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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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übergeschnappt!«
    Und der große Pinsel von Gauthier entgegnete im ernstesten Ton der Welt:
    »Vielleicht ist es die Sonne! Sie ist sie nicht gewohnt.«
    Doch als sie ihr vom Pferd helfen und sie in den Schatten führen wollten, hörte sie ebenso jäh mit Lachen auf, wie sie begonnen hatte. Sie war puterrot vor Lachen, und ihr Gesicht war mit Tränen bedeckt, aber sie warf dem Normannen einen klaren, frohen Blick zu:
    »Soeben ist's mir eingefallen, Gauthier! Fray Ignacio fehlt das rechte Auge! … Und mein verstorbener Gatte, der Finanzminister von Burgund, verlor sein linkes Auge in der Schlacht von Nicopolis! Ich bin immer noch frei, verstehst du, frei, mein Recht von der Ungläubigen zurückzufordern!«
    »Wollt Ihr Euch nicht ein wenig ausruhen?« wagte Josse vorzuschlagen, der nichts verstanden hatte. Sie überschüttete ihn mit einem neuen Lachanfall.
    »Ausruhen? Ihr seid wohl verrückt geworden! Im Gegenteil, im Galopp weiter! Nach Granada! Nach Granada – so schnell wie möglich! Und nun zu uns beiden, Arnaud de Montsalvy!«

 
Zweiter Teil
    Alhambra

Kapitel 9
    Vierzehn Tage später schritten drei Bettler staubbedeckt und in Lumpen gehüllt durch den Hufeisenbogen Bab el-Adrar, die Pforte des Gebirges, inmitten einer dem Markt zuströmenden Menge. Niemand beachtete sie, denn es gab viele Bettler in Granada. Der größte von ihnen, ein wahrer Riese, ging voraus, gab aber keinen Ton von sich. Zweifellos ein Stummer. Dann kam die Frau, doch mit Ausnahme ihrer schmutzigen Füße in den ausgetretenen Pantoffeln sah man unter ihrem schwarzen, abgetragenen Kattun nichts von ihr als dunkle, herrliche Augen. Der dritte, der blind sein mußte, nach seinem zögernden Schritt und der Art zu schließen, wie er sich an die anderen beiden klammerte, war ein schwarzbrauner Trottel, der im Vorübergehen das Mitleid der Passanten zu erregen suchte, indem er mit jammernder Stimme einige Verse des Korans vor sich hin leierte. Auf jeden Fall hätte niemand in dieser jämmerlichen Gruppe die drei munteren, vor vierzehn Tagen aus Coca aufgebrochenen Reiter erkannt … Josse war auf diesen Gedanken gekommen.
    »Wenn man uns als Christen erkennt, sind wir verloren!« hatte er zu den beiden anderen gesagt. »Unsere Köpfe werden bald die Mauern von Granada zieren, und unsere Leichen werden den Hunden in den Straßengräben zum Fraß vorgeworfen. Die einzige Möglichkeit, unerkannt durchzukommen, ist als Bettler verkleidet.«
    Bei dieser Verwandlung hatte sich der ehemalige Landstreicher als wahrer Künstler erwiesen. Der Hof der Wunder, dem er so lange zur Zierde gereicht hatte, war dafür die beste Schule gewesen. Er konnte ausgezeichnet die Augen verdrehen, bis nur noch das Weiße zu sehen war, und spielte den Blinden bis zur Vollkommenheit.
    »Blinde genießen eine gewisse Rücksicht in den Ländern des Islams«, hatte er erklärt. »Man wird uns in Ruhe lassen.«
    Was Cathérine betraf, so hatte sie, nachdem sie die Grenze des Königreichs Granada überschritten hatte, nicht genug Augen, um alles zu sehen. Sie hatte inzwischen vergessen, wie schwierig der letzte Teil ihrer Reise gewesen war. Gauthier, Josse und sie hatten aus Toledo fliehen müssen, wo die Pest ausgebrochen war und die Juden wieder einmal die Kosten des Volkszorns zu tragen hatten. Man machte auf sie Jagd, verbrannte öffentlich ihre heiligen Bücher; man nahm ihnen ihr Hab und Gut, und wenn sich Gelegenheit zur Privatrache bot, ermordete man sie unter dem geringsten Vorwand. Die uralte westgotische Stadt, so alt, daß man Adam zu ihrem ersten König ernannte, watete in Blut, so daß Cathérine und die Ihren sich schaudernd davongemacht hatten.
    Aber sie kamen vom Regen in die Traufe. Nach nutzlosen Geplänkeln an den Grenzen Granadas zog das Heer des Konnetabels von Kastilien, Alvaro de Luna, wieder gen Valladolid, und das durchquerte Land hatte für die schlechte Laune infolge eines ruhmlosen und verlustreichen Feldzugs hart zu büßen. Auf ihrem Durchzug brandschatzten und plünderten die Soldaten Lunas wie in einem eroberten Land. Das Volk der Sierra, das so arm war, daß es mitunter von dem seltenen, den ausgedörrten Ebenen abgerungenen Gras lebte, stob beim Herannahen der Soldateska in alle Winde auseinander wie Spatzen vor dem Sperber. Die drei Franzosen hatten es ihnen nachgetan. In der Nähe von Jaén hatten einige Späher der Vorhut sie festgenommen, doch dank der Riesenkräfte Gauthiers und der Schlauheit und Geschicklichkeit Josses waren sie

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