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Cato 02 - Im Auftrag des Adlers

Titel: Cato 02 - Im Auftrag des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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setzte.
    »Nun, mein karthagischer Freund, du blickst aber wirklich düster drein!« Vitellius lachte leise. »Was ist denn los?«
    Nisus schob seine dunklen Gedanken beiseite und zwang sich zu einem Lächeln. »Nichts, Herr.«
    »Nun komm schon, ich lese im Körper eines anderen wie in einem Buch. Was ist denn?«
    »Ich muss einfach nur etwas allein sein.«
    »Verstehe«, erwiderte Vitellius und stand auf. »Dann entschuldige mich bitte. Ich dachte, wir könnten uns unterhalten, aber ich sehe, dass du nicht …«
    Nisus schüttelte den Kopf. »Du brauchst nicht zu gehen. Ich hatte einfach nur nachgedacht, das ist alles.«
    »Worüber denn?« Vitellius ließ sich wieder auf seinen Platz gleiten. »Was auch immer es war, es scheint dich aufgebracht zu haben.«
    »Ja.« Mehr sagte Nisus nicht, und dann starrte er einfach wieder auf den Strom hinaus, sodass der Tribun nur schweigend neben ihm sitzen konnte.
    Vitellius war gerissen genug, um zu wissen, dass die Männer, die er manipulieren wollte, ihm zunächst einmal vertrauen mussten. Und mehr noch, er musste sich in einem Maße rücksichtsvoll und einfühlsam zeigen, das mehr an Mitgefühl als an Kameradschaft denken ließ. So wartete er geduldig ab, bis Nisus etwas sagte. Eine Zeit lang starrte der Wundarzt weiter schweigend in den Fluss. Dann veränderte er seine Haltung und drehte dem Tribun den Kopf zu, wobei er aber die Verzweiflung nicht ganz aus seinem Gesicht verbannen konnte.
    »Es ist sonderbar, aber gleichgültig, wie viele Jahre ich Rom schon diene, fühle ich mich immer noch als ein Außenseiter, und genau das lässt man mich auch spüren. Ich verarzte die Wunden der Männer, spreche ihre Sprache mit ihnen und teile auf den langen Feldzügen ihre Leiden. Und doch, sobald ich meine Abstammung oder meine Herkunft erwähne, ist es, als hätte ich einen schlechten Geruch an mir. Ich kann sehen, wie sie beinahe körperlich zurückzucken. So, wie manche von ihnen reagieren, könnte man meinen, ich sei Hannibal persönlich. Sobald ich Karthago erwähne, ist es, als hätte sich in den letzten dreihundert Jahren nicht das Geringste verändert. Aber was habe ich getan, dass sie so reagieren?«
    »Nichts«, antwortete Vitellius sanft. »Überhaupt nichts. So werden wir Römer eben erzogen. Hannibal, dieser Name ist in die Geschichten des einfachen Volkes eingegangen. Und jetzt verbindet man alles Karthagische mit dem schrecklichen Monstrum, das einmal um ein Haar Rom ausgelöscht hätte.«
    »Wird es denn immer so bleiben?« Die schmerzliche Bitterkeit in Nisus’ Stimme war unüberhörbar. »Solltet ihr davon nicht irgendwann einmal loskommen?«
    »Doch, natürlich. Aber solange sich aus diesen Ängsten noch irgendein politischer Vorteil herausquetschen lässt, wird das nicht geschehen. Die Leute brauchen jemanden, den sie hassen können, den sie misstrauisch beäugen und dem sie die Schuld an den Ungerechtigkeiten in ihrem Leben geben können. Und da kommst nun du ins Spiel. Oder ihr. Damit meine ich alle Nicht-Römer, die ihr dicht an dicht mit den Bürgern lebt. Nimm zum Beispiel Rom. Zuerst wurde es von den Etruskern bedroht, dann von den Kelten und schließlich von den Karthagern. Alles vollkommen reale Bedrohungen für uns, und deshalb hielten wir zusammen. Doch nachdem wir einmal die mächtigste Nation geworden waren und es keine Feinde mehr gab, die Rom zum Zittern bringen konnten, fanden wir es dennoch recht nützlich, weiterhin jemanden zum Fürchten und Hassen zu haben. Römer sein heißt, dass man sich für besser als alle hält. Besser zu sein hat aber nur dann Bedeutung, wenn es einen Geringeren gibt, mit dem man sich vergleichen und an dem man sich messen kann.«
    »Und ihr Römer haltet euch wohl wirklich für die überlegenste Rasse der Welt, nehme ich an.«
    »Die meisten Bürger schon, und in ihren Augen bestätigt jeder Sieg über einen Feind und jedes Stück Land, das zum Imperium hinzukommt, die Wahrhaftigkeit dieser Annahme. Das hält den Pöbel in Rom bei Laune und gibt all den Leuten, die sich erbärmlichst durchs Leben schlagen, etwas, worauf sie stolz sein können.«
    »Und du, Tribun?« Nisus richtete die dunklen Augen auf sein Gegenüber. »Was glaubst nun du?«
    »Ich?« Vitellius blickte auf die dunklen Silhouetten seines Schuhwerks hinunter. »Ich glaube, dass die Römer weder besser noch schlechter sind als andere Völker. Allerdings sind sich einige unserer Führer in ihrem ausgesprochenen Zynismus bewusst, dass sich aus einem

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