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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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und, sollen sie doch!« rief Cathérine. »Was macht mir das aus? Sind wir etwa aus diesem Land? Das einzig Wichtige ist das Leben Gauthiers …«
    Josse warf ihr einen kurzen Blick von unten her zu.
    »Liebt Ihr ihn so sehr?« fragte er mit einem leichten Anflug von Spott, der der jungen Frau nicht entging. Sie senkte ihren blauen Blick geradewegs in die Augen des ehemaligen Landstreichers und sagte hoheitsvoll:
    »Gewiß, ich liebe ihn … ich liebe ihn, als wäre er mein Bruder … oder mehr. Er ist nur ein Bauer, aber sein Herz, seine Tapferkeit und Treue machen ihn würdiger, die goldenen Sporen zu tragen, als ein Adliger. Und wenn Ihr hofft, mich zu überreden, die Stadt zu verlassen und ihn diesen Tieren auszuliefern, dann habt Ihr Eure Mühe verschwendet. Und wenn ich mein Leben dabei verlieren sollte, werde ich versuchen, ihn zu retten.«
    Josses Mund verzog sich zu einem stummen Lächeln, während ein Funkeln in seinen Augen tanzte.
    »Und wer sagt das Gegenteil, Dame Cathérine? Ich habe lediglich bemerkt, daß es schwierig sein würde und daß wir einen Aufruhr riskieren, mehr nicht. Hört!«
    Draußen erhob sich eine neue Salve von Schreien und Todesrufen in der Dämmerung des Abends.
    »Der Alkalde hat die Wachen am Fuß des Turms verdoppeln lassen. Die Leute stehen, vom Regen durchweicht, in Massen auf dem Platz und heulen wie die Wölfe.«
    »Die Wachen verdoppelt?« fragte Cathérine erbleichend.
    »Die Wachen beunruhigen mich nicht«, wandte Hans ein, der völlig durchnäßt in diesem Augenblick eintrat, »sondern die Menge. Wenn der Regen sie nicht einmal verjagen kann, ist das Volk fähig, die ganze Nacht, die Nase in die Höhe gereckt, an Ort und Stelle zu bleiben. Und dann – können wir mit unserem Plan einpacken!«
    Er schüttelte sich wie ein Hund, zuckte mit den Schultern, um das Wasser abzuschütteln. In dem Blick, den er Cathérine zuwarf, lag Mitgefühl. Die junge Frau war kreideweiß und machte sichtbare Anstrengungen, Ruhe zu bewahren. Einen Augenblick verharrte sie in Schweigen, während Hans seine Schuhe auszog, die völlig verdreckt waren. Schließlich fragte sie:
    »Die Winde? Habt ihr Euch darum kümmern können?«
    »O ja. Unter dem Vorwand, etwas funktioniere nicht, habe ich sie derart eingefettet, daß man sie braten lassen könnte. Aber das Hauptproblem sind all diese Leute, die da draußen gaffen und brüllen! So könnte man dem Gefangenen nicht einmal zu trinken und zu essen geben.«
    »Sie müssen weg!« sagte Cathérine grollend zwischen den Zähnen. »Unbedingt!«
    »Ja«, entgegnete Josse, »aber wie? Wenn der Regen nicht einmal ausreicht …«
    In diesem Augenblick krachte ein solcher Donnerschlag, daß die drei Gefährten auffuhren. Gleichzeitig hätte man meinen können, der Himmel platze. Der Regen verwandelte sich zur Sintflut. Es goß wie aus Kübeln, so daß sich der Platz in wenigen Minuten leerte.
    Die Menschen schützten sich, so gut sie konnten, gegen den Platzregen und stürmten fluchtartig in die Häuser zurück. Die Soldaten drückten sich instinktiv an die Wand der Kathedrale, ein notdürftiges Obdach suchend. Die Arbeiter stiegen von den Türmen herunter. Nur der Käfig blieb in Gewitter und Wind, der so heftig war, daß das hölzerne Gehäuse hin und her schaukelte.
    Hinter dem kleinen Fenster des Raums zusammengedrängt, blickten Cathérine, Hans und Josse hinaus.
    »Wenn das andauern würde …«, murmelte Cathérine. »Aber es ist ja nur ein Gewitter …«
    »Es kommt vor, daß Gewitter andauern«, sagte Hans ermutigend. »Auf jeden Fall bricht die Nacht an … es wird ziemlich dunkel werden. Kommt, meine Leute nähern sich. Wir müssen etwas essen und ein wenig ruhen. Wir haben heute nacht noch einiges zu tun …«
    Der Abend kam Cathérine noch länger vor als der Tag. Der Regen hielt an. Man hörte auf dem Dach sein unaufhörliches, wütendes Prasseln. Die Arbeiter hatten schweigend gegessen, dann ging einer nach dem anderen mit vor Müdigkeit hängenden Schultern zu seinem Lager. Nur zwei oder drei blieben zurück, um mit Hans Bier zu trinken, das aus dem großen Faß gezapft wurde.
    Am Feuerherd Josse gegenübersitzend, der, die Kappe über die Augen gezogen und die Arme gekreuzt, zu schlafen schien, wartete Cathérine.
    Auch sie hatte die Augen geschlossen, aber der Schlaf wollte sich nicht einstellen. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Alle drehten sich um den Mann, der da oben den entfesselten Elementen ausgeliefert war.

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