Cato 04 - Die Brüder des Adlers
spürte Abscheu, Verzweiflung und das Bedürfnis, irgendetwas zu unternehmen, doch die Lage war einfach nicht zu ändern. Er war ein hilfloser Zuschauer vor einem grauenvollen Spektakel.
»Wir könnten wirklich einen Ausfall wagen«, schlug er schließlich vor.
»Nein, das lasse ich nicht zu. Außerdem würden sie die Gefangenen sofort niedermetzeln, sobald wir das Tor öffnen. Ich will nichts mehr davon hören, Cato. Hast du verstanden? «
Cato nickte und Macro klopfte ihm auf die Schulter und wandte sich wieder dem Feind zu. Um Cato abzulenken, zeigte er auf die Krieger, die die verbliebenen Gefangenen bewachten.
»Ist dir aufgefallen, dass er nur Atrebates bei sich hat?«
Cato blickte sich um. »Ja … ein raffinierter Trick.«
»Raffiniert?«
»Uns keinen von den Durotriges sehen zu lassen, während er uns zur Kapitulation auffordert. Damit will er die Sache vermutlich wie eine stammesinterne Streitigkeit aussehen lassen, die sich mühelos schlichten lässt.«
»Ob unsere Leute darauf hereinfallen?«
»Der eine oder andere wird sich vielleicht davon beeinflussen lassen«, erwiderte Cato. Beim Anblick des nächsten Gefangenen, der zwischen den verkrümmt daliegenden bisherigen Opfern hindurch nach vorn geführt wurde, riss er plötzlich bestürzt die Augen auf. »O nein …«
»Was?«, fragte Macro, der angestrengt die Augen zusammenkniff. »Wer ist das?«
»Figulus.«
»Figulus? Verdammt …«
Während Tincommius Figulus’ Wächter herbeiwinkte, drehte Cato sich zur Umfriedung hin um und rief auf Keltisch: »Es ist Figulus! Sie haben Figulus!«
Die Wölfe, die ihren römischen Ausbilder bewundern und schätzen gelernt hatten, stöhnten entsetzt auf. Cato winkte die Krieger heran: »Sie bringen ihn um. Schaut doch! Schaut!«
»Was, zum Teufel, tust du?«, fragte Macro.
Cato warf ihm ein kurzes Lächeln zu. »Es wird Zeit, Tincommius mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.«
»Was?«
»Schau einfach zu.«
Als die Wölfe auf dem Wehrgang standen, brüllten sie ihren Protest in die Straße hinunter und flehten ihre ehemaligen Kameraden an, Figulus zu verschonen. Der Optio war auf die Knie gefallen, und der Mann mit der Keule stand neben ihm und sah verwirrt vom Gefangenen zu Tincommius, von dort zu den anderen Kriegern, die die römischen Gefangenen bewachten, dann zur Palisade hinauf und wieder zurück zum Gefangenen. Tincommius schrie ihn wütend an und deutete mit ausgestrecktem Finger auf den knienden Römer.
Figulus blickte sich verwirrt um. Jetzt trat einer der Krieger vor und sprach mit dem atrebatischen Prinzen, der ihm einen Befehl ins Gesicht schleuderte. Der Mann warf Figulus einen Blick zu und schüttelte den Kopf.
»Das sieht viel versprechend aus!«, meinte Macro lächelnd.
Cato spürte, wie jemand am Ärmel seiner Tunika zupfte, drehte sich um und sah in das aufgeregte Gesicht des Wundarztes.
»Herr! Es geht um den König!«, schrie der Arzt so laut, dass er das Geschrei übertönte. »Er ist wieder bei Bewusstsein. «
»Seit wann?«
»Gerade eben.«
»Wie geht es ihm?«
»Er ist schwach, aber bei klarem Verstand. Cadminius hat ihm unsere Lage geschildert. Er möchte dich sehen. Euch beide.«
Macro schüttelte den Kopf. »Sag ihm, dass wir gerade ein wenig beschäftigt sind.«
»Nein!«, unterbrach Cato ihn erregt. »Ist Verica transportfähig? «
»Ich denke schon, falls es wirklich nötig sein sollte. Es dürfte seinen Zustand kaum mehr verschlechtern.«
»Gut!« Cato schlug den Wundarzt auf die Schulter. »Dann schaff ihn hier hoch. Auf der Stelle.«
Der Arzt schüttelte den Kopf: »Das erscheint mir nun doch ein wenig zu viel.«
»Gut, dann helfe ich dir.« Cato zog sein Schwert und setzte es dem Arzt an die Kehle. »Ich befehle dir, ihn auf der Stelle herzuschaffen. Reicht das?«
»Ähm. Jawohl, Herr.«
»Dann beeil dich.«
Macro brach hinter dem davonstürzenden Wundarzt in Gelächter aus. »Das war ein ganzer Zenturio. Du machst dich gut, Cato.«
Cato blickte wieder auf die Straße hinunter. Tincommius war von seinen Leuten umringt und redete wütend und heftig gestikulierend auf sie ein. Doch sie ließen sich nicht umstimmen und beharrten nicht weniger nachdrücklich auf ihrem Widerspruch. Figulus kniete daneben, beobachtete die Konfrontation schweigend und wagte nicht, sich zu bewegen. Hinter ihm stand der Mann mit der Keule und wartete auf eine Entscheidung.
»Mit etwas Glück«, bemerkte Macro, »fallen sie jetzt gleich übereinander her.«
»Wohl
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