Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
Stadt aufgewachsen, hatte Cato genug Vernunft gehabt, vor seinem Aufbruch Pyrax um Rat zu bitten, einen Veteranen, der sich mit der Jagd und im Wald bestens auskannte. Die Gegend war von Feinden gesäubert und rundum von den Marschlagern der Armee Plautius’ umstellt, sodass der junge Optio keinen Grund sah, warum er sich nicht einmal an der Jagd versuchen sollte. Mit etwas Glück würden die Männer der Sechsten Zenturie heute Abend etwas anderes als gepökeltes Schwein zu essen bekommen und mit einer guten Mahlzeit im Bauch in die Schlacht ziehen.
Als die Sechste Zenturie die Nachricht von ihrem bevorstehenden Einsatz erhalten hatte, hatte Macro sein Pech verflucht. Ein gefährliches Flankierungsmanöver war das Letzte, was er bei einer so reduzierten Mannzahl gebrauchen konnte. Wieder zurück im Zelt, hatten er und Cato sich auf den Angriff am nächsten Morgen vorbereitet.
»Notiere folgendes«, wies Macro seinen Optio an. »Jeder Mann soll alle nicht lebensnotwendigen Ausrüstungsgegenstände hier zurücklassen. Falls wir schwimmen müssen, wollen wir nicht mehr mitschleppen als nötig. Und wir brauchen ein Seil. Besorge dreihundert Fuß leichtes Seil aus dem Materiallager. Das sollte über den Fluss reichen, falls wir eine Furt finden.«
Cato blickte von seiner Wachstafel auf. »Was aber, wenn wir keine Furt finden? Was macht der Legat dann?«
»Jetzt kommt das Allerbeste«, grummelte Macro. »Falls wir bis Mittag keine Furt finden, haben wir Befehl, zur anderen Seite zu schwimmen. Dazu müssen wir uns bis auf die Tunika ausziehen und die Ausrüstung auf aufgeblasenen Harnblasen hinüberflößen. Notiere bitte, dass wir eine Blase pro Mann bestellen.«
Als Cato nicht antwortete, hielt er inne. »Tut mir Leid, Junge. Deine Abneigung gegen Wasser hatte ich ganz vergessen. Falls wir rüberschwimmen müssen, bleib bei mir, dann sorge ich dafür, dass du sicher hinüberkommst.«
»Vielen Dank, Herr.«
»Sieh aber zu, dass du bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit verdammt noch mal Schwimmunterricht kriegst.«
Cato nickte, den Kopf beschämt gesenkt.
»Wo waren wir also?«
»Blasen, Herr.«
»Ah, ja. Wollen wir hoffen, dass wir die nicht brauchen. Falls wir keine Furt finden, bin ich überhaupt nicht scharf darauf, beim Angriff nichts als eine Wolltunika zwischen den Briten und meinen edlen Teilen zu haben.«
Cato hatte ihm aus tiefstem Herzen zugestimmt.
Die Sonne stand jetzt tief im Westen, und Cato schaute wieder zum Fluss hinüber, der breiter wirkte denn je. Beim Gedanken, da wirklich hinüberschwimmen zu müssen, überlief ihn ein Schauder; angesichts seiner Technik konnte man kaum von Schwimmen reden.
Fast horizontal schien die Sonne durch die Bäume und warf ein Schattengewirr mit orangefarben angehauchten Rändern über die Lichtung. Eine plötzliche Bewegung fing Catos Blick ein. Er blieb ganz still stehen und folgte ihr mit einer leichten Drehung des Kopfs. Aus einem Brennesselflecken nur zwanzig Fuß entfernt war ein Hase auf den Pfad gehoppelt. Er machte Männchen und witterte vorsichtig in die Luft. Körper und Kopf wurden vom Licht der fernen Sonne umspielt und machten den Hasen zu einem verlockenden Ziel, sodass Cato langsam den Jagdbogen hob. Ein einziger Hase würde den Männern der Sechsten Zenturie nicht reichen, aber das wäre immerhin schon ein Anfang, bis etwas Größeres über den Wildwechsel kam.
Cato hielt den Bogen ganz ruhig und wollte gerade die Sehne losschnellen lassen, als ihm auffiel, dass noch etwas sich auf der Lichtung bewegte. Der Hase machte kehrt und huschte in den dichten Bewuchs zurück.
Aus den Schatten trat langsam ein Reh hervor und bewegte sich auf die Einmündung des Pfades auf der anderen Seite der Lichtung zu. Eine weit größere Beute und selbst auf zwanzig Schritt Entfernung leicht zu treffen, und so änderte Cato ohne Zögern sein Ziel, wobei er eine Abwärtsbewegung des Pfeils und die Tendenz, den Schuss nach rechts oben zu verziehen, mit einrechnete. Die Sehne summte, das Reh erstarrte, und ein dunkler Strich schnellte durch die Luft und landete mit einem lauten Schlag im Hals des Tieres.
Das Reh krachte zu Boden, warf den langen Hals herum und befleckte mit seinem Blut das Unterholz. Cato legte eilig einen weiteren Pfeil auf und rannte über die Lichtung. Angesichts der Gefahr und durch den tief in seinem Nacken versenkten Widerhaken angespornt, kämpfte das Reh sich auf die Beine und sprang über den Pfad auf den Fluss zu. Ohne auf das
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