Cathérine und die Zeit der Liebe
ehrenhaft untergebracht werden. Kommt, edle Dame, gehen wir inzwischen soupieren.«
Mit einer Zuvorkommenheit, die einem weltlichen Fürsten nicht besser angestanden hätte, bot Don Alonso Cathérine die Hand, um sie zu Tisch zu führen. Unwillkürlich errötete sie. Der Gegensatz ihrer eigenen, mehr als einfachen und ziemlich staubigen Kleidung zum purpurrot-blauen Brokat des Erzbischofs war zu auffallend. »Ich bin nicht würdig, an Eurer Tafel zu sitzen, Monseigneur«, entschuldigte sie sich.
»Wenn man Augen hat wie Sie, meine Teure, ist man immer würdig, am Tisch eines Kaisers Platz zu nehmen. Außerdem werdet Ihr in Euren Gemächern Eurem Stande angemessenere Kleider vorfinden. Aber ich glaube, nachdem Ihr so viele Meilen zurückgelegt habt, müßt Ihr vor Hunger sterben und braucht dringend etwas zu essen«, schloß der Bischof lächelnd.
Cathérine gab sein Lächeln zurück und nahm die ihr immer noch dargereichte schöne Hand. Sie war unbewußt glücklich, Tomas, dem Pagen, den Rücken kehren zu können, dessen Anblick ihr sofort unangenehm gewesen war, als er ins Licht getreten war. Nicht, daß er häßlich gewesen wäre. Es war ein etwa vierzehn- oder fünfzehnjähriger Junge mit edlen, regelmäßigen Gesichtszügen. Aber in der fahlen Blässe seines Aussehens und der Magerkeit seines langen schwarzgekleideten Körpers lag etwas Gieriges und Unnachgiebiges zugleich. Und was seinen Blick betraf, so gestand Cathérine sich ganz im geheimen ein, daß er beinahe unerträglich war, etwas bei einem so jungen Menschen Seltenes. Die eisblauen Augen unter den Lidern, die nicht einen Augenblick blinzelten, brannten in einem fanatischen Feuer, das schwer auszuhalten war. Kurzum, seine unheimliche Gestalt bildete einen unerfreulichen Gegensatz zu der Pracht des Dekors, und während Cathérine an der Seite Don Alonsos durch eine schmale, durchbrochene Marmorgalerie schritt, die auf den großen Hof hinausblickte, konnte sie sich nicht enthalten, eine Bemerkung darüber zu machen.
»Darf ich Eurer Hoheit sagen, daß Euer Page nicht zu Euch paßt? Er scheint in keiner Weise in Übereinstimmung mit dem Glanz, der uns umgibt«, sagte sie, indem sie auf den prächtigen Hof mit seinen Marmorarkaden und den mit leuchtenden Azulejos bedeckten Wänden deutete.
»Als ob ich das nicht auch bemerkte«, lächelte der Bischof. »Tomas ist einer der Besten, eine beharrliche und harte Seele, ganz Gott hingegeben. Ich fürchte sehr, daß er meine Lebensweise und meine Umgebung ziemlich streng beurteilt. Die Wissenschaft und die Schönheit interessieren ihn nicht, obwohl diese doch meinen Lebensinhalt darstellen. Er haßt die Mauren mehr als den Herrn Satan, glaube ich. Ich schätze ihren Geist.«
»Warum habt Ihr ihn dann zu Euch genommen?«
»Sein Vater ist ein alter Freund von mir. Er hoffte, daß der junge Tomas bei mir vom Glauben gefesselt werden würde, allerdings von einer liebenswerteren Vorstellung, als er sie hat, aber ich fürchte, ich bin gescheitert. Er wagt nicht, mir den Dienst aufzukündigen. Indessen weiß ich, daß er sehnlichst wünscht, in den Dominikanerorden von Segovia einzutreten, und ich werde bestimmt keinen Augenblick zögern, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Er ist erst seit drei Monaten hier. Nach sechs Monaten werde ich ihn zurückschicken. Er ist wirklich zu unheimlich!«
Unmittelbar bevor sie den großen Saal betraten, in dem das Souper angerichtet war, konnte Cathérine einen Blick auf die schwarze Gestalt des Pagen erhaschen, der unten in der Mitte des Hofs neben dem Karren stand und einem Trupp von Dienern Befehle erteilte. Sie fröstelte wieder in der Erinnerung an den eisigen, verächtlichen, an Widerwillen grenzenden Blick, mit dem der unbekannte Junge sie niedergedrückt hatte.
»Wie heißt er?« konnte sie sich nicht enthalten zu fragen.
»Tomas von Torquemada. Seine Familie stammt aus Valladolid. Aber vergeßt ihn, meine Teure, und gehen wir zu Tisch.«
Es war lange her, seit Cathérine ein solches Mahl genossen hatte. Offenbar waren die Speisekammern des Erzbischofs wohl gefüllt, und seine Köche kannten jede Verfeinerung der abendländischen Küche, auch gewisse Süßigkeiten der orientalischen Kochkunst. Heiße, parfümierte Weine aus der bischöflichen Residenz des Prälaten (in die er übrigens nie den Fuß setzte) benetzten ein Festessen aus verschiedenen Fisch- und Wildbretgerichten, das mit einer Vielfalt reichlich mit Honig übergossenen Backwerks endete. Ein Heer von Dienern
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