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Cato 02 - Im Auftrag des Adlers

Titel: Cato 02 - Im Auftrag des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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Zeitverschwendung. Im Laufe der Jahre hatte Sabinus sich an diese Eigenheit seines jüngeren Bruders gewöhnt; mehr noch, ihm war klar geworden, dass Vespasian befähigter war als er. Natürlich würde Sabinus das niemals zugeben, und noch immer spielte er die Rolle des älteren, klügeren Bruders, so gut er konnte. Wer die beiden Brüder aber gut kannte, zog zwangsläufig den Vergleich zwischen der ruhigen Kompetenz und stahlharten Entschlossenheit des jüngeren Flaviers und Sabinus’ nervöser, allzu gefallsüchtigen Oberflächlichkeit.
    Vespasian lenkte sein Pferd hinter den anderen Offizieren her den Hang zum Haupttor hinauf. Er war froh, dass sein Bruder mittlerweile schwieg. Tatsächlich waren Plautius und seine Legaten zutiefst besorgt über die allzu kühne Strategie, die der aufgeregte Kaiser ihnen eröffnet hatte. Claudius hatte immer weitergeredet, immer schlimmer stotternd, während er über die Militärgeschichte und den Geniestreich der kühnen, direkten Offensive schwadronierte. Nach einer Weile hatte Vespasian nicht mehr zugehört und stattdessen über persönlichere Angelegenheiten nachgegrübelt. Und das tat er auch jetzt.
    Trotz Flavias Beteuerungen konnte er den Verdacht, dass sie mit den Liberatoren zu tun hatte, noch immer nicht abwerfen. In den letzten Monaten hatte es zu viele Zufälle und Konspirationsmöglichkeiten gegeben, als dass er einfach auf das Wort seiner Frau hin davon hätte absehen können. Bei ihrer Hochzeit hatten sie sich unter vier Augen Treue und Ehrlichkeit in allen Dingen gelobt, und so sollte ihr Wort ihm eigentlich reichen. Vertrauen war die Wurzel jeder Beziehung, und die Wurzel musste gedeihen, damit die Beziehung wachsen und reifen konnte. Doch seine Zweifel fraßen diese Wurzel an und nagten sich heimtückisch durch das Band zwischen Mann und Frau. Bald würde er sie auf das dem Kaiser drohende Attentat ansprechen müssen, auf das Adminius gestoßen war. So würde es zwischen ihm und Flavia wieder und wieder gehen, bis er jeden Ansatz eines Verdachts ausgetrieben und die Ungewissheit beseitigt – oder aber Beweise ihrer Schuld gefunden hatte.
    »Ich muss zu meiner Legion zurück«, erklärte Vespasian. »Pass auf dich auf.«
    »Mögen die Götter uns beschützen, Bruder.«
    »Auf die würde ich lieber nicht zählen müssen«, entgegnete Vespasian mit einem schmallippigen Lächeln. »Unser Wohlergehen liegt derzeit in den Händen von Sterblichen, Sabinus. Das Schicksal ist nur ein Zuschauer. «
    Mit einem Fersenstoß trieb er sein Pferd zum Trab an, vorbei an den mit eingezogenen Köpfen auf Camulodunum zuplatschenden Soldaten. Irgendwo da vorn erwartete Caratacus sie mit einer frischen Armee, die er in den Claudius zu verdankenden anderthalb Monaten Gnadenfrist zusammengezogen hatte. Diesmal würde der britische Kriegshäuptling sich unmittelbar vor seiner Hauptstadt zum Kampf stellen, und beide Armeen würden zur bittersten und schrecklichsten Schlacht des ganzen Feldzugs zusammenstoßen.

46

    Das Unwetter tobte den ganzen Tag. Die Wege und Pfade, über die die Armee vorrückte, verwandelten sich rasch in einen schmierigen, sumpfigen Morast, der sich an den Militärsandalen der Legionäre festsaugte, während sie sich mit ihrem mörderisch schweren Marschgepäck voranquälten. Weiter hinten blieb der Tross ziemlich bald stecken und wurde unter der Bewachung einer Kohorte der Auxiliartruppen zurückgelassen. Bis zum Abend hatte die Armee erst zehn Meilen zurückgelegt, und als die erschöpfte Nachhut die Zeltreihen erreichte, waren die bereits Eingetroffenen noch mit dem Ausheben der Verteidigungswälle beschäftigt.
    Kurz vor Sonnenuntergang ließ der Sturm nach, und durch einen Spalt in der Wolkendecke beleuchtete ein Schaft orangefarbenen Lichts die durchnässte Armee, schimmerte auf den nassen Panzern und Waffen und glitzerte im aufgewühlten Schlamm der Pfützen. Die schwüle Gewitteratmosphäre war gewichen, und die Luft erfrischend kühl. Die Legionäre bauten rasch ihre Zelte auf und zogen die nassen Kleider aus. Die nassen Umhänge und Tuniken wurden über die Firststangen der Mannschaftszelte gehängt, und die Männer bereiteten ihr Abendessen vor, unter viel Genörgel über fehlendes trockenes Brennholz. Die Soldaten nahmen ihre Ration Zwieback und getrocknete Rindfleischstreifen aus dem Gepäck und nagten fluchend an den sehnigen Fasern herum, die sie wieder und wieder kauen mussten, bevor sie sich schlucken ließen.
    Mit einem letzten schimmernden

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