Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
er sein Schwert mit einem älteren Krieger kreuzte, auf dessen muskulösem Körper der Schweiß glänzte. Ein schwerer Goldreif lag um den Hals des Briten, ganz ähnlich dem Torques des gefallenen Togodumnus, den Macro jetzt trug. Als der Brite das Schmuckstück gewahrte, schimmerte in seinen Zügen das Wiedererkennen auf, und von Rachsucht getrieben holte er mit erneuter Wildheit gegen Macro aus. Doch letztlich war dieser Zorn sein Tod. Der Römer bewahrte den kühleren Kopf, ließ zu, dass der Brite sich an seinem Schild austobte und erledigte die Sache dann mit einem schnellen Hieb. Ein Legionär, einer der Rekruten vom vergangenen Herbst, kniete sich hin und legte Hand an den Halsreif des Briten.
»Nimm das, und du bist tot«, warnte ihn Macro. »Du weißt, was auf Plünderei steht.«
Der Legionär nickte eilig, stürzte sich auf die dahinschwindende Schar von Briten und wurde unmittelbar darauf von der mächtigen Spitze eines Speers durchbohrt.
Macro fluchte. Dann drängte er erneut vor, jetzt wieder Seite an Seite mit Cato, der mit grimmig gefletschten Zähnen tödliche Hiebe austeilte. Als die untergehende Sonne den Himmel rot und gelblich überzog, blies eine römische Trompete das Signal zum Ablassen vom Feind, und um die überlebenden Briten öffnete sich ein kleiner Raum. Cato war der Letzte, der zurücktrat; sein Zenturio musste ihn packen, zurückzerren und durchschütteln, um ihn wieder zur Vernunft zu bringen.
In der Abenddämmerung starrte ein kleiner Kreis von nicht mehr als fünfzig Briten den Legionären schweigend entgegen. Aus zahlreichen Wunden blutend und vor Anstrengung keuchend, stützten die blutverschmierten Krieger sich auf ihre Waffen und erwarteten ihr Ende. Aus den Reihen der Legionäre rief eine Stimme sie in einer keltischen Sprache an. Die Aufforderung, sich zu ergeben, so vermutete Macro. Der Ruf wurde wiederholt, doch diesmal machten die eingeschlossenen Briten ihren Gefühlen mit Geschrei und herausfordernden Gesten Luft. Macro schüttelte den Kopf, plötzlich des Tötens müde. Was wollten diese Männer durch ihren Tod denn noch beweisen? Wer würde je von ihrem letzten Gefecht erfahren? Im Krieg wurde die Geschichte nun einmal von den Siegern geschrieben. So viel hatte er aus den Geschichtsbüchern gelernt, aus denen Cato ihm das Lesen beigebracht hatte. Diese tapferen Männer verurteilten sich selbst zu einem sinnlosen Tod.
Allmählich ließen die herausfordernden Worte und Gesten nach, und die Briten sahen ihren Feinden mit fatalistischer Ruhe entgegen. Es folgte ein Moment der Stille, und dann, ohne dass ein Kommando nötig gewesen wäre, sprangen die Legionäre vor und löschten den Gegner aus.
Im Schein von Fackeln machten die Römer eine Bestandsaufnahme ihres Sieges. An den Toren wurden Wachen aufgestellt, um einem Gegenangriff vorzubeugen, und dann begann man, die im britischen Lager verstreuten Leichen nach römischen Verwundeten abzusuchen. Im Fackelschein spürten Suchtrupps von Legionären ihre verwundeten Kameraden auf und trugen sie zur improvisierten Ambulanz, die man eilig am Flussufer errichtet hatte. Die verwundeten Briten erhielten mit Speer oder Schwert den Gnadenstoß und wurden zur späteren Bestattung in Haufen aufgeschichtet.
Macro schickte ein Kommando los, das etwas Essbares für die Sechste Zenturie auftreiben sollte, und entließ Cato. Der Optio hatte nur einen einzigen Gedanken: Er musste den Schmerz seiner Verbrennungen unbedingt lindern, auf welche Weise auch immer. Den Zenturio auf dem Erdwall zurücklassend, kletterte er über die Trümmer der Palisade und kraxelte die äußere Seite des Walls hinunter. Er überquerte den Graben und trat ans Flussufer, das von den flackernden Fackeln und Kohlebecken der Ambulanz unheimlich erleuchtet wurde. Das ganze Ufer entlang lagen Reihen von Verwundeten, Sterbenden und Toten, und Cato musste sich durch sie hindurchschlängeln, um zum Fluss zu kommen. Am Wasser angelangt, legte er den Schild nieder und löste vorsichtig die Riemen von Helm, Kettenpanzer und Waffengürtel. Er spürte, wie ein Gefühl der Leichtigkeit in seinen erschöpften Körper einströmte, als er behutsam seine Ausrüstung ablegte und seine Verletzungen betastete. Ein paar Schnittwunden hatte er, die schon verschorft waren, und die Brandwunden bildeten inzwischen die ersten Blasen; da war schon die leiseste Berührung eine schreckliche Qual. Nackt und mehr vor Müdigkeit als von der Abendkühle zitternd, watete Cato in die sanfte
Weitere Kostenlose Bücher