der sich nicht lieber die Zunge abschneiden ließe, als sie zu verraten. Und selbst wenn Mohammed sie im Verdacht hat, mich unterstützt zu haben, ist er weit davon entfernt, sich vorzustellen, daß sie Euch beigestanden haben könnte, und wird nichts gegen sie unternehmen. Das Volk betet sie an, und ich glaube, er liebt sie immer noch. Jedoch«, schloß er mit einem
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