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Cato 02 - Im Auftrag des Adlers

Titel: Cato 02 - Im Auftrag des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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solchen Gleichheitsgedanken kein politisches Kapital schlagen lässt. Sie haben gemerkt, dass sie das unzufriedene Volk nur von seinen realen Lebensbedingungen ablenken müssen, und schon beruhigt es sich und bereitet den Herrschenden wenig Probleme. Unter anderem deshalb hat Rom ja auch so viele öffentliche Feiertage und Veranstaltungen. Brot, Spiele und Vorurteile: Das sind die drei Standbeine Roms.«
    Nisus betrachtete ihn einen Moment lang schweigend. »Du hast mir immer noch nicht gesagt, woran du selbst nun glaubst, Tribun.«
    »Nein?« Vitellius zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, weil man dieser Tage mit seinen Überzeugungen äußerst vorsichtig sein sollte.« Er griff an seine Hüfte, nahm einen kleinen Weinschlauch vom Gürtel, zog den Stöpsel und presste sich einen Strahl in den Mund. »Ah! Das ist wirklich ein guter Tropfen! Möchtest du einen Schluck?«
    »Danke.« Nisus griff nach dem Wein, legte den Kopf zurück und trank. Er schluckte und nickte dann anerkennend. »Was für ein Tröpfchen ist das?«
    »Ein Familienwein. Aus einem Weinberg in Kampanien, der meinem Vater gehört. Den trinke ich schon seit meiner Kindheit. Ist nicht schlecht.«
    »Nicht schlecht? Köstlich!«
    »Vielleicht. Jedenfalls hilft er, wie ich finde, in ausreichender Menge genossen, die kleinen Probleme des Lebens aufzuklären. Er ist stark, und so kann eine kleine Menge schon einiges bewirken. Mehr?«
    »Ja, Herr.«
    Sie tranken abwechselnd, und schon bald tat der warme Wein seine Wirkung, und Nisus geriet in eine zufriedenere und empfänglichere Stimmung. Der Wein schien seine Wirkung auch auf den Tribun nicht zu verfehlen. Er zog ein Bein an sich und umfing es mit den Händen.
    »Wir leben in einer sonderbaren Zeit, Nisus«, brachte Vitellius mit schwerer Stimme sorgfältig artikulierend hervor. »Wir müssen aufpassen, was wir sagen und wem wir es sagen. Du hast mich gefragt, was ich glaube.«
    »Ja.«
    »Kann ich dir denn vertrauen?« Vitellius drehte sich um und lächelte ihn an. »Kann ich es mir leisten, dir zu vertrauen, mein karthagischer Freund? Kann ich wirklich davon ausgehen, dass du der bist, der du zu sein behauptest, und nicht irgendein raffinierter Spitzel des Kaisers?«
    Nisus war angesichts dieser Anschuldigung so verletzt, wie Vitellius es sich erhofft hatte.
    »Herr, wir kennen uns noch nicht lange«, der Wein ließ ihn über seine Worte stolpern, »aber ich bin mir sicher, dass wir einander vertrauen können. Ich zumindest vertraue dir.«
    Vitellius lächelte versonnen und schlug dem Karthager auf die Schulter.
    »Und ich vertraue dir. Ja, wirklich. Und ich sage dir, was ich glaube.« Er hielt inne und schaute sich vorsichtig um. Abgesehen vom rastlos schuftenden Bautrupp bewegte sich nur eine Hand voll Männer zwischen den Zeltreihen. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass keiner sie hören würde, beugte Vitellius sich dichter zu Nisus hinüber.
    »Also, meine Meinung ist folgende. Die Geschicke Roms, ursprünglich gerecht, wurden von den Cäsaren und ihren Mitbetrügern pervertiert. Die einzige Sorge der Kaiser war immer, den Pöbel bei Laune zu halten. Alles andere spielt keine Rolle. Beseitigt man Claudius, muss der Pöbel ein kleines bisschen bescheidener werden. Und das bedeutet, dass die Bürde für den Rest des Imperiums leichter wird. Dann können wir vielleicht auf ein Imperium hinarbeiten, das auf der Partnerschaft zwischen zivilisierten Nationen gründet und nicht auf Angst und Unterdrückung. Wer weiß, in einem solchen Imperium könnte vielleicht sogar Karthago wieder die ihm eigentlich zustehende Stellung einnehmen …«
    Vitellius sah die Wirkung seiner Worte auf Nisus. Dessen Gesicht hing nun mit einem Ausdruck idealistischen Eifers an ihm. Vitellius musste sich ein Lächeln verkneifen. Es amüsierte ihn ungeheuerlich, dass der Idealismus anderer sich so leicht entflammen ließ. Wenn man ihnen nur ein Sortiment ausreichend attraktiver Ideale lieferte, auf das sie sich etwas einbilden konnten, waren sie um der guten Sache willen bereit, so ziemlich alles zu geben. Suche einen Mann, der bedeutend sein und von anderen bewundert werden will, und schon hast du einen Fanatiker gefunden. Solche Männer waren in Vitellius Augen Narren. Schlimmer noch als Narren. Sie waren gefährlich für andere Menschen, und sie waren vor allen Dingen auch sich selbst gefährlich. Ideale waren irregeleitete Fantastereien. Vitellius meinte, die römische Welt so zu sehen, wie sie wirklich war – nichts

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