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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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dauerte nur fünf Tage. Fünf ereignislose, nicht so mühsame Tage, wie Cathérine befürchtet hatte. In den wenigen Dörfern und kleinen Städten oder bei den Schafhirten konnten sie sich gegen ein paar Geldstücke Käse, Buchweizenfladen und Milch beschaffen. Cathérine fand sogar den Fluß ihrer Träume in der Nähe des Städtchens Lerma, wo eine Menge Ziegenhautschläuche von allen Dächern herunterhingen, um in der Sonne zu trocknen. Das Wasser war noch kalt, aber das Wetter hatte ganz plötzlich und ohne Vorankündigung sommerlichen Charakter angenommen. Dem Wind und dem peitschenden Regen war eine unerwartete Hitze gefolgt, die der jungen Frau den Wassermangel und das Fehlen von Körperpflege immer unerträglicher gemacht hatte. Der Anblick des Wassers hatte sie begeistert. Es war sehr richtig, daß sie Josse erlaubt hatte, sich ein wenig aus der Stadt zu entfernen. Ohne Sorge, gesehen zu werden, und nachdem sie Josse freundlich befohlen hatte, sich umzuwenden, hatte sie sich die Kleider heruntergerissen und sich kopfüber ins Wasser gestürzt. Und dies alles so schnell, daß ihr schlanker Körper nur einen Augenblick in der Sonne geglänzt hatte, bevor er im Wasser untergetaucht war.
    Von allen Bädern, die Cathérine in ihrem Leben genommen hatte, war ihr dieses als das beste vorgekommen, obgleich die Fluten nicht sehr klar waren. Sie war lange mit Genuß geschwommen, zuerst quer über den Fluß und dann wieder zurück, und hatte sich im Schutz eines Uferfelsens jeden Teil ihres Körpers sorgfältig abgerieben. Sie hätte in diesem Augenblick viel für ein Stück dieser wunderbaren parfümierten Seife gegeben, die man früher im burgundischen Flandern eigens für die schöne Geliebte des Großherzogs des Abendlandes herstellte. Jedoch war dies wirklich das einzige, was sie aus ihrem vergangenen Leben vermißte. Es konnte ihr großes Vergnügen an ihrem Bad nicht schmälern. Von Zeit zu Zeit warf sie einen Seitenblick auf Josse und das Gespann. Der ehemalige Landstreicher schien sich in eine Statue verwandelt zu haben. Steif auf seiner Bank sitzend, heftete er seinen Blick starr auf die Ohren der Pferde, die sich die Rast zunutze machten, um einige der spärlichen Grasbüschel zu fressen.
    Als sie sich für sauber genug hielt, stieg Cathérine aus dem Wasser und hüllte sich eilig in ihr Hemd. Doch zog sie ihren Reitrock nicht wieder an. Die Hitze machte den dicken, fast unbearbeiteten Wollstoff beschwerlich, und außerdem starrte er vor Schmutz. Nach der lenzlichen Frische des Wassers schien ihr sein Schweißgeruch unerträglich. In ihrem Gepäck hatte sie ein Kleid aus feiner grauer Wolle, ein sauberes Hemd und Strümpfe ohne Löcher, die sie anziehen würde.
    Als sie einen Augenblick später zurückkam, trocken und frisiert, stellte sie fest, daß Josse sich nicht vom Fleck gerührt hatte. Sie konnte sich nicht enthalten, boshaft zu sticheln.
    »Nanu, Josse! Hat Euch das frische Wasser nach soviel Strapazen und Staub nicht gereizt?«
    »Ich mag Wasser nicht!« erwiderte Josse in einem so trübsinnigen Ton, daß die junge Frau in Lachen ausbrach.
    »Zum Trinken, glaube ich Euch gern. Aber zum Waschen ist es doch sehr schön. Warum habt Ihr Euch mir nicht angeschlossen?«
    Sie hatte ihre Frage in aller Unschuld gestellt, daher war ihre Überraschung groß, als sie Josse puterrot werden sah. Er räusperte sich, um die Stimme klar zu bekommen, aber es klang trotzdem seltsam heiser, als er erklärte:
    »Vielen Dank, Dame Cathérine … aber dieses Wasser lockte mich nicht.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil …« Er zögerte einen Augenblick, dann, einen tiefen Seufzer ausstoßend wie jemand, der einen Entschluß gefaßt hat: »Weil ich es für gefährlich halte!«
    »Gefährlich? Und Ihr habt mich darin baden lassen?« spöttelte Cathérine, die sich über die Verlegenheit des Burschen höchlichst ergötzte.
    »Für Euch war es nicht gefährlich!«
    »Ich verstehe immer weniger.«
    Josse, der sichtlich Qualen litt, schien sich auf seinem Sitz so unbehaglich zu fühlen, als wäre dieser ein rotglühender Rost. Beharrlich blickte er vor sich hin, doch plötzlich wandte er den Kopf, begegnete dem amüsierten Blick Catherines und erklärte würdevoll: »Dame Cathérine, ich bin immer ein vernünftiger Mann gewesen, das hat mich bis jetzt am Leben erhalten und wird mich, wie ich wenigstens hoffe, ein vorgeschrittenes Alter erreichen lassen. Damals, als ich meine abgenutzten Schuhsohlen und meinen leeren Bauch noch

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