Cathérine und die Zeit der Liebe
plötzlichen Zornesausbruch, »wird er sie mir eines Tages zurückgeben müssen! Denn ich komme zurück! Ich komme viel stärker zurück als je, und an diesem Tag werde ich ihn töten! Bei Allah, meine Rückkehr wird Zeuge seines letzten Augenblicks sein!«
Ohne ein weiteres Wort gab der fürstliche Rebell seinem Pferd die Peitsche und machte sich an die Erstürmung des ersten Ausläufers der Sierra. Der Trupp setzte sich schweigend hinter ihm in Bewegung, aber in einem wesentlich vernünftigeren Marschtempo. Cathérine ließ den Vorhang zurückfallen. Im Innern der Sänfte war es vollkommen dunkel und so drückend heiß, daß Abu al-Khayr die Vorhänge auf einer Seite zurückschob und festband.
»Wir riskieren nicht, erkannt zu werden. Und so können wir besser atmen«, flüsterte er.
Im etwas helleren Schatten sah Cathérine seine Zähne blitzen. Sie begriff, daß er lächelte, und faßte bei diesem Lächeln wieder Mut. Ängstlich suchte ihre Hand Arnauds Stirn. Sie war warm, aber von einer weniger trockenen Wärme als bislang. Ein wenig Schweiß perlte auf ihr, während sein Atem regelmäßig und kräftig ging. Er schlief fest. Im Grunde ihres Herzens etwas wie Glück empfindend, setzte sich Cathérine zu Füßen ihres Gatten nieder und schloß die Augen.
Der Angriff kam zwei Tage später, mitten im Herzen der Sierra, gegen Sonnenuntergang. Die Flüchtigen hatten das Hochtal des Genil erstiegen und folgten am Hang einer tiefen Schlucht, in der ein Sturzbach schäumte, einem zum Paß aufsteigenden Pfad. Die Temperatur, die auf der Höhe von Granada tropisch gewesen war, hatte sich beträchtlich abgekühlt. Die Schneegrenze war nahe, und der Saumpfad schien eine Talwand sozusagen vertikal durchstoßen zu wollen, die von drei riesigen Gipfeln beherrscht wurde. Mansour hatte auf den imposantesten aufmerksam gemacht.
»Man nennt ihn den Mulhacén, weil er das verborgene Grab des Kalifen Moulay Hacen verschließt. Dort leben nur Adler, Geier und die Männer Faradjs des Einäugigen, eines berüchtigten Wegelagerers.«
»Wir sind zu stark, um einen Banditen fürchten zu müssen!« hatte Gauthier geringschätzig erklärt.
»Das ist noch die Frage! … Wenn Faradj Gold braucht, kann es sein, daß er in die Dienste des Kalifen tritt, und verstärkt durch Grenzposten, wird er fürchterlich.«
Die letzten schrägen Strahlen der Sonne beschienen die weißen Burnusse und vergoldeten Helme der falschen Garden des Kalifen, so daß sie sich von den schwarzen Felsen scharf wie ein Relief abhoben. Und ganz plötzlich erklangen wilde, so durchdringende Schreie, daß die Pferde scheuten. Eines hob sich auf die Hinterbeine und warf seinen Reiter aus dem Sattel, der mit einem Schrei in die Schlucht stürzte. Hinter jedem Felsen tauchte ein Mann auf … das ganze Gebirge schien sich zu beleben und auf den kleinen Trupp zu stürzen. Es waren schlecht gekleidete, zum Teil fast zerlumpte Bergbewohner, aber ihre Waffen blitzten heller als ihre scharfen Zähne. Ein kleiner, magerer, verwachsener Mann mit schmutzigem Turban, in dem ein Büschel Adlerfedern steckte, und einem schmierigen Band über dem Auge führte sie zum Angriff, indem er schreckliche Kreischlaute von sich gab.
»Faradj, der Einäugige!« rief Mansour. »Schließt euch um die Sänfte zusammen!«
Schon blitzten die Krummschwerter in den Fäusten der Krieger, Gauthier preschte zum Anführer vor, um neben ihm zu kämpfen, und rief Josse zu: »Schütze die Sänfte!«
Aber die Vorhänge der Sänfte flogen auseinander. Arnaud tauchte auf, Cathérine schroff zurückstoßend, die versuchte, sich an ihn zu klammern, und ihn anflehte, sich nicht zu rühren. »Eine Waffe!« rief er. »Ein Pferd!«
»Nein!« schrie Cathérine. »Du kannst noch nicht kämpfen … du bist viel zu schwach!«
»Wer sagt das? Glaubst du, ich sehe zu, wie sie von diesen Ungläubigen ausgeplündert werden, ohne mich am Kampf zu beteiligen? Duck dich wieder hinein, und rühr dich nicht!« befahl er barsch. »Und du, Freund Abu, paß auf sie auf, damit sie keine Dummheiten macht!«
Mit zorniger Ungeduld riß er sich die blauen Schleier herunter, in die er gehüllt war, behielt nur die bauschigen Musselinhosen und das für seine breiten Schultern zu enge Jäckchen an.
»Ein Pferd! Eine Waffe!« wiederholte er.
»Da ist eine Waffe«, sagte Josse ruhig, ihm sein eigenes Krummschwert reichend. »Ihr versteht es besser als ich, mit diesem Hackbrett umzugehen. Und mein Pferd könnt Ihr auch
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