Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
und er schaute in die schimmernde Glut. »Ich frage mich, ob wir vielleicht zu viel von uns selbst für Rom aufgegeben haben.«
»Wie meinst du das?«, fragte Macro zwischen zwei Bissen.
»Ich bin mir nicht ganz sicher. Es ist einfach nur so, dass man überall, wohin man im Imperium reist, und sogar darüber hinaus, auf Römisches stößt, auf römische Architektur, römische Soldaten und Verwaltungsbeamte, römische Theaterstücke in neuen römischen Theatern, römische Geschichten und Lyrik in den Bibliotheken, römische Kleidung auf der Straße und römische Wörter im Mund von Menschen, die Rom niemals sehen werden.«
»Ja und?« Macro zuckte mit den Schultern. »Gibt es denn etwas Besseres als Rom?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Nisus ehrlich. »Nicht besser, aber eben anders. Und am Ende sind es die Unterschiede, die zählen.«
»Es sind die Unterschiede, die zum Krieg führen«, meinte Cato.
»In der Regel nicht. Viel öfter sind es die Ähnlichkeiten zwischen unseren Herrschern. Sie wollen alle dasselbe: politische Heimvorteile, persönlichen Aufstieg – kurz, Macht, Wohlstand und einen Platz in der Geschichte. So ist es immer, ob man nun von Julius Cäsar spricht, von Hannibal, Alexander, Xerxes oder sonst jemandem. Solche Männer sind es, die den Krieg machen, nicht wir anderen. Wir haben zu viel damit zu tun, uns um die nächste Ernte zu sorgen, um die Wasserversorgung unserer Städte, um die Treue unserer Frauen, und uns mit der Frage abzuquälen, ob unsere Kinder es bis ins Erwachsenenalter schaffen. Das sind die Sorgen der kleinen Leute im Imperium. Der Krieg dient unseren Zwecken nicht. Wir werden hineingezwungen.«
»Blödsinn!«, spie Macro hervor. »Der Krieg dient meinen Zwecken. Ich bin freiwillig in die Armee gegangen, dazu hat mich keiner gezwungen. Wäre die Armee nicht, würde ich noch immer in einer erbärmlichen Bruchbude hocken und meinem Vater beim Fischen helfen, damit wir nicht verhungern. Ein paar gute Feldzüge noch, und ich habe so viel gespart, dass ich mich stilvoll zurückziehen kann. Dasselbe gilt für Cato.« Er starrte Nisus einen Moment lang wütend an; dann wandte er sich, mit seiner Rede zufrieden, wieder seinem Backfisch zu.
Cato nickte kurz und verlegen und versuchte, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. »Aber gewiss sind die römischen Kriege durch ihre Folgen gerechtfertigt. Überleg doch nur, wie Gallien sich durch seine Eingliederung ins Imperium verändert hat. Wo es vorher nur lose Verbündete oder miteinander im Krieg liegende Stämme gab, herrscht jetzt Ordnung. Das muss doch ebenso sehr im Interesse der Gallier liegen wie in unserem. Es ist Roms Bestimmung, die Grenzen der Zivilisation auszudehnen. «
Nisus schüttelte traurig den Kopf. »So wollen es die meisten Römer wahrscheinlich gerne sehen. Aber möglicherweise glauben andere Nationen ja unverschämterweise, sie seien schon zivilisiert gewesen, wenn auch nach einem anderen Begriff von Zivilisation.«
»Nisus, alter Junge.« Macro sprach mit seiner welterfahrenen Stimme. »Zu meiner Zeit habe ich so einiges von den anderen so genannten Zivilisationen gesehen, und glaub mir, die können uns nichts beibringen. Die machen uns in nichts besser. Rom übertrifft alle, von der Wurzel bis zum Wipfel, und je schneller die anderen das merken, so wie du, desto besser.«
Nisus fuhr hoch, und in seinen geweiteten Augen spiegelte sich einen Moment lang die Glut, bevor er die Lider niederschlug. »Zenturio, ich bin der römischen Armee beigetreten, um die mit dem Bürgerrecht verbundenen Vorteile zu bekommen. Es waren pragmatische Gründe, keine idealistischen. Ich teile dein Gefühl über die Bestimmung eures Imperiums nicht. Irgendwann wird es vergehen, wie alle Imperien vergangen sind, und dann bleiben nur noch verfallene Statuen, halb im Wüstensand begraben, die bei Vorbeireisenden nichts weiter als Neugierde wecken.«
»Rom soll untergehen?«, spottete Macro. »Das muss wohl ein Scherz sein. Rom ist in jeder Hinsicht großartiger als alles. Rom ist … also, sag’s du ihm, Cato. Du kennst dich mit Worten besser aus als ich.«
Cato starrte den Zenturio wütend an, verärgert über die unglückliche Lage, in die er da gestoßen wurde. Auch wenn er Macros Glauben an Rom weitgehend teilte, war ihm doch bewusst, wie viel das römische Reich älteren Kulturen zu verdanken hatte, und er wünschte keineswegs, seinen karthagischen Freund zu beleidigen.
»Ich denke, du möchtest sagen, Herr, dass
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